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Betreuung gesucht Mehr als 1000 Kita-Plätze fehlen in Bremen

Die Zahl der Kinder ohne Betreuungsplatz steigt - der Mangel ist in benachteiligten Stadtteilen am größten. Traurige Spitzenreiter sind Vegesack, Hemelingen und Huchting.
02.12.2019, 21:48 Uhr
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Mehr als 1000 Kita-Plätze fehlen in Bremen
Von Sara Sundermann

Derzeit gibt es in Bremen für 1066 Kinder, die von ihren Eltern angemeldet wurden, nach Angaben der Bildungsbehörde keinen Betreuungsplatz. Demgegenüber stehen rund 22 200 belegte Kita-Plätze. CDU-Politikerin Sandra Ahrens hatte sich nach der Zahl fehlender Plätze erkundigt.

Somit ist die Zahl der unversorgten Kinder gestiegen: Im Sommer fehlten der Behörde zufolge rund 900 Plätze. Viele Eltern melden ihre Kinder noch kurzfristig im laufenden Kita-Jahr nach. Der Großteil der Plätze fehlt durchweg in Stadtteilen, deren Bewohner nicht unbedingt auf Rosen gebettet sind: Spitzenreiter ist Vegesack mit 151 fehlenden Plätzen, darauf folgen Hemelingen (144 Plätze), Huchting (122 Plätze) und die Vahr (104 Plätze). Weniger als 20 Plätze fehlen dagegen zum Beispiel in Borgfeld, Horn-Lehe, Oberneuland und der Östlichen Vorstadt.

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Weiterhin ist also die Kita-Versorgung in gutbürgerlichen Stadtteilen wesentlich besser als in vielen benachteiligten Gebieten. Und das, obwohl sich nicht nur Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) den Kita-Ausbau in benachteiligten Stadtteilen seit Jahren auf die Fahnen schreibt, sondern bereits die zuvor für Kitas zuständige Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) dieses Ziel hatte.

„Wir können die fehlenden Kita-Gruppen nicht einrichten, weil uns die pädagogischen Fachkräfte fehlen“, sagt Annette Kemp, Sprecherin der Bildungsbehörde. In Hemelingen kämen zum Erziehermangel noch fehlende Räume hinzu. „Der Kita-Ausbau in Bremen in den vergangenen Jahren war enorm, mit dem Zuwachs an Plätzen stehen wir bundesweit mit an der Spitze, aber es reicht nicht“, stellt Kemp fest. Seit 2016 seien fast 30 neue Kitas entstanden, auch mehrere Einrichtungen in benachteiligten Stadtteilen wie Gröpelingen und der Vahr.

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„Aber wir kommen nicht hinterher, weil es so viel aufzuholen gibt, das macht uns jeden Tag Bauchschmerzen.“ In vielen benachteiligten Stadtteilen sei nicht nur die Zahl der Kinder gestiegen, sondern Eltern würden ihre Kinder auch häufiger für die Kita anmelden, so Kemp: „Die Nachfrage wächst.“ Genau dafür aber werben Bildungspolitiker seit Jahren: Möglichst viele Eltern – ob berufstätig oder nicht – sollen ihr Kind in eine Kita schicken, damit es dort früh gefördert wird, so die Empfehlung. Die Kita gilt Experten als zentraler Ort für den Spracherwerb.

„Es ist erschreckend, wie viele unversorgte Kinder es gibt“, sagt Petra Katzorke von der Zentralelternvertretung. „Wir fordern einen Masterplan für kurzfristige, mittelfristige und langfristige Strategien.“ Alle Akteure müssten sich nun an einen Tisch setzen. „Die Zahl fehlender Kita-Plätze ist ein Problem“, sagt Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt in Vegesack. „Die Bildungssenatorin muss alles daran setzen, dass diese Zahl gegen null geht.“ Vegesack sei einer der Stadtteile mit dem größten Zuzug: „Einerseits haben wir viele Baugebiete ausgewiesen, die junge Familien anlocken, weil man sich in Vegesack noch eher als in anderen Gebieten ein Eigenheim leisten kann, andererseits haben wir auch viel Zuwanderung aus dem Ausland.“

Für Empörung sorgen die fehlenden Kita-Plätze in Hemelingen: „Kinderbetreuung ist bei uns das wichtigste Thema“, sagt Ortsamtsleiter Jörn Hermening. „Kinder lernen in der Kita in drei Monaten Deutsch, aber wir haben hier Kinder, die in die Schule kommen und nie im Kindergarten waren – wir versauen denen die Zukunft.“ Er geht davon aus, dass in Hemelingen sogar noch deutlich mehr Plätze fehlen: nicht 144, sondern rund 200. Die Behörde zähle nur die Kinder, deren Eltern auf ein Schreiben der Behörde hin noch einmal zurückmelden, dass sie weiter einen Platz brauchen. „Das Schreiben verstehen aber nicht alle Eltern, viele, die einen Platz brauchen, melden sich nicht zurück.“

Zudem würden die Kinder, die auf den Wartelisten der einzelnen Kitas stehen, nicht mitgezählt. „Es gibt in Bremen noch weitaus mehr unversorgte Kinder als die 1066“, sagt auch die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sandra Ahrens. „Die Plätze fehlen in Quartieren mit besonderen Herausforderungen, diese Kinder werden schon abgehängt, bevor sie überhaupt in die Schule kommen.“ Das Problem, das Bremen jetzt habe, sei bereits 2014 prognostiziert worden: „Bremen hat es mit Ansage verschnarcht und die Stadtteile mit geringer Wahlbeteiligung im Stich gelassen.“

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Unklar ist derzeit noch, wie viele neue Kita-Plätze bis zum Sommer hinzukommen könnten: Die Bildungsbehörde hofft, bis dahin 500 bis 600 Plätze in Bremen zu schaffen, macht aber keine Zusage. Auch in Niedersachsen gibt es nicht genug Plätze. Der Niedersächsische Städtetag hat zuletzt ermittelt, dass in den kommenden drei Jahren mindestens 9000 Kindergartenplätze fehlen werden.

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