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Liebeserklärung an Bauhauslampe Ausstellung "Leuchte!" in der Weserburg

Die Tischlampe W 24 hat einen kreisrunden Fuß aus Glas oder Metall. Darauf sitzt ein zylindrisches Rohr wiederum aus poliertem Metall oder Glas. In der Weserburg widmen sich nun 25 Künstler der Bauhauslampe.
10.03.2016, 00:00 Uhr
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Von Peter Groth

Die Tischlampe W 24 hat einen kreisrunden Fuß aus Glas oder Metall. Darauf sitzt ein zylindrisches Rohr wiederum aus poliertem Metall oder Glas. In der Weserburg widmen sich nun 25 Künstler der Bauhauslampe.

Darüber hält ein Metallring eine runde weiße Opalglas-Kuppel, aus der eine Glühbirne warmes Licht verbreitet. Das ist die Bauhaus-Leuchte, die zum Leitgegenstand des Designs im 20. Jahrhundert geworden ist. Diesem Klassiker von Wilhelm Wagenfeld und Karl J. Jucker widmet die Weserburg keine Design-, sondern eine Kunstausstellung. 25 Künstler haben sich mit dieser Design-Ikone auseinandergesetzt, die Leuchte überarbeitet, ergänzt, verfremdet oder neu interpretiert. Da geht manchem Besucher der von Ingo Clauß kuratierten Ausstellung „Leuchte!“ bestimmt ein Licht auf.

Publikumsliebling seit 1980

Einem in den Proportionen und der Funktion geradezu idealtypisch gestalteten Gebrauchsgegenstand, 1923/24 auf Anregung von László Moholy-Nagy von seinem Schüler Wilhelm Wagenfeld in der Metallwerkstatt des Bauhauses als dessen Erstling erdacht und konstruiert, kann kein Designer verbessern. Nur Künstler können das wechselvolle Verhältnis von Gestaltung und Kunst, von Funktionalität und Ästhetik neu beleuchten. Dachte sich jedenfalls der Bremer Unternehmer und Kunstsammler Walter Schnepel, dessen Firma Tecnolumen die Tischleuchte im Einvernehmen mit Wilhelm Wagenfeld ab 1980 in Serie produzierte und im Grunde einem breiten Publikum erst bekannt machte.

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Schnepel besitzt eine international anerkannte Sammlung der Fluxuskunst, die er in eine Kulturstiftung überführt hat und die inzwischen in Ungarn beheimatet ist, weil ein dauerhafter Verbleib in der von ihm als Standort favorisierten Weserburg aus schwer durchschaubaren formalen Gründen von der bremischen Kulturpolitik unmöglich gemacht wurde.

Schnepel hat diese ihm gegenüber gezeigte Ignoranz nicht davon abgehalten, die auf seine Anregung entstandenen Kunstwerke zur Bauhaus-Leuchte nun auf dem Teerhof erstmalig überhaupt auszustellen. Seit 1995 haben 25 international renommierte Künstler zumeist aus dem Umfeld der Fluxuskunst die Wagenfeld-Lampe neu beleuchtet, sie vom Sockel des Design-Klassikers heruntergeholt.

Von der Leuchte zum Kunstwerk

Zum Kunstwerk werden die Leuchten beispielsweise durch eine Bemalung – Ben Vautier verzierte die Kuppel mit Blumen und Worten, Paul Renner malte Hammer und Sichel auf das Glas, um an die vom Bauhaus proklamierte Idee einer Produktion für die Massen zu erinnern. Andere Künstler fügten der Lampe Applikationen hinzu – da reicht das Ideenspektrum vom Kranz aus BIC-Kugelschreibern (so das Werk von Aldo Mondino) über die Einbettung in einen blauen Filzhut mit Gummikugel und Anhänger (die Version von Alison Knowles) bis hin zur Abdeckung mit einem bunten Harlekin-Hut (Fritz Schweglers Idee).

Andere Künstler experimentierten mit der eigentlichen Funktion der Lampe. Susanne Windelen bedeckte das Objekt komplett mit Spachtelmasse, in der sie fluoreszierende Farbe einbrachte – die Lampe erstrahlt als grüne eigenständige Skulptur. Diese Arbeit wählte die Weserburg als Plakatmotiv der Ausstellung. Jochen Fischer verpasste dem Objekte einen nachlässig geflochtenen Weidenholzmantel, die Britin Anne Noel formte aus lauter bunten Hexagonen einen zusätzlichen Lampenschirm.

Zum Mützenständer degradiert

Einzig Christina Kubisch traute sich, die Lampe konstruktiv zu verändern – sie verlängerte den Glasträger, um unter der Kuppel eine Schwarzlicht-Birne unterbringen zu können – die idealtypischen Wagenfeldschen Proportionen sind hin. Nur als Objekte am Rande taucht die Bauhaus-Lampe in den bereits zuvor öffentlich ausgestellten Werken von Richard Hamilton und Dieter Roth auf. In Roths von 1983 bis 1997 errichtetem riesigen Objekt „Bar No 1“ mit unendlich vielen schrägen Einzelstücken steht die Lampe ganz versteckt am Rande und ist zum Mützenständer degradiert, auf Hamiltons Digitalprint „The annunciation“ verleiht die Leuchte einer telefonierenden Nackten quasi einen Heiligenschein.

Man kann die Bauhaus-Leuchte aber auch wie Rolf Julius zum Klangkörper umfunktionieren, sie auf den Kopf in ein aberwitziges Metallgerüst einpassen (Wolfgang Wagner-Kutschker) oder in wechselndes Licht mit extremer Schattenwirkung getaucht fotografieren (Lisa Simon). Selbst eine erotische Aufladung ist nicht ausgeschlossen (Daniel Spoerri). Die Einzigartigkeit des Objekts geht nie verloren, wie es Wolfgang Hainke in seiner Installation mit dem bezeichnenden Titel „Nothing compare*(s) to you“ vorführt. Walter Schnepel hat weiteren Künstlern Exemplare der Tischleuchte zur Verfügung gestellt – sie brüten noch über eine Verwandlung des so einzigartigen Gebrauchsgegenstandes in Kunst.

Weserburg, Teerhof. Die Eröffnung der Ausstellung ist am Freitagabend um 19 Uhr. Zu sehen ist die Schau dann bis einschließlich 10. Juli. Die Öffnungszeiten der Weserburg: dienstags bis sonntag, 11 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr.

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