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Das Bremer Pop Office Wie die Bremer Musikszene besser vernetzt werden soll

Seit vergangenem Jahr hat Bremen ein Pop Office. Die Geschäftsführer Katrin Dietl und Jonni Debus erzählen, was in der Anlaufstelle für Musikschaffende schon passiert ist und welche Angebote es noch geben wird.
26.03.2023, 05:00 Uhr
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Wie die Bremer Musikszene besser vernetzt werden soll
Von Alexandra Knief

Frau Dietl, Herr Debus, seit knapp einem halben Jahr hat Bremen ein Pop Office. Ein "musikalisches Treibhaus der Zukunft", wie Sie es selbst bezeichnen – wie ist das gemeint?

Katrin Dietl: Wir wollen Künstler, Künstlerinnen und andere Akteure in der Musikwirtschaft bei der Professionalisierung unterstützen. Auf ihrem Weg vom Semi-Profi zum Profi. Daher passt das Treibhaus. Denn wir versuchen, die idealen Bedingungen für die musikalischen Pflänzchen zu schaffen, um sich gut zu entwickeln.

Sie sind also vor allem der Dünger...

Jonni Debus: Genau. Und zwar nicht nur für die Bands, wir wollen auch, dass Strukturen wachsen und geschaffen werden können. Bremen ist ein besonderes Bundesland. Es ist klein, und vieles wird seit Jahren einfach so gemacht, wie es eben schon immer gemacht wurde. Das ist grundsätzlich nicht schlecht, aber das Bundesland hat noch eine zweite Besonderheit: Bremerhaven gehört auch dazu. Bisher haben beide Städte relativ autark gearbeitet. Wir wollen die Verbindungen stärken, sodass die Vernetzung besser funktioniert und unsere Bremer Musikszene noch besser wachsen kann.

Dietl: Wir wollen zum Beispiel Netzwerkveranstaltungen machen, mit denen wir wandern. Damit sowohl die Bremer lernen, auch mal nach Bremerhaven zu fahren, als auch andersherum. Wir wollen ein Ort sein, um zusammenzukommen und neue, kreative Ideen zu entwickeln.

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Sie möchten also vor allem für eine bessere Vernetzung und bessere Strukturen sorgen?

Debus: Ja. Und wir wollen gezielt Angebote zu bestimmten Themen schaffen. Wir entwickeln gerade regelmäßige Netzwerkveranstaltungen. Im Mai werden wir mit dem ersten Treffen zum Thema Online-Marketing starten, zu dem wir gezielt Experten und Expertinnen einladen. Damit wollen wir die Szene noch näher zusammenbringen. Wir haben in den vergangenen Monaten auch gelernt, dass in Bremen viele kreative Zellen arbeiten, dass vieles aber eben auch in diesen Zellen bleibt. Das versuchen wir aufzubrechen, aber natürlich ohne Bestehendes kaputtzumachen. Auf unserer Webseite wird es zukünftig eine Übersicht über alle zentralen Anlaufstellen in Bremen und Bremerhaven geben.

Im November hat sich das Pop Office erstmals bei einem Kennenlern-Termin der Öffentlichkeit vorgestellt. Was ist seitdem passiert?

Debus: Die Inbetriebnahme ist abgeschlossen, das Büro ist eingerichtet, und wir haben einen schönen Beratungsraum geschaffen. Wir haben eine Orientierungsberatung eingerichtet, die man bei uns kostenlos buchen kann – und die sehr rege in Anspruch genommen wird, von Musikschaffenden quer durch alle Genres. Im Februar haben wir mit einer Rechtsberatung begonnen, die unter anderem kostenlose Vertragsprüfungen beinhaltet. Und das dritte Angebot steht kurz bevor: Am 31. März haben wir eine Infoveranstaltung im Klub Dialog mit der Initiative Musik. Da soll es um Künstler- und Künstlerinnenförderung gehen.

Wenn Sie sagen, die Beratungsangebote werden bisher gut angenommen – was sind die Themen, die die Bremer Musikschaffenden umtreiben?

Dietl: Oft geht es um den persönlichen Werdegang: Wo will ich hin? Was kann ich? Wie strukturiere ich das alles? Außerdem geht es oft um Social Media, also darum, wie man sich online am besten darstellt. Wer zu uns kommt, ist immerhin schon den ersten Schritt gegangen. Ein Problem ist aber auch noch, dass in den Köpfen der Leute erst einmal ankommen muss, dass es auch schon ganz zu Beginn der musikalischen Karriere oder einer Gründung in der Musiklandschaft Möglichkeiten gibt, sich fördern zu lassen.

Hat das Pop Office eigene Förderangebote oder ist es vor allem für die Vermittlung da?

Debus: Wir haben auch eigene Angebote, die in den Startlöchern stehen. Wir entwickeln gerade einen digitalen Beratungspool, über den man sich auf unserer Webseite mit Experten und Expertinnen zu ganz verschiedenen Themen vernetzen und beraten lassen kann. Das Ganze wird Anfang Mai online gehen und läuft über eine Keyword-Suche, zum Beispiel, wenn jemand mehr über die Gema wissen will, oder wenn man einen Beat produziert hat und nicht sicher ist, ob man das Sample nutzen kann. Aber auch Themen wie Booking, Veranstaltungsplanung, Pressearbeit, Songwriting, Recording, Diversitätsmanagement oder mentale Gesundheit werden abgedeckt. Die Webseite zeigt zu den verschiedenen Themen Fachleute an, mit denen man online eine eins-zu-eins-Beratungsstunde buchen kann. Das Ganze kostet Interessierte aus dem Land Bremen zehn Euro, den Rest subventionieren wir. Starten werden wir mit etwa 15 Experten und Expertinnen im Pool, aber auch das soll stetig weiter wachsen.

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Wie finanziert sich das Pop Office?

Dietl: Wir bekommen 150.000 Euro im Jahr von der Wirtschaftsbehörde. Noch sind wir ein Projekt, aber die institutionelle Förderung wurde von Anfang an mit in Aussicht gestellt. Aktuell kriegen wir weitere 50.000 Euro aus dem Strukturfördertopf von der Initiative Musik im Kontext der Inbetriebnahme. Außerdem gibt es über die Initiative Musik einen Live-Fonds, über den man zukünftig einen Antrag auf Unterstützung für Tourausgaben stellen kann. Dieses Angebot ist als verstetigtes Angebot gedacht und sollte künftig auch bei der Wirtschaftsbehörde angesiedelt sein. Um dies und den Ausbau unserer Angebote möglich zu machen, werden wir auf eine Aufstockung der Fördergelder angewiesen sein.

Man kann auch Mitglied im Verein des Pop Office werden. Wie viele Leute haben sich bereits angeschlossen?

Debus: Wir sind mittlerweile bei knapp 40 Mitgliedern. Damit sind wir voll im Soll. Es zeigt sich der Trend, dass die Künstler und Künstlerinnen, die bei uns eine Orientierungsberatung buchen, anschließend fast alle Mitglieder geworden sind. Das ist sehr schön. Denn wer Mitglied ist, hat Mitspracherecht und kann die Bremer Musiklandschaft aktiv mitgestalten.

Wie geht's es nun weiter bei Ihnen?

Dietl: Wir sind in Gesprächen zur möglichen Zusammenarbeit mit diversen in Bremen und Bremerhaven bereits etablierten Veranstaltungen. Zudem werden wir dieses Jahr auf den wichtigsten Musikkonferenzen wie der c/o Pop in Köln oder dem Reeperbahn-Festival bundesweit vertreten sein. Wir haben noch sehr viel auf dem Zettel stehen, das noch nicht ganz spruchreif ist.

Wenn Sie Veranstaltungen wie das Hamburger Reeperbahnfestival ansprechen: Ein Ziel ist es also auch, die Bremer Musikszene über die Stadtgrenzen hinaus bekannt zu machen?

Dietl: Auf jeden Fall. Der Export von Bremer Bands ist definitiv ein Zukunftsanliegen. Aber das ist etwas, das muss aufgebaut werden. Uns ist zunächst wichtig, dass Bremer Musikschaffende hier in der Stadt alles vorfinden und erreichen können, was sie brauchen.

Debus: Das ist eine unserer Herausforderungen: dass wir leider oft hinter Medienstädten wie Hamburg, Berlin, oder Köln zurückstecken müssen. Obwohl es hier eine große und sehr besondere kreative Szene gibt. Viele, die den Schritt in Richtung Professionalisierung schaffen, wandern ab, eben weil in diesen größeren Städten die besseren Strukturen sitzen. Das wollen wir ändern.

Das Gespräch führte Alexandra Knief.

Zur Person

Karin Dietl (35)

hat populäre Musik und Medien in Paderborn studiert und war im Produktmanagement eines Independent-Labels in Hannover tätig, bevor sie Geschäftsführerin des Bremer Pop Office wurde.

Jonni Debus (34)

hat International Management studiert und in Hamburg im Bereich Musikpromotion für europaweite Festivals gearbeitet. Bevor er Geschäftsführer des Pop Office wurde, war er in einer Agentur für Online-Marketing tätig.

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