Seit einem Jahr können Vorschulkinder auf dem Gelände der Ökologiestation in Schönebeck die Welt entdecken. Genauer: den Wald. Das Interesse ist so groß, dass die Station das Angebot ausgeweitet hat.
Die dicke Laubschicht raschelt unter den Füßen. Verstreut inmitten der Buchenblätter liegen dicke Äste und Zweige auf dem Boden. In jeder gepflegten Parkanlage würde das Totholz sofort beiseitegeräumt, auf dem Gelände der Ökologiestation darf und soll es liegen bleiben. „Der Wald wird nicht bewirtschaftet, er kann sich urwaldartig entwickeln“, erklärt Martina Schnaidt. Ein Spielplatz für die „Urwaldkinder“, die hier mit der Biologin der Umweltbildungsstätte die Natur entdecken.
Seit einem Jahr läuft das Projekt, das Vorschulkindern auf dem 20 Hektar großen Stationsgelände den Lebensraum Wald näherbringt. 28 Gruppen aus zwölf Kindergärten haben sich seitdem beteiligt. „Die Nachfrage war sehr gut“, sagt Schnaidt. Deshalb weitet die Ökostation das Angebot aus. Bis Februar 2018 werden 35 weitere Veranstaltungen finanziert.
Gefördert wird das „Urwaldkinder“-Projekt von der Bingo-Umweltlotterie. Ohne solche Projektgelder müsste der Verein Ökologiestation auf manches Angebot verzichten. „Die Finanzlage ist angespannt, aber stabil“, sagt Schnaidt. Rund 110 000 Euro stehen der Ökostation nach ihren Angaben als Jahresetat zur Verfügung. Das Geld fließt aus verschiedenen Töpfen: aus Spenden, Jahresbeiträgen der 145 Vereinsmitglieder und Einnahmen aus der Vermietung der Räumlichkeiten im Hofmeierhaus, wo die Ökostation zu Hause ist. Dazu gehört auch eine Wohnung im Obergeschoss des Hauses. Eineinhalb Jahre habe sie leer gestanden. „Das hat ein großes Loch im Haushalt gerissen, das wir noch nicht schließen konnten.“ Seit Mai 2016 seien die Räume wieder vermietet.
Staatliche Mittel machen laut Schnaidt rund 40 Prozent des Budgets der Ökostation aus, die neben Angeboten für Schulen und Kindergärten jährlich auch rund 70 offene Veranstaltungen anbiete. Eine feste Größe sei die Basisförderung von 30 000 Euro durch das Koordinationsbüro „Umwelt Bildung Bremen“. Auch das Bildungsressort schieße Geld zu. „Wir sind beauftragt, naturwissenschaftlichen Unterricht für alle Schulstufen auf dem Gelände der Ökostation durchzuführen.“ Im vergangenen Jahr haben laut Schnaidt 58 Schulklassen am Unterricht in der Natur teilgenommen. „Untersuchungen im Teich und Verhaltensbeobachtungen von Wassertieren sind die Highlights.“ Mithilfe der Basisförderung finanziert die Ökostation außerdem ein aus zwölf Themenmodulen bestehendes Waldprojekt für Schüler der Sekundarstufe II.
Hauptzielgruppe sind laut Schnaidt, die zusammen mit dem Pädagogen Jochen Kamien als weiterem hauptamtlichen Mitarbeiter die Umweltbildung in der Station betreibt, Vorschul- und Grundschulkinder. Neben den staatlichen Geldern sind Drittmittel für Sonderprojekte ein wichtiger Baustein zur Finanzierung der Umweltbildung. So unterstütze die Berningshausen-Stiftung ein Amphibien-Projekt, bei dem Grundschüler aus der Perspektive von Kröten und Molchen die Gefahren erkunden, die den Tieren auf ihren Wegen zu den Laichplätzen begegnen.
Gleich mehrere neue Projekte will die Station in diesem Jahr anpacken. Mit der Kindertagesstätte Haus Windeck in Grohn sei ein Inklusionsprojekt für Vorschulkinder geplant. Der Verein hofft auf eine Förderung von der „Aktion Mensch“. Für ein geplantes Klimaschutz-Projekt für Kita- und Hortkinder ist die Ökostation laut Schnaidt mit Friedehorst als Projektpartner im Gespräch. Beantragen wollen die Schönebecker Fördermittel aus dem Programm „Kurze Wege für den Klimaschutz“ des Bundesumweltministeriums, das die Vernetzung von Umweltbildungseinrichtungen mit Einrichtungen vor Ort fördere.
„Wir haben inzwischen mehrere Kooperationen im Stadtteil, die sich sehr gut entwickeln“, sagt Martina Schnaidt. Grundschulen wie die in Schönebeck und in Burgdamm gehören dazu. „Aus der Schönebecker Schule kommt jeder Jahrgang ein Mal zu uns.“ Die Station strebe feste Kooperationen mit weiteren Schulen an. Seit 2016 arbeiten die Schönebecker außerdem mit dem Overbeck-Museum zusammen. Zur Ausstellung „Achtung Wald!“ des Museums bot die Ökostation im vergangenen Jahr einen Herbstspaziergang für Erwachsene und eine Eichhörnchen-Expedition an. Die Kooperation trug laut Schnaidt Früchte: „Ausstellungsbesucher kamen auch zu unseren Veranstaltungen in die Ökologiestation.“ Die Zusammenarbeit wird 2017 fortgesetzt.
Ausbauen will die Station laut Schnaidt auch Angebote für Seniorengruppen. „Viele ältere Menschen haben ein großes Interesse am Gelände“, stellt die Biologin fest. Mehr Gruppen sollen künftig durch den Wald, zu Streuobstwiese, Garten, Schafweide und Teichen geführt werden. Mit anschließendem gemütlichen Beisammensein. Neue Zielgruppen versucht der Verein auch mit den Kunsthandwerker- und anderen Märkten im Hofmeierhaus anzusprechen. Ebenfalls mit Erfolg. „Wir ziehen dadurch Besucher in die Station, die hier sonst nicht herkommen würden.“ Das habe dem Verein in der Vergangenheit das eine und andere neue Mitglied beschert. Die Märkte besserten zudem die Kasse auf. „Unser erster Antik- und Trödelmarkt im vergangenen Jahr brachte über 1000 Euro ein.“