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Kommentar über Kulturveranstaltungen Kulturherbst: Ein Start auf Bewährung

Am Sonnabend findet im Theater Bremen die erste Premiere statt - damit startet der Kulturherbst in Bremen. Die Kulturszene hat allerdings leider nur wenige Gründe, um aufzuatmen, meint Iris Hetscher.
28.08.2020, 05:00 Uhr
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Kulturherbst: Ein Start auf Bewährung
Von Iris Hetscher

Eigentlich markiert seit Jahren ein Termin den Start in den programmprallen Herbst in Bremens Konzerthäusern und Theatern: die „Große Nachtmusik“ des Musikfests. Wenn es nach der Planung von Thomas Albert und seinem Team gegangen wäre, hätte die „Nachtmusik“ mit ihren 27 Kurzkonzerten rund um den Marktplatz am 29. August stattgefunden. Doch was bei der Vorstellung des Programms Ende März noch wahrscheinlich erschien, war ein paar Wochen später unvorstellbar – das Musikfest musste wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden.

Von daher fällt die Aufgabe, die neue Spielzeit einzuläuten, dem Theater Bremen zu. Ebenfalls am 29. August ist im Schauspiel die Romanadaption „Schäfchen im Trockenen“ zu sehen. Danach geht es Schlag auf Schlag, bis Anfang Oktober stehen sieben Premieren auf dem Programm. Und nicht nur am Goetheplatz, auch am Leibnizplatz bei der Shakespeare Company legt man wieder los, in der Glocke, im Sendesaal und ­vielen kleineren Häusern soll eine Art Alltagsbetrieb stattfinden. Das heißt: ­Künstler und Veranstalter wollen nicht mehr jedem Ereignis das Label „trotz ­Corona“ aufdrücken.

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Es soll nicht nur singuläre, sondern wieder regelmäßige Angebote für das Publikum geben. Auch wenn diese sich zunächst nicht so dicht aneinanderreihen werden wie gewohnt. Alles beim Alten wird lange nicht sein.

Das Signal bisher war: Wir sind noch da. Das haben unter anderem der „Sommer summarum“ und das „Überseefestival“ auf vielfältige Weise gezeigt. Nun wird das Signal umgestellt auf: Wir wollen bleiben. Die Kulturszene hat auch gar keine andere Wahl. Spricht man mit Künstlern und Veranstaltern, brennen alle darauf, endlich wieder loszulegen oder auch: ihren Beruf auszuüben und davon leben zu können. Und zwar mit Veranstaltungen in Innenräumen, die eigentlich der Standard der Branche sind.

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Alles allerdings, was derzeit gespielt und geplant wird, geschieht auf Bewährung. Ob das Hygienekonzept der Salzburger Festspiele lückenlos funktioniert hat, ist noch nicht bewiesen. Das für den 4. September geplante Großkonzert in Düsseldorf mit 13.000 Zuschauern ist nach viel Gerangel verschoben worden – angesichts steigender Ansteckungszahlen wäre alles andere auch merkwürdig ignorant erschienen.

Immerhin sind die Hygienekonzepte, die nun drinnen zum Tragen kommen, eingeübt durch die Open-Air-Veranstaltungen des Sommers. Und man kann davon ausgehen, dass das Theater- und Konzertpublikum ein diszipliniertes ist. Weil es weiß, was auf dem Spiel steht.

Trotzdem bedeuten die Hygieneregeln erheblich weniger Zuschauer und geringere Einnahmen. Ein Blick ins europäische Ausland zeigt, was das für Konzerthäuser und Theater heißt, die ohne staatliche Unterstützung auskommen müssen; dort geht es dann schnell um Insolvenzen. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass auch das deutsche Fördersystem an seine Grenzen stoßen könnte, wenn die Pandemie-Beschränkungen länger greifen.

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Zudem ist zu beklagen, dass es wieder einmal keine bundeseinheitliche Regelung für Zuschauerzahlen gibt. Völlig zu Recht bemängelt ein Konglomerat aus Bühnenverein, Orchestervereinigung und weiteren Berufsverbänden eine Wettbewerbsverzerrung, wenn in Theatern und Konzerthäusern in Nordrhein-Westfalen 1000 Plätze belegt werden können, in Baden-Württemberg nicht mehr als 500, in Bremen maximal 250.

Die finanzielle Unsicherheit ist das eine, die modifizierten Programme das andere. Es wird kürzer und mit weniger Beteiligten gespielt. Das ist eine Chance für neue Formate, doch es stimmt auch traurig. Denn verzichtet wird auf große Orchesterbesetzungen, auf opulentes Musiktheater, auf Chöre. Und auf viele Künstler aus dem Ausland. Das war einer der Gründe für die Absage des Musikfestes: Es wären Musiker aus aller Herren Länder angereist. So wie es sich für eine international definierte Veranstaltung gehört. Leider wird der Begriff „international“ wohl noch einige Zeit ein Sehnsuchtswort der Kulturszene bleiben.

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