Es gibt Tage der Vergangenheit, die sich merkwürdig real in der Gegenwart anfühlen. Etwa wenn plötzlich Elizabeth Bennet im weißen Empire-Kleid durch die Straßen schlendert, auf dem Kopf eine Haube und am Arm ihren Traummann Mr. Darcy, der mit Jabot, Gehrock und schwarzen Stiefeln die Ära des Regency ins Jahr 2017 befördert. Im westenglischen Bath fügen sich die beiden Figuren bestens in die Atmosphäre und historische Kulisse, die schon die beliebteste Schriftstellerin der englischen Literatur inspirierten: Jane Austen.
Bath sonnt sich derzeit noch mehr als sonst im Glanz der weltweit berühmten Autorin, deren Werk und Leben eng mit dem Städtchen verbunden sind. Mindestens zwei Mal besuchte die junge Frau Ende des 18. Jahrhunderts Englands mondänsten Kurort, bevor sie 1801 mit ihren Eltern und ihrer Schwester Cassandra vom ländlichen Hampshire nach Bath übersiedelte. Mit „Persuasion“ und „Northanger Abbey“ spielen zwei von Austens insgesamt sechs Romanen in Bath, und Romantiker pilgern bis heute mit Buch in der Hand an jene Orte, die Erwähnung finden. In den prächtigen Assembly Rooms tanzte die vornehme Gesellschaft, trank Tee, und heiratswillige Damen versuchten, die Aufmerksamkeit der reichen Männer zu erhaschen. So auch Jane Austen. „Sie gehörte zu den vielen Frauen in der Stadt, die darauf hofften, einen Ehemann zu finden“, sagt Jackie Herring. Die 59-Jährige organisiert das jährlich im Sommer stattfindende Jane-Austen-Festival, bei dem hunderte Austen-Anhänger aus aller Welt in historischen Kostümen und großen Federhüten durch den Ort flanieren oder in Kursen mehr über die damalige Epoche erfahren, die Austen mit viel Genauigkeit ausgeleuchtet hat.
„Hach! Wer könnte jemals genug von Bath bekommen?“, meint Catherine Morland aus Northanger Abbey, und es spricht die vom Land kommende Jane Austen heraus, die wie ihre Protagonistin von dem Reiz und der Belebtheit der eleganten Stadt zunächst verzaubert war. Doch ihr Verhältnis gegenüber der Stadt, in dem ihre Eltern geheiratet hatten, änderte sich, nachdem die Familie sich hier niederließ und insbesondere, als ihr Vater starb, sodass nicht nur das Geld, sondern auch die Einladungen zu gesellschaftlichen Bällen knapper wurden. 1806 zog man wieder fort.
Stadtführerin Fay Bates trägt Kostüm und Haube, während sie Fans an ehemaligen Wohnstätten, hochherrschaftlichen Häusern oder dem neo-klassizistischen Pump Room vorbeigeleitet, wo Austen regelmäßig zum Nachmittagstee einkehrte. In der Gay Street widmet sich ein Zentrum der Autorin, in dem Kostüme, Briefe aus jener Zeit, Möbel und Devotionalien ausgestellt sind. Und zwei lebensgroße Wachsfiguren von Austen sowie von Mr. Darcy. Die Verkaufsschlager im Souvenirladen sind denn auch T-Shirts, Schlüsselanhänger oder Badges, auf denen geschrieben steht: „I love Mr. Darcy.“