Vegesack. Der Putz platzt von Wänden und Decken, in den Ecken lauert der Schimmel: Seit Jahrzehnten verwahrlost die denkmalgeschützte Turnhalle an der Ludwig-Jahn-Straße – und muss trotzdem weiter genutzt werden. Das ist der Aufreger, als es am Dienstagabend im Vegesacker Stadthaus um einen neuen Bebauungsplan für das Areal rund um die Turnhalle bis zur Grundschule an der Straße Fährer Flur geht. Die neue Kita und die Schulerweiterung werden von den Anwohnern begrüßt.
Immer wieder landet die kleine Runde im Sitzungssaal bei der Turnhalle, auch wenn Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt sichtlich bemüht ist, bei dieser frühzeitigen Bürgerbeteiligung am neuen Bebauungsplan 1568 zwischendurch doch auch wirklich über die Pläne für das Gebiet rund um den aufgegebenen Sportplatz zu reden. Anne Wiedau, Stadtplanerin im Bauamt Bremen-Nord, hat dafür auch die Skizzen aus der Machbarkeitsstudie von Immobilien Bremen mit in die Versammlung gebracht. Die Gutachter hatten den Job, erst einmal ganz grob zu schauen, wie man eine neue Kita mit sechs Gruppen und 90 Plätzen, eine Schulerweiterung für eine voll dreizügige Grundschule plus Mensa für beide Einrichtungen auf dem Gelände unterbringen könnte.
An der Stelle dürfte das für die Stadtplaner dabei eher ein Luxusproblem gewesen sein: Denn anders als an anderen Standorten der Schul- und Kitaplanung ist in Fähr-Lobbendorf einmal ausreichend Platz für gleich mehrere Varianten. Dreimal haben die Gutachten die Bauklötzchen auf dem Plan gedreht und gewendet. In Variante drei rutschen alle Neubauten in die nordwestliche Ecke des Grundstückes, ganz dicht heran an die Grundstücke in der Aumunder Heide. Die Liste der Nachteile dieser Variante ist dann auch entsprechend lang und reicht bis zu einer Lärmschutzwand. Sie wird nicht groß diskutiert.
In Variante zwei stellt sich der Schulerweiterungsbau wie ein zweiter Riegel vor das alte Schulgebäude aus Backstein. Auch diese Version findet wenig Gegenliebe in der Runde: Weil sie keinen offenen „Campus“ mit dem Kindergarten ermöglicht und insgesamt eher trennt, was künftig eng zusammenarbeiten soll. Die größte Zustimmung kommt für Variante 1, die von Stadtplanerin Wiedau im Detail erläutert wird: Der Plan zeigt die drei Gebäudekörper des neuen Schulbaus, der Mensa und der Kita, wie sie wie eine Treppe nach Süden hin zurückgesetzt werden. Mit der alten Turnhalle und der alten Schule entsteht so ein großes „U“ mit der Grünfläche in der Mitte.
Die Fläche des alten Sportplatzes soll nach ersten Planungen dann wohl auch einen öffentlich zugänglichen Spielplatz bekommen und so etwas wie einen kleinen Stadtteilpark beherbergen. Das heutige Spielplatzgrundstück nördlich der Ludwig-Jahn-Straße mit dem Bereich dahinter könnte nach diesen Plänen für den Wohnungsbau umgewidmet werden. Ähnliche Ideen sind bereits im Beirat diskutiert worden.
Anne Wiedau spricht von einem B-Plan im beschleunigten Verfahren, weil die dringend benötigten Kita-Plätze die Dringlichkeit begründen: „Deshalb werden wir nach ersten Absprachen mit dem Umweltressort keinen ausführlichen Umweltplan brauchen.“ Im nächsten Schritt werde ein Grünplanbüro mit der Freiraumplanung beauftragt. Die geschützten Fledermäuse in den alten Bäumen rund um das Areal haben die Planer laut Anne Wiedau im Blick, an einem Baumkataster müsse noch gearbeitet werden. Allzu viel Grün werden die neuen Bauten aber offenbar nicht kosten.
Putz fällt von der Decke
Die SPD-Beiratsmitglieder Peter Fahsing und Gabriele Jäckel sind als Anwohner und nicht in ihrer gewählten Funktion ins Stadthaus gekommen. Mit einigen anderen Nachbarn hören sie sehr genau hin, als Anne Wiedau davon spricht, dass die bestehenden Gebäude in die Planung integriert werden sollen. Sie bestätigt aus den Gutachten von Immobilien Bremen, dass die Halle sanierbar sei. Peter Fahsing reicht ein paar Fotos in die Runde, die alte Sportkameraden von ihm in der Halle geschossen haben. Die Nachbarin Anke Nerger bringt es so auf den Punkt: „Wenn man in die Halle hineinkommt, stinkt es nach Fäkalien. Es schimmelt, und überall fällt der Putz von der Decke. Dass da drinnen unsere Kinder spielen müssen, ist unmöglich.“ Sie bringt ins Spiel, dass eine größere Schule doch ohnehin mindestens eine Zwei-Feld-Halle braucht. Offen wird über Abriss gesprochen.
An eine mögliche Sanierung der alten Bausubstanz glaubt von den Bürgern in der Runde offenbar niemand. Und auch Schulleiterin Regina Wöltjen schlägt sich auf die Seite der Nachbarn: „Ich habe Sport studiert und wirklich nie in meinem ganzen Berufsleben solch eine marode Halle gesehen.“ Auch die Grundschule Fährer Flur, vor zehn Jahren vor der Schließung gerettet, sei ein Sanierungsfall, der Keller jetzt schon nicht mehr nutzbar: „Uns fehlt es auch in dem uralten Schulgebäude an allem, was man für eine moderne Pädagogik eigentlich braucht.“ Heiko Jacobi, ein öffentlich äußerst engagierter Nachbar, geht schließlich mit seinem Vorschlag am weitesten: „Warum wagen wir nicht den ganz großen Wurf und reißen die Turnhalle und die Schule ab und setzen etwas Vernünftiges in die Mitte des Geländes?“