Der sogenannte Bremer Bamf-Skandal ist nach dem Ende des Gerichtsverfahrens noch nicht beerdigt. In der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion in der Bürgerschaft werden Konsequenzen für die Staatsanwaltschaft angekündigt. Hintergrund ist, dass die Ankläger einen Journalisten von "Zeit online" mit Informationen über die Hauptangeklagten gespickt hatten, die weder belastbar waren, noch in die Öffentlichkeit gehörten. So stellte es später das Verwaltungsgericht fest und ordnete an, dass die Äußerungen nicht wiederholt werden dürften.
Gegen die vier Staatsanwälte, die bei dem Treffen mit dem Journalisten dabei waren, ermittelt mittlerweile die Generalstaatsanwaltschaft. Der Senat stellt in seiner Antwort an die Linken fest, dass er durch die Vorgänge zwar keinen Schaden für das Ansehen des Rechtsstaats erkennen könne, "wohl aber einen Schaden für das Ansehen der Staatsanwaltschaft". Darum würden jetzt unter anderem die Richtlinien für die Pressearbeit der Behörde überarbeitet. Infrage stellt der Senat aber auch Grundsätzliches: "Neben der bereits laufenden Organisationsuntersuchung der Staatsanwaltschaft wird die Möglichkeit einer externen Geschäftsprüfung sondiert", heißt es in dem Papier, das dem WESER-KURIER vorliegt. Es soll am Dienstag in der Regierungsrunde beraten werden.
Das Gerichtsverfahren gegen die ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und einen Rechtsanwalt ist im Frühjahr gegen eine Geldauflage eingestellt worden. Die Vorwürfe des Asylbetrugs fanden gar nicht erst Eingang in die Hauptverhandlung. Übrig blieb der Verdacht, Dienstgeheimnisse verletzt und einen Vorteil angenommen zu haben. Die Ex-Bamf-Chefin muss sich nun noch behördenintern verantworten. Gegen die Regierungsdirektorin und sieben weitere Beamtinnen und Beamten wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. "Diese Verfahren waren bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ausgesetzt und wurden jetzt wiederaufgenommen", teilt das Bamf auf Anfrage mit.
Die Senatsantwort spiegelt wider, mit welchen Aufwand in dem Fall nachgeforscht wurde. In der Ermittlungsgruppe "Antrag" seien in der Spitze 44 Personen zeitgleich eingesetzt gewesen, darunter Beamte der Bremer und niedersächsischen Polizei, des Bamf, der Bundespolizei und des Bundeskriminalamtes. Die Arbeit habe sich von Ende Mai 2018 bis Ende September 2019 hingezogen.
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen die Beschuldigten Hausdurchsuchungen erwirkt, außerdem wurde drei Monate lang die Telekommunikation der späteren Hauptangeklagten überwacht."Es hat den Anschein, die größte Ermittlungsgruppe der Bremer Nachkriegsgeschichte habe vor allem die Wirkung gehabt, dass eine leitende Beamtin an den Pranger gestellt werden sollte, die eine restriktive Asylpolitik nicht mittragen wollte", schreiben die Linken in ihrer Anfrage.
Diese Sicht teilt die Regierung nicht. "Der Senat geht davon aus, dass die Staatsanwaltschaft ihrer Pflicht, den Sachverhalt umfassend aufzuklären und sowohl belastende als auch entlastende Umstände zu ermitteln, sorgfältig nachgekommen ist", lautet eine der Antworten. Dass das Landgericht die Anklage nur zu einem sehr geringen Teil zugelassen habe, gebe keinen Anlass, der Staatsanwaltschaft fehlerhaftes Verhalten vorzuwerfen, zumal, so wörtlich, "die Gerichte vor Anklageerhebung die Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft durchaus mitgetragen haben."