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"Tatort"-Kritik Wenn Verzweiflung zu Rache wird: Packender Politthriller aus Berlin

Der "Tatort" beleuchtet den chaotischen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan 2021. Ein Politthriller, der Fragen nach Schuld und Verantwortung stellt.
15.02.2025, 05:01 Uhr
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Wenn Verzweiflung zu Rache wird: Packender Politthriller aus Berlin
Von Iris Hetscher

Es ist noch früh in Berlin, als Johann Weghorst am Bahnhof Friedrichstraße aus dem Zug steigt. Der britische König Charles III. soll die Hauptstadt heute besuchen, alles ist im Hochsicherheitsmodus. Trotzdem ist der SPD-Nachwuchspolitiker wenig später tot; erschossen von einem Scharfschützen. Es wird ein langer und aufreibender Tag für Susanne Bonard (Corinna Harfouch) und Robert Karow (Mark Waschke) vom Landeskriminalamt.

Die "Tatort"-Folge aus Berlin mit dem Titel "Vier Leben" (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) verweist am Anfang darauf, dass sie an "wahre Begebenheiten angelehnt" sei. Das bezieht sich auf den chaotischen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan im Jahr 2021 und den dazu gebildeten Untersuchungsausschuss des Bundestages. Aus diesem Thema hat Drehbuchautor Thomas André Szabó einen dichten Politthriller gestrickt, der um Schuld und Verantwortung(slosigkeit) kreist, um Verzweiflung, Frustration und beinahe alttestamentarische Rache. Die Handlung beschränkt sich auf einen Tag und wenige Orte (Regie: Mark Monheim).

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Schnell finden Bonard und Karow heraus, dass Weghorsts Politkarriere wegen seiner Lobbytätigkeit für die Lebensmittelindustrie ins Straucheln geraten war. Wollte er darüber in einem Interview auspacken und sich wieder ins Gespräch bringen? Oder über die Vorkommnisse während der schiefgelaufenen Evakuierung von Ortskräften aus Afghanistan? Immerhin war er mit einer Delegation vor Ort und ließ sich ausfliegen, während Hunderte Menschen zurückbleiben mussten.

Bonard und Karow rennen vor gleich mehrere Mauern des Schweigens. Die drei anderen Delegationsmitglieder kooperieren nicht. Ständig beruft sich jemand auf Geheimhaltung oder Kontakte "nach ganz oben", auch Staatsanwältin Sarah Tahgavi (Jasmin Tabatabai) ist nervös. Ins Visier gerät die afghanische Bürgerrechtsaktivistin Soraya Barakzay (Pegah Ferydoni). Sie hatte Weghorst massiv bedroht, doch kaum befragen Bonard und Karow sie, wird ihnen von einer auf Krawall gebürsteten "friedenspolitischen Sprecherin der Linksfraktion" Racial Profiling vorgeworfen. Dann sterben zwei weitere Menschen trotz massiven Polizeischutzes; der Besuch des Königs ist längst abgesagt, und die Ermittler beginnen zu ahnen, aus welchen Reihen der Täter stammen könnte.

"Vier Leben" ist hoch spannend bis zum Schluss, auch weil der Mörder der Polizei ständig mindestens einen Schritt voraus ist, und die Panik der Ermittler spürbar wird. Denn gut gespielt ist "Vier Leben" zudem.

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