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Libuse Cerna über den Rat für Integration "Integration betrifft ziemlich alle Bereiche"

Libuse Cerna hat den Rat für Integration in der Hansestadt mitbegründet. Das politische Gremium bringt Bremerinnen und Bremer verschiedener Herkunft zusammen. Was die Schwerpunkte heute sind - ein Überblick.
17.01.2022, 00:00 Uhr
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Von fis

Frau Cerna, im Rat für Integration haben Sie sich lange intensiv engagiert. Welche Rolle spielt dieses besondere politische Instrument für die Stadt?

Libuse Cerna: Ich bin davon überzeugt, dass der Bremer Rat für Integration inzwischen eine bedeutende Stimme im Land Bremen ist. Wir entsenden unsere Vertretungen in viele Gremien und sprechen mit. Auf sehr unterschiedlichen Ebenen. Denn das Thema Integration betrifft inzwischen ziemlich alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens.

Was verbinden Sie mit dem Rat – sind es in erster Linie Menschen mit ausländischen Wurzeln, die dort freiwillige Aufgaben übernehmen?

Der Bremer Rat für Integration ist – wie es offiziell heißt – ein „ehrenamtliches, politisch gewolltes Gremium“. Das klingt erst einmal eher abstrakt. Praktisch heißt es, dass hier 64 Menschen zusammenarbeiten, die sehr unterschiedliche Bereiche des öffentlichen Lebens vertreten: Gesundheit, Sport, Bildung, Arbeit, Kultur… Es kommt auf die Fachkompetenz an. Die ethnische, politische und kulturelle Zugehörigkeit ist eher nachrangig. Was die Mitglieder verbindet, ist die Beschäftigung mit den Themen Migration/Integration, sei es beruflich oder ehrenamtlich.

Sie gehören zu den Gründungsmitgliedern. Welche Rolle haben Sie derzeit noch?

Nach fast 13 Jahren als Vorsitzende bin ich nun seit dem 1. Januar 2022 ein stellvertretendes Mitglied des Bremer Rates für Integration. Die Mitgliedschaft vollzieht sich immer in einer Tandemstruktur – ein ordentliches und ein stellvertretendes Mitglied. Das heißt: Ich arbeite zusammen mit Matthias Dembski, der genauso wie ich von der Bremer Landespressekonferenz entsandt ist. Er ist nun das ordentliche Mitglied, ich bin seine Stellvertreterin.

Das Festival Globale und der gleichnamige Verein spielen für Sie ebenfalls eine bedeutende Rolle?

Ja, das stimmt. Das Festival wurde im vergangenen Jahr zum 15. Mal organisiert. Es existiert genauso lange wie der Bremer Rat für Integration. Das Ziel des Festivals war von Anfang an zu zeigen, wie wichtig, wie bereichernd die Menschen mit dem sogenannten Migrationshintergrund für das gesellschaftliche Leben in diesem Land, für die deutschsprachige Kultur sind. Vor 15 Jahren musste man noch heftig darüber diskutieren, ob Autoren und Autorinnen, die eine andere Muttersprache als Deutsch haben, auch zur deutschen Literatur zählen.

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Ist das anders geworden?

Heute ist es selbstverständlich. Viele wie etwa Sasa Stanisic, Navid Kermani oder Emine Sevgi Özdamar – alles unsere Gäste – wurden mit namhaften Preisen ausgezeichnet. Sie sind einfach Vertreter und Vertreterinnen der zeitgenössischen deutschsprachigen Literatur. Ganz selbstverständlich.

Welche Rolle spielt das Festival dafür?

Das Festival hat sich weiterentwickelt. Wir laden Gäste aus verschiedenen europäischen Ländern ein, aus den USA, aus Kanada. Sie und ihre Texte stehen aus unserer Sicht für den Begriff „grenzüberschreitend“. Wichtig ist für uns auch die politische Dimension, wenn wir zum Beispiel Schriftsteller und Schriftstellerinnen aus Belarus zu Gast haben. Wir bieten viele Workshops in Schulen an, vergeben Stipendien, pflegen internationale Kooperationen wie mit dem Literaturbüro Nordwoord in Groningen.

Und Ihre Rolle dabei?

Vor Kurzem beteiligte ich mich an einer internationalen wissenschaftlichen Tagung der Universität im tschechischen Usti nad Labem. Dort hielt ein Germanist aus Neu-Delhi einen Vortrag über die Texte von Osman Engin aus Bremen. Das hat mich natürlich sehr gefreut.

Gibt es für Sie und Ihre Ansprüche als Journalistin Zusammenhänge oder Überschneidungen der beruflichen und privaten, also freiwilligen Aufgaben?

Der von mir sehr geschätzte Journalist Cordt Schnibben hat einmal gesagt: Journalismus bedeutet lebenslanges Lernen. Das finde ich richtig und ganz wichtig. Solange ich meine Neugierde bewahre, mich für andere Menschen und ihre Schicksale interessiere, mich für ihre Belange einsetze, macht die Tätigkeit für mich Sinn. Egal ob beruflich oder freiwillig.

Was verbindet Ihrer Ansicht nach Beruf und freiwillige Aufgaben?

Für Journalisten und Journalistinnen ist eine Trennung zwischen der beruflichen Tätigkeit, dem ehrenamtlichen Engagement und dem privaten Leben immer fließend. Ich setze mich ein für Ziele, die mir wichtig sind, für Menschen, die es brauchen. Und dabei bin ich – ich denke, das kann ich so sagen – absolut verlässlich.

Können Sie sich noch weitere Engagements vorstellen?

Ehrlich gesagt, entdecke ich bei jedem Gespräch – und ich spreche viel und sehr gerne mit anderen Menschen – immer wieder neue interessante Fragen, die unbedingt beantwortet werden müssten. Deswegen habe ich mir für dieses Jahr schon das eine oder andere Thema vorgenommen. Mal sehen, wie es dann mit der konkreten Umsetzung klappt. Auf jeden Fall möchte ich tatkräftig dazu beitragen, dass die Bremer Bewerbung um den Unesco-Titel City of literature 2023 erfolgreich sein wird.

Das Gespräch führte Frauke Fischer.

Zur Person

Libuse Cerna (68)

gehört zu den Gründungsmitgliedern des Rats für Integration. Sie ist seit 15 Jahren in dem Gremium aktiv, zwölf Jahre lang war sie die Vorsitzende. Sie hat die doppelte Staatsbürgerschaft als Tschechin und Deutsche und fühlt sich nach eigenen Angaben beiden zugehörig. Am Mittwoch, 19. Januar, wird ein neuer Vorstand gewählt.

Zur Sache

Bremer Rat für Integration

Das Gremium hat sich 2005 konstituiert und, arbeitet ehrenamtlich. Der Rat für Integration hat 32 Mitglieder und genauso viele Stellvertreter, die für diese Aufgabe von zahlreichen Institutionen und Gruppen delegiert wurden. Die Arbeit des Bremer Rates für Integration wird von der Sozialsenatorin unterstützt, wie es auf der Internetseite heißt.

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