Kleine Auftrittsorte, intime Atmosphäre: Wenn nicht gerade eine Bigband auf der Bühne steht, dann beschreibt das den Rahmen der meisten Jazzkonzerte. In Bremen gab es in den 1960er Jahren schon einmal eine lebhafte Jazzszene und mit der Lila Eule einen unvergessenen Klub. Dann entschlummerte der Jazz in der Hansestadt – bis ihn drei mutige Menschen 2006 in Form der Jazzahead wiedererweckten.
Montreux oder Cannes – das sind Namen, die die internationale Jazzszene mit großen Festivals verbindet. Und dann kam der Leiter der Bremer Messe, Hans-Peter Schneider, auf die Idee, aus dem Nichts seine Stadt dieser Liste hinzuzufügen. Gemeinsam mit den musikalischen Leitern Peter Schulz und Ulrich Beckerhoff erdachte er die Jazzahead, eine Kombination aus Messe und Festival. Die Stadt unterstützte die Aufbauarbeiten finanziell.
Jedes Jahr stand seitdem ein anderes Partnerland im Fokus, erstmals in diesem Jahr übrigens die deutsche Jazzszene. Bremen ist ein Begriff in der internationalen Jazzszene geworden. National sorgt zudem seit 2021 die Verleihung des Deutschen Jazzpreises innerhalb der Jazzahead für Beachtung. Ähnliches bewirkte in den Jahren 2012, 2014 und 2016 der mit 10.000 Euro hoch dotierte Bremer Jazzpreis.
Zahlen aus diesem Mai belegen den Erfolg: 2800 Personen besuchten die Fachmesse Jazzahead mit Ausstellerinnen und Ausstellern aus 51 Nationen, 428 Musikerinnen und Musiker bespielten 36 Festival-Sessions und 30 Auftrittsorte während der "Clubnight". Allein Letztere zog 5500 Jazzfans in die unterschiedlichen Klubs der Stadt.
Die heimische Jazzszene hingegen ist ein zweischneidiges Thema. Auftrittsmöglichkeiten gibt es einige, von der professionell ausgestatteten Mensa 13, dem Jazzkeller der Hochschule für Künste, über die intime, ehrenamtlich betriebene Villa Sponte bis hin zu den großen Bühnen von Glocke und Sendesaal – letzterer mit einer deutschlandweit herausragenden Akustik. Auch Künstler wie Ed Kröger, Uli Beckerhof, Dirk Piezunka und Ignaz Dinne sind über Bremen hinaus bekannt. Die Nachwuchsszene ist groß und vielversprechend, etwa mit dem Pianisten Conrad Schwenke oder dem Jan-Olaf Rodt Trio. Mit Berthold Records gibt es in Bremen ein eigenes Label, dessen Künstlerinnen und Künstler auch in der Hansestadt auftreten. Doch wie so oft im Jazz steigt der Altersdurchschnitt der Fans – denn wenige junge Menschen rücken nach.
Frische Impulse könnte es von der neuen Doppelspitze der Jazzahead aus Sybille Kornitschky und Götz Bühler geben. Auch der Verein Freundes- und Förderkreis des Jazz in Bremen möchte mit neuen Ideen ein jüngeres Publikum erreichen, den Jazz von Intellektualismen befreien und näher mit anderen Genres zusammenrücken, wie es auch in London geschieht. Frei nach dem Motto des ersten Bremer Jazzpreises: „Jazz darf auch Spaß machen!“