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Neues Aufnahmegesetz gefordert Kritik an Kita-Platzvergabe in Bremen

Kinder, die kurz vor der Einschulung stehen oder zuletzt keinen Kita-Platz bekamen, sollen bei der Verteilung der Kita-Plätze bevorzugt werden. Das fordern Elternvertreter, CDU-Fraktion und Stadtteilpolitiker.
20.12.2019, 19:08 Uhr
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Kritik an Kita-Platzvergabe in Bremen
Von Sara Sundermann

Mehr als 1060 Kita-Plätze fehlen in der Stadt – doch nicht nur an den fehlenden Plätzen, sondern daran, wie die Platz-Vergabe in Bremen geregelt ist, gibt es nun Kritik. Zentralelternvertreter, CDU-Fraktion und Ortsamtsleiter Jörn Hermening setzen sich vor allem dafür ein, dass Kinder, die in einem Jahr keinen Kita-Platz bekommen haben, zumindest im folgenden Jahr bevorzugt bei der Platzvergabe behandelt werden. Das ist bisher laut Bremer Ortsaufnahmegesetz nicht vorgesehen. Kriterien bei der Vergabe sind bisher, dass freie Plätze vorrangig an Familien vergeben werden sollen, die in der Nähe der Kita wohnen und oder bei denen bereits ein Geschwisterkind die entsprechende Kita besucht.

„Kinder, die in einem Jahr leer ausgegangen sind, werden im darauffolgenden Jahr wieder neu in den Lostopf geworfen“, kritisiert Petra Katzorke von der Zentralelternvertretung (ZEV). Es gebe – anders als zum Beispiel bei Studienplätzen in begehrten Fächern – keine Warteliste. „Wenn ein Kind seit einem Jahr wartet, wäre es gerecht, dass es bevorzugt einen Platz bekommt, es gibt immerhin Kinder, die ganz ohne Kita-Erfahrung in die Schule kommen.“ Das Ortsaufnahmegesetz sei in die Jahre gekommen und müsse angepasst werden, fordert Katzorke.

CDU fordert Notprogramm für Fünfjährige ohne Kitaplatz

Für eine ähnliche Gesetzesänderung setzt sich auch die CDU-Fraktion mit einem Antrag in der Bürgerschaft ein. Die Christdemokraten nehmen vor allem Fünfjährige ohne Kita-Erfahrung in den Blick. Kinder, die im folgenden Jahr schulpflichtig werden, sollten rechtssicher vorrangig in Bremer Kitas aufgenommen werden, so die Forderung der CDU. Kinder, die noch nie eine Kita besucht hätten, würden „ihre Bildungskarriere unter denkbar schlechten Bedingungen starten“, heißt es in dem CDU-Antrag – es sei denn, die Eltern hätten die Ressourcen, sich selbst um die Frühförderung ihres Kindes zu kümmern. Zudem fordert die Fraktion Notprogramme für die Fünfjährigen. „Kein Kind sollte ohne jede Kindergartenerfahrung in die Schule starten müssen“, sagt Sandra Ahrens, kinderpolitische Sprecherin der CDU. Gerade um die motorischen Fähigkeiten zu trainieren – zum Beispiel einen Stift zu halten – sei Förderung in der Kita essenziell. „Wir haben viele Kinder, die zwei- oder sogar dreimal leer ausgehen“, sagt Ahrens. Sie wisse von mindestens zehn Fällen. „Zum Teil haben die kleineren Geschwister einen Platz bekommen, und das ältere Kind drückt sich die Nase platt.“ Zuletzt betonte auch Kita-Leiterin Vanessa Meier-Henrich in Bremen-Nord, dass es in Burglesum viele unversorgte Vier- und Fünfjährige gebe.

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Kritik gibt es aber nicht nur an den Verteilkriterien für die knappen Plätze, sondern auch an einer schriftlichen Abfrage der Behörde bei Eltern. Dazu muss man wissen: Die Hauptanmeldezeit für Kitas ist in Bremen im Januar – für eine Aufnahme am 1. August. Eltern, die keine Zusage für einen Platz erhalten haben, bekommen erneut Post: Die Behörde fragt im Sommer noch einmal nach, ob sie weiter eine Betreuung für ihr Kind suchen. Eltern sollen den Bedarf erneut schriftlich bestätigen. Als unversorgt gezählt wurden von der Behörde zuletzt nur die Familien, die diese zweite schriftliche Rückmeldung geben.

Dieses Zähl- und Rückmeldeverfahren wurde zuletzt mehrfach von Politikern verschiedener Bürgerschaftsfraktionen kritisiert: Das Verfahren sei kompliziert und zeige nicht das wahre Ausmaß fehlender Kita-Plätze. Auch Elternvertreterin Katzorke kritisiert: „Es müssen bei der Kita-Platz-Suche zu viele Hürden genommen werden.“

Mitarbeiter sollen direkt bei den Familien nachfragen

Hemelingens Ortsamtsleiter Jörn Hermening macht deutlich: Familien in benachteiligten Stadtteilen würden auf die schriftliche Abfrage der Behörde oft nicht antworten. „Gerade Eltern, die weniger gebildet sind, verstehen das Schreiben oft nicht und antworten nicht, obwohl sie weiter Bedarf haben“, so Hermening. Er schlägt vor, dass Mitarbeiter des Amtes für soziale Dienste direkt bei den Familien nachfragen könnten, ob ihr Kind versorgt sei: „Die Mitarbeiter dort haben zwar genug zu tun, aber sie sind ohnehin mit sehr vielen Familien bei uns im Stadtteil ständig im Kontakt.“ Hemelingen gehört zu den Stadtteilen, in denen besonders viele Plätze fehlen.

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Aus Sicht der Behörde ist die zweite schriftliche Abfrage notwendig, weil einige Eltern zwischenzeitlich zum Beispiel einen Spielkreis für ihr Kind gefunden haben oder aus anderen Gründen keinen Kita-Platz mehr benötigen, sagt Annette Kemp, Sprecherin der Bildungsbehörde. Für eine telefonische Abfrage bei allen Eltern, die zunächst keine Zusage erhielten, gebe es in der Behörde nicht genug personelle Kapazitäten.

„Natürlich hat die Bildungsbehörde dafür nicht das Personal“, sagt Sandra Ahrens. Sie schlägt vor, das Bürgertelefon – eine Art ressortübergreifendes Callcenter für alle Bremer Behörden – mit dieser Aufgabe zu betrauen. Bürgertelefon-Mitarbeiter sollten bei den Eltern nachfragen, die nicht auf das Schreiben der Behörde geantwortet hätten.

Änderungen am Ortsaufnahmegesetz sind laut Bildungsbehörde derzeit nicht geplant. „Kita-Leitungen versuchen aber, wo sie können, dafür zu sorgen, dass ein Kind nicht zweimal leer ausgeht“, so Kemp. Für eine Änderung der Verteilkriterien für Kita-Plätze sei das Bremer Parlament als Gesetzgeber zuständig, wenn dies gewollt sei.

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