Meyenburg. Ob derzeit Glyphosat auf gemeindeeigenen Flächen in Meyenburg eingesetzt wird, ist Ortsrätin Tinka Schulze-Eickenbusch (Die Linke) nicht bekannt. Für ihren aktuellen Antrag zum Verzicht auf Glyphosat im Entscheidungsbereich der Gemeinde sei das allerdings auch unerheblich. „Es geht darum, Rechtssicherheit zu schaffen. Und darum, dass Meyenburg ein Zeichen setzt.“ Dadurch nämlich, dass die Gemeinde fortan „bei der Pflege ihrer Grünanlagen, Plätze und Wege auf den Einsatz von Glyphosat“ verzichte und dies auch für ihren verpachteten Grund festschreibe.
Die ausführliche Begründung des Antrags listet unter Verweis auf öffentlich einsehbare Studien (Uni Kassel, Weltgesundheitsorganisation (WHO), Bundes- und Landesämter) noch einmal die bekannten Argumente gegen Glyphosat auf. Nach Auffassung von Tinka Schulze-Eickenbusch alles hinreichende Warnungen, warum „der Einsatz von Glyphosat im Entscheidungsbereich der Gemeinde unterbunden werden sollte.“ Das Thema an sich ist nicht neu. Schon lange bevor der bayrische Landwirtschaftsminister Christian Schmidt im EU-Parlament eigenmächtig für den weiteren Einsatz von Glyphosat stimmte, und damit bundesweit für Unruhe sorgte, habe sich die Partei „Die Linke“ intensiv mit dem Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft und deren Folgen für das Ökosystem befasst. Aber man könne die anhaltende Diskussion gut nutzen, um die Problematik weiter in den Fokus zu rücken. „Ökologische Landwirtschaft sollte Standard sein“, spitzt Schulze-Eickenbusch die dahinter stehende Überzeugung zu. „Glyphosat ist nur ein Beispiel. Es gibt genug andere wirksame Mittel, um den Pestizideinsatz grundsätzlich zu verringern.“
In Meyenburg gebe es seit Neuestem auch einen Arbeitskreis unter dem vorläufigen Namen „Meyenburg bleibt grün“, dem unter anderem der Ortsbürgermeister Dominik Schmengler (SPD) und der Ratskollege Josef Gerster (Die Grünen) angehören. Für den Anfang gehe es dort beispielsweise um Grünstreifen, um wieder mehr Lebensraum für mehr Insektenvielfalt zu schaffen. „Aber es ist noch viel mehr denkbar“, sagt Schmengler. „Alles was Meyenburg lebenswerter macht.“ Um Ideen und weitere Engagierte zu gewinnen, wird auch der Arbeitskreis Thema der nächsten Ortsratssitzung am Montag, 12. März, sein. Das Thema Glyphosat jedenfalls wurde in der kleineren Runde schon andiskutiert. Der Ortsbürgermeister kann in dem Antrag durchaus Überzeugungen seiner eigenen Partei wiedererkennen. So weit ist sich auch Tinka Schulze-Eickenbusch sicher: „Wir sind mit diesem Anliegen ja nicht alleine.“ Im Gemeinderat Schwanewede etwa haben auch die Grünen bereits Ende vergangenen Jahres einen Antrag angekündigt, der den Gebrauch von Glyphosat auf kommunaler Ebene regeln soll.
Dass mit Bodo Roehr (Wählergemeinschaft) und Enno Giesmann (CDU) auch zwei gestandene Landwirte mit konventionellen Großbetrieben an der Diskussion und anschließenden Abstimmung beteiligt sind, ist für Tinka Schulze-Eickenbusch durchaus reizvoll. „Wir zitieren in unserem Antrag ja auch Studien, die nicht so sehr aus der Ökobewegung kommen, sondern auch von Vertretern aus der konventionellen Agrarindustrie mitgetragen werden.“ Und, so Dominik Schmengler, die Abstimmung ergebe zunächst einmal nur eine Empfehlung, die dann als Prüfauftrag in die zuständigen Ausschüsse gehe. „Dort wird beispielsweise auch geklärt, ob möglicherweise Landwirte Flächen der Gemeinde gepachtet haben, die durch ein Glyphosat-Verbot in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt würden.“
Doch selbst innerhalb der konventionellen Landwirtschaft mehren sich mittlerweile Stimmen, deren zukunftsorientiertes Denken wachsende Verantwortungsbereitschaft für eine Natur im Gleichgewicht erkennen lasse, hält Tinka Schulze-Eickenbusch fest. „Ich bin ja auch als Biologielehrerin damit befasst und gebe seit Jahren Leistungskurse zum Thema Ökologie.“ Insekten seien da selbstverständlich Thema. Oder dass „Unkraut“ besser als Beikraut zu bezeichnen sei, zumal vielfach gar nicht klar sei, „was wir mit seiner Vernichtung eigentlich anrichten.“ Die Komplexität des Naturhaushalts und der Zusammenhang profitorientierter Eingriffe mit dem Sterben vieler Bienenvölker etwa, „das können schon Elftklässler erkennen“. Insofern ist Tinka Schulze-Eickenbusch gespannt bis vorsichtig optimistisch, was die Abstimmung im Ortsrat anbelangt. „Ich lass mich überraschen. Eine einfache Mehrheit reicht.“
Selbst wenn damit nicht gleich der Glyphosatverzicht beschlossen werde, sei es eine Positionsbestimmung mit empfehlenden Charakter. Manchmal müsse man im Kleinen anfangen. „Wenn die EU das nicht hinkriegt, dann beginnen wir eben im Ortsrat.“ Der Antrag werde parallel im Gemeinderat und Kreistag eingereicht. Möglicherweise könne so eine Grundsatzdiskussion auf anderer Ebene angeregt werden, mit dem Ziel, Stoffe, die die WHO als potenziell gesundheitsgefährdend einstufe, „nicht einzusetzen, bis die Unschuld bewiesen ist“.