Heute ist es an der Zeit für ein Geständnis: Ich verfüge über gewisse Formen von Superkräften. Nicht so wie Super- oder Spiderman (Batman dagegen, so musste ich mich von meinem Sohn belehren lassen, kann gar nichts, da basiert alles auf Reichtum und Technik), aber doch so wie der Alltagsman. Als ein solcher kann ich zum Beispiel ein Kleinstkind mit einer Hand fachgerecht wickeln, während ich dabei, das Telefon zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt, einem Freund erkläre, was Männer in der Elternzeit so treiben. Genau das zum Beispiel. Randnotiz: Bis heute weiß ich den segensreichen Nutzen von Feuchttüchern sehr zu schätzen.
In der Gegenwart angekommen, da die einstigen Wickelkinder längst groß und die jeweiligen Elternzeiten vorbei sind, haben sich mit der Rückkehr ins Berufsleben die Superkräfte geändert. Etwa dahin: Ich kann Kolumnen schreiben, obwohl ich gar nicht da bin. Schließlich genießen selbst Lohnschreiber einen minimalen Urlaubsanspruch, Sie als Leserinnen und Leser unserer geschätzten Qualitätszeitung aber 52 Wochen pro Jahr maximalen Anspruch auf Erbauung aus dem 0421-Land. Und da überlegen Sie jetzt mal, wie das zusammengeht.
- Hier finden Sie alle Beiträge der Kolumne auf einen Blick
Den Rätselspaß, ob ich jetzt eigentlich da oder abwesend bin, schon in den vergangenen Wochen bis zu den Knien in einem Pool gesteckt habe oder noch stecke – den werde ich Ihnen nicht nehmen. Sicher beantworten kann das ohnehin nur die Nachbarstochter, die, besten Dank dafür, währenddessen die Blumen gegossen hat. Was ich Ihnen dagegen versichern kann: Die Vorbereitungen für die Rückkehr in den Alltag laufen auf Hochtouren, und da ist Alltagsman wieder voll im Geschäft. Eine Woche noch, bis das neue Schuljahr in Bremen und Niedersachsen startet.
Für einen Teil der Menschen im 0421-Land bedeutet das, dass die Straßen im Berufsverkehr wieder voller werden und die sorgsam während der Ferienzeit ausbaldowerten Ausweichstrecken um all die Sperrungen in der Innenstadt auch nicht mehr funktionieren werden. Für die Erziehungsberechtigten von Schulkindern bedeutet das außerdem: Sind alle Bücher- und Materiallisten sorgsam abgearbeitet? Die Fahrräder auf Vordermann gebracht? Wenigstens müssen, anders als in Grundschulzeiten, keine Tuschkittel und unnützen Knetmassen mehr besorgt werden. Beides hat ohnehin noch kein Kind auf seinem unausweichlichen Weg zum Nobelpreis gebraucht.
Worum es in der Schule doch eigentlich geht: Zuwendung und Wärme. Ja, und da könnte abseits der reinen Pädagogik ein gewisses Problem drohen. Oder war mir nur so, dass ich schon am 1. Juli, also kurz nach Ferienbeginn, gelesen habe, dass die eingeplanten Energie- und Versorgungskosten der Bremer Schulen für das gesamte Jahr 2024 schon Ende Mai nicht nur ein bisschen, sondern bemerkenswert überschritten waren? Da lässt sich doch nur hoffen, dass Bremen auch über diese Finanzierungslücke so nonchalant hinweggeht wie über alle anderen. Und falls doch nicht: Zieht euch warm an, liebe Schulkinder.
Tagebucheintrag: Sollten Sie das für Kaffeesatzleserei halten: Na klar! Aber dieses Wochenende feiert Deutschland ja auch den Tag des Kaffeesatzes.