Man sieht den Kindern an, wie sehr sie sich zusammenreißen müssen. Finger weg vom Tablet-Computer, zumindest noch für eine Minute, auch wenn er so hell leuchtet. Denn gerade erklärt Regisseurin Britt Hatzius, wie es für die sieben Schülerinnen und Schüler der Grundschule am Buntentorsteinweg auf der Bühne der Schwankhalle gleich weiter gehen soll. Sie alle besuchen die vierte Klasse, und für einige von ihnen ist es die erste Theatererfahrung in ihrem Leben. "The Users" (Die Benutzer) heißt das Stück, das sie gerade gemeinsam einüben und an diesem Wochenende zeigen werden.
Mit dabei sind auch Nick Gregorzik und Caspar Austen. Beide nennen sich Gamer, spielen also regelmäßig Videospiele. Damit sind sie nicht alleine. 2020 spielten in Deutschland ein Viertel der Kinder zwischen sechs und 13 Jahren jeden oder fast jeden Tag am Handy, Tablet, Computer oder Fernseher. "In der Schule oder bei den Eltern wird das oft als Problem empfunden", sagt Britt Hatzius. Grund genug, sich dem Phänomen einmal aus der Perspektive der Kinder zu nähern und zu versuchen, zwischen Kindern und Erwachsenen, zwischen virtueller Welt und "real life", dem echten Leben, zu vermitteln.
Die Performance "The Users" ist das Ergebnis umfangreicher Recherchen, in denen Hatzius und ihr Regie-Partner Darren O’Donnell Kinder nach der Rolle gefragt haben, die Videospiele in ihrem Leben einnehmen. Worum es in dem Stück genau geht, erklären Nick und Caspar so: "Wir machen Gamer-Theater – über Videospiele, Computer und Technik." Aber Britt Hatzius geht es bei der Inszenierung nicht nur darum, allein den Medienkonsum der Kinder zu hinterfragen. "Wir wollen auch zum Nachdenken anregen darüber, wie man selbst damit umgeht", sagt sie.
Feste Rollen haben die Darsteller dabei nicht. "Wir können vieles mitbestimmen und Ideen einbringen", erklärt Nick. Und das Verhältnis zum Regie-Team beschreibt er so: "Wir waren sozusagen die Bausteine, sie waren der Kleber." Und so spielen sie mal ganz statisch und jeder für sich auf seinen Bildschirm konzentriert. Mal werden sie zu einer Gruppe, die zusammenwirkt, um gemeinsam einen Sturm und Unwetter aus der virtuellen Welt auf die Theaterbühne zu bringen.
"Die Zuschauer sollen sich dabei richtig reinfühlen können in das, was wir machen", sagt Caspar. Dabei hilft beispielsweise der sogenannte Zuschauermodus, bei dem auf den Smartphones aller Besucherinnen und Besucher Videos der Kinder abgespielt werden, die vorne auf der Bühne in ihrer Spiele-Welt versunken sind. Aber sie haben auch einen Weg gefunden, die Naturgewalten in ihren Welten ganz unmittelbar erfahrbar zu machen.
"Wir wollen zeigen, dass die Kinder mit der Technologie auch etwas erschaffen können", sagt Darren O’Donnell. Und das kann auch etwas sein, dass man nicht sehen, nur fühlen kann: ein Wir-Gefühl. Nick beschreibt das so: "Ich will den Erwachsenen beibringen, was man mit Gaming alles machen kann. Zum Beispiel Aufgaben bewältigen, die nur als Team zu schaffen sind."