Noch überdeckt Corona alles. Die Kliniken sind der Ort, an dem die Schlacht gegen die Pandemie geschlagen wird, und in solch ernster Zeit wirkt die Frage, ob Bremens öffentliche Krankenhäuser strategisch richtig aufgestellt sind, kleinlich bis nebensächlich. Doch mittelfristig wird dieses Thema auf die politische Agenda zurückdrängen. Denn die Verluste der Gesundheit Nord sind eine erhebliche Belastung für den städtischen Haushalt, aus dem sie beglichen werden müssen.
Auch 2020 ist nichts unternommen worden, um die gefährliche wirtschaftliche Schieflage des Geno-Verbundes zu korrigieren. Im Gegenteil: Eine seit Jahren erfolglose Strategie, die auf eine Erhöhung der Behandlungszahlen setzte, wurde sogar noch forciert. Unter den Augen der Gesundheitssenatorin, die zugleich Aufsichtsratsvorsitzende der Geno ist, wurde Personal im Volumen von über 170 Vollzeitstellen aufgebaut, während die medizinischen Leistungen deutlich rückläufig waren. In jedem normalen Unternehmen hätte man auf eine solche Fehlentwicklung sehr viel schneller reagiert.
Während der Expansionskurs im klassischen stationären Angebot keinerlei Früchte trug, reagierte die Geno viel zu behäbig auf Entwicklungen im Gesundheitssektor, bei denen es tatsächlich etwas zu holen gibt. Eines der Stichwörter ist die Ambulantisierung von Leistungen. Ein anderes die Verlängerung der Wertschöpfungskette, etwa durch Angebote in der Kurzzeitpflege für Patienten, die zur Entlassung anstehen. Es gibt kommunale Klinikkonzerne, die der Geno auf diesen Feldern um Jahre voraus sind.
Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard muss diese Aufgaben entschlossen angehen. Dass sie lernfähig ist, hat die ursprünglich in der Baupolitik engagierte Linken-Politikerin bereits unter Beweis gestellt. Auch mit ihrem wohltuend unaufgeregten Corona-Krisenmanagement konnte sie Pluspunkte sammeln. Aber liefern muss sie vor allem in der Königsdisziplin, der Stabilisierung des öffentlichen Kliniksektors. Welpenschutz kann Bernhard nicht länger beanspruchen.