Wie alle Künstlerinnen und Künstler, die sich mit klassischer Musik beschäftigen, treibt auch die Bremer Philharmoniker die Zurückhaltung des Publikums nach dem Einschnitt durch die Pandemie weiterhin um. Schaut man auf die Besucherzahlen, bewegen diese sich immer noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau. Nahmen in der Saison 2018/19 laut Angaben der Philharmoniker an Konzerten und Angeboten der Musikwerkstatt rund 64.500 Menschen teil, rechnet das Orchester in der zu Ende gehenden Spielzeit 22/23 mit rund 48.000 Gästen. 2572 Abonnenten waren es 2018/19, die Zahl ist aktuell auf 1569 abgerutscht.
Bleibt die Vermittlung von Klassik also weiterhin schwierig? Wolfgang Fink, Interimsintendant der Bremer Philharmoniker, hat beobachtet, dass es in "breiten Bevölkerungsschichten zwar generellen Respekt und Hochachtung vor klassischen Werken und Orchestern" gebe. Gleichzeitig herrsche aber bei vielen Menschen eine "individuelle Distanz, oftmals aus Unsicherheit und Unkenntnis heraus". Klassik werde in Deutschland nach wie vor als "elitär" empfunden. Dagegen wollen die Philharmoniker jetzt massiv anspielen.
Liebe, Träume, Leidenschaft
Die kommende Saison 2023/24, die am Donnerstag im Domizil des Orchesters im Tabakquartier vorgestellt wurde, will daher dicht dran sein am alltäglichen Erleben. Den zwölf Philharmonischen Konzerten sind Stichworte wie Liebe, Träume, Inspiration, Leidenschaft oder Mut zugeordnet, die mit jedem und jeder zu tun hätten, so Fink. Man wolle die Menschen damit überraschen, dass viele Werke der klassischen Musik Empfindungen und Erlebnisse widerspiegelten, die so ganz und gar nicht verstaubt seien.
Los geht's mit der der allmächtigen "Liebe" am 24. September: Hier wird Musik über berühmte Paare zu hören sein. Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre "Romeo und Julia" oder "Vorspiel" und "Liebestod" aus Wagners "Tristan und Isolde" erklingen, es dirigiert Marko Letonja. Der Generalmusikdirektor widmet sich zudem der "Harmonie" im 5. Philharmonischen Konzert am 17. Dezember, mit Werken von Adams, Wagner und Ravel, dem "Mut" am 25. Februar 2024 (Sibelius, Strauss, Saariaho), dem "Rausch" am 14. April 2024 (Adams, Prokofiev, Beethoven) und dem "Licht" am 16. Juni 2024. Dieses letzte Konzert der nächsten Saison ist der "Symphonie Nr. 2" (Auferstehungssymphonie) von Gustav Mahler gewidmet.
Die Gäste am Pult sind ebenfalls eingebunden in den Themenreigen. Mit dem "Traum" befasst ist Dirigent Gabriel Feltz am 9. Oktober, dann ist beispielsweise die "Symphonie Nr. 3" von Rachmaninow, aber auch Takemitsus ""How Slow the Wind" zu hören. Giuseppe Verdis "Messa da Requiem" am 20. November führt das Motto "Trost"; Hansjörg Albrecht leitet das Konzert, das unter anderen der Carl Philipp Emanuel Bach-Chor aus Hamburg mitgestaltet. Der Komponist Peter Eötvös, dessen Oper "Angels in America" in dieser Spielzeit am Theater Bremen Premiere feierte, nimmt sich gemeinsam mit dem Orchester der "Leidenschaft" an. Auf dem Programm am 11. März 2024 steht unter anderem sein "Cello Concerto Grosso".
Abgesehen von den zwölf Philharmonischen Konzerten begrüßen die Philharmoniker ihr Publikum wieder zur "5nachSechs"-Reihe mit sechs "After-Work-Konzerten in der Glocke. Im Tabakquartier finden die dem Genre-Mix verpflichteten "PhilX"-Abende statt, Kammermusik, Familienkonzerte und kleinere Festivals sind geplant. Auch die Musikwerkstatt hat hier eine neue Heimat gefunden. Das erste Konzert nach der Sommerpause wird wie immer beim Musikfest zu hören sein. Am 30. August lautet in der Glocke die Überschrift "Carmen & Maria" mit Musik rund um die beiden Frauenfiguren aus der Oper von Georges Bizet und Leonard Bernsteins Musical "West Side Story".