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Untersuchungsausschuss zieht Bilanz Lehren aus dem Keim-Skandal

Bremen. Vor einem Jahr wurde der Untersuchungsausschuss zum Keimausbruch am Klinikum Mitte eingerichtet. Im Dezember soll der Abschlussbericht vorliegen.
18.11.2012, 05:00 Uhr
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Lehren aus dem Keim-Skandal
Von Sabine Doll

Bremen. Hygieneversäumnisse, Fehler bei der Reinigung, Personalprobleme auf der Frühgeborenen-Station, ein Krankenhaushygieniker ohne ausreichende Qualifizierung: Die Liste der Mängel, die der Untersuchungsausschuss "Krankenhauskeime" bei der Aufklärung der tödlichen Infektionswelle im Klinikum Mitte zusammengetragen hat, ist lang. In ihrem Abschlussbericht beschreiben die Abgeordneten, welche Konsequenzen aus den Erkenntnissen gezogen werden müssen.

Der CDU-Obmann im Ausschuss, Rainer Bensch, hat darauf eine klare Antwort: "Die Verantwortung reicht über die Station, die Klinik-Geschäftsführung und die Leitung des Klinikverbundes Gesundheit Nord bis zum Gesundheitsamt. Es hat in all den Jahren die Umsetzung von Hygiene unzureichend kontrolliert, weil es zu wenig Personal hat", sagt er.

Verantwortlich dafür sei die senatorische Behörde mit Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD). Für einen Neuanfang und um verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen, müsse die komplette Spitze des Ressorts neu besetzt werden. "Das betrifft die Abteilungsleitung Gesundheit, den Staatsrat und die Senatorin", fordert Bensch. Die Behörde habe das "katastrophale Ausbruchsmanagement" nach Bekanntwerden der Todesfälle zu verantworten. "Immerhin hat es noch einen zweiten Ausbruch nach der Wiedereröffnung der Station gegeben", betont Bensch.

Für Claudia Bernhard, Obfrau der Linken, ist das Auswechseln von Personen nicht die Lösung des Problems. Auch wenn etwa die Entlassung von Diethelm Hansen als Klinikverbund-Chef richtig gewesen sei, wie sie sagt. "Wir brauchen mehr qualitative und quantitative Ressourcen, um Hygiene nicht nur auf dem Papier zu haben." Sie fordert mehr Personal und Geld, um in den Kliniken funktionierende Hygienestrukturen aufzubauen. Dass dies im Klinikum Mitte nicht der Fall gewesen sei, liege an der Umsetzung des Sanierungskurses "mit der Brechstange und ohne Rücksicht auf Verluste". Bernhard: "Es gab deutliche Anzeichen für Missstände auf der Frühgeborenen-Station, wie Überlastanzeigen des Pflegepersonals und Brandbriefe von Ärzten. Die Beschwerden sind aber auf taube Ohren gestoßen." Man brauche eine Fehlerkultur, die ernst genommen werde. Es reiche nicht, dass sich die Kliniken künftig – wie von der Gesundheitsbehörde geplant – regelmäßig einer Hygiene-Befragung unterziehen sollen. "Das Gesundheitsamt muss Kontrollen vor Ort machen, und dafür braucht es mehr Personal." Die Behörde müsse die Kliniken zudem stärker überwachen und wenn notwendig eingreifen. Durch die Holdingstruktur seien diese Zugriffsrechte aber eingeschränkt. "Da muss man noch mal ran", fordert Bernhard.

Kontrolle durch die Behörde

Auch der stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende, Björn Fecker von den Grünen, verlangt mehr Steuerung und Kontrolle durch die Behörde. "Dort gibt es eine Stabsstelle, die für die Kliniken zuständig ist. Sie schaut sich das aber rein fiskalisch an, ob die Zahlen stimmen", betont Fecker. "Hier wäre es sinnvoll, wenn es eine fachliche Begutachtung gäbe, zum Beispiel, ob der Personalschlüssel noch im vertretbaren Rahmen liegt. Ist dies nicht der Fall, muss die Aufsichtsratsvorsitzende darauf hingewiesen werden." Um die Einhaltung der Hygieneregeln zu gewährleisten, gebe es eine wesentliche Voraussetzung: "Das Personal wie Ärzte, Pfleger und Hygienefachkräfte müssen die Zeit haben, diese Regeln einzuhalten. Und man muss auch an die Verantwortung jedes Einzelnen appellieren."

Für die Ausschuss-Vorsitzende, Antje Grotheer (SPD), ist die Antwort auf das Grundproblem Keimausbruch: "Hygiene, Hygiene, Hygiene. Es muss eine Verbesserung des Hygienemanagements geben. In der Klinik, aber auch an anderen Stellen", sagt sie. "Für die Gesundheitsbehörde könnte ich mir vorstellen, dass nur ein Humanmediziner zu wenig ist, nachdem zwei weggefallen sind." Richtig seien die geplanten Hygiene-Befragungen für die Kliniken, darauf dürfe sich das Gesundheitsamt in seiner Funktion als Überwachung aber nicht beschränken. "Es muss auch vor Ort kontrollieren." Und: In den Kliniken selbst müsse die Bedeutung von Hygiene besonders hoch gehalten werden.

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