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Neubauprojekt in Huckelriede Martens baut auf der Wendeschleife

Der neue Firmensitz der Firma Orthopädie-Technik Martens wird auch Platz für ein Café und betreutes Wohnen bieten
19.01.2018, 16:22 Uhr
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Von Karin Mörtel

Eine Wohngemeinschaft für Wachkomapatienten, eine Rollstuhl-Waschanlage, ein Stadtteilcafé und Platz für Arztpraxen – es sind ungewöhnliche Pläne für einen neuen Firmensitz, die Jörg Martens und Edith Großschädl präsentieren. Die Geschäftsleiter der Firma Orthopädie-Technik Martens haben drei Jahre vergeblich nach einem passenden Grundstück in Bremen für ihr expandierendes Familienunternehmen gesucht und standen bereits kurz davor, nach Niedersachsen abzuwandern. Doch nun haben sie sich für die ehemalige Wendeschleife für Busse und Straßenbahnen im Ortsteil Huckelriede entschieden. Stadtplaner der Baubehörde sind darüber hoch erfreut.

„Wir befinden uns dort genau im Zentrum zwischen den drei großen Krankenhäusern Roland-Klinik, Klinikum Links der Weser und Rotes-Kreuz- Krankenhaus und sind damit gut erreichbar für Patienten, die unsere Angebote nutzen“, begründet Firmenchef Martens die Entscheidung. Die Wirtschaftsförderung hatte das Grundstück ins Spiel gebracht und damit offenbar genau ins Schwarze getroffen. Denn zusätzlich sei dort die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr perfekt, schwärmt Martens. Er wird künftig von seinem Büro aus direkt auf die Umsteigestelle Huckelriede blicken, wo sich etliche Straßenbahn- und Buslinien, aber auch überregionale Busse kreuzen. Viele seiner Kunden können oder wollen nicht mit dem Auto anreisen und sollen es künftig so bequem wie möglich haben.

Derzeit noch Mieter

Heute firmiert der Spezialist für Orthopädie- und Rehatechnik noch als Mieter in Kattenturm, doch dort fehlen Büros für neue Mitarbeiter und der Verkaufsraum ist zu eng geworden. Rollstühle, Rollatoren, Bewegungstrainer, Pflegebetten, Stützstrümpfe und vieles mehr sind auf engstem Raum ausgestellt. „Wir sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen und platzen aus allen Nähten“, beschreibt Martens die Raumnot des Unternehmens, das sein Vater Jürgen Martens 1978 gründete. Am neuen Standort plant er nun gemeinsam mit Prokuristin Großschädl einen großzügig geschnittenen „Show-Room“ für alle Artikel des Sanitätshauses. Außerdem wollen sie ein neuartiges Versuchslabor einrichten, wo Kunden mit körperlichen Einschränkungen praktisch testen können, mit welchem Rollstuhl oder anderen Hilfsmitteln sie ihren Alltag am besten bewältigen können.

„Das ganze Haus wird nicht nur barrierefrei, sondern rollstuhlgerecht gestaltet“, betont Martens. Das bedeutet für ihn ein Neubau ohne Schwellen sowie Aufzüge, die so groß sind, dass ein Rollstuhlfahrer darin bequem wenden kann. „Keiner soll sich von baulichen Hindernissen behindert fühlen“, beschreibt er die Maxime, an die die Architekten sich halten müssen.

Außerdem wollen Martens und Großschädl die momentan noch zwei getrennten Unternehmensteile zusammenführen und künftig auch Lager und Werkstätten für Orthopädie- und Reha-Technik sowie die Waschanlage für Rollstühle im neuen Firmensitz integrieren. Für das Unternehmen würden mit der Vereinigung an einem Standort hohe Zeitverluste und Transportkosten entfallen. „Im Idealfall kann dann ein Kunde, der seinen Rollstuhl reparieren lassen will, in unserem hauseigenen Café einen Tee trinken, während die Techniker die Reparatur durchführen“, blickt der Firmenchef in die Zukunft. Er sieht in dem Café einen neuen Treffpunkt für den Stadtteil.

Es war eine Vorgabe aus der Baubehörde, dass auf dem städtischen Grundstück an dieser zentralen Stelle der Neustadt ein markantes Gebäude entsteht, das nicht nur Büros beherbergt, sondern auch einen Nutzen für den Stadtteil sowie Platz für besondere Wohnformen enthält. Der Baukörper wird etwa 22 Meter breit und 62 Meter lang. Er ist vierstöckig angelegt mit einem Turm, der inklusive Technikgeschoss an der Ecke Niedersachsendamm/Habenhauser Landstraße sechs Etagen und damit 24 Meter hoch aufragen wird.

„Der Käufer ist für uns ein absoluter Glücksfall“, lobt Stadtplaner Axel König die Entwürfe. Denn der Bauherr habe nicht nur an ein öffentliches Café im Erdgeschoss gedacht, sondern auch sechs Arztpraxen und Wohnungen für Menschen mit körperlichen Einschränkungen in den oberen Stockwerken mit eingeplant.

Denn Martens will in dem Neubau vier mit hochwertiger Sensorik ausgestattete „Ambient Assisted Living“- Wohnungen realisieren. Im Kern geht es dabei um den Einsatz intelligenter Informations- und Kommunikationstechnologien in den Wohnräumen, die den Komfort, die Sicherheit und die Gesundheit der Bewohner steigern sollen. Diese reichen von elektrischen Fensteröffnern bis hin zu Sensoren im Bodenbelag, die Stürze registrieren können und dementsprechend einen Notruf absetzen.

„In diesen Wohnungen können Senioren oder behinderte Menschen weitgehend selbstbestimmt leben und zusätzlich auf einen ambulanten Pflegedienst zurückgreifen, den wir ebenfalls im Haus ansiedeln möchten“, erklärt Martens sein Konzept. Aus seiner Sicht hinkt Bremen in der Umsetzung solcher AAL-Wohnungen stark hinterher. „Wir wollen das nun als eine der Ersten angehen.“

Im Stockwerk darüber betritt das Unternehmen ebenfalls Neuland: Zwei Wohngemeinschaften für Wachkomapatienten sind dort vorgesehen, die rund um die Uhr von Fachkräften betreut werden. Barrierefreie Wohnangebote mit Blick auf das brodelnde Leben seien besonders für diese schwerstbehinderten Menschen wichtig, weiß Großschädl aus ihrer Berufserfahrung im Umgang mit Wachkoma-Patienten. „In Bremen gibt es so ein Angebot aber noch nicht, das wollen wir ändern“, begründet die Prokuristin das Engagement in diesem Bereich.

Nähe zu Ärzten

Die räumliche Nähe zu Ärzten wie möglicherweise einem Neurologen, Orthopäden, Internisten, Chirurgen und Hausarzt direkt im selben Gebäude sei für die Bewohner ein zusätzlicher Gewinn an Lebensqualität, meint Martens: „Wir werden Ärzte suchen, die sich von unterschiedlichen Fachrichtungen aus mit unseren Themen beschäftigen und hoffen, dass die Mischung am Ende stimmt.“ Außerdem sollen Seminarräume, in denen das Unternehmen Schulungen zu seinen Fachthemen anbietet, das Angebot im neuen Firmensitz abrunden.

Die sehr unterschiedlichen Nutzungsarten im Gebäude, die sich gegenseitig ergänzen, betrachtet Martens in dieser Zusammensetzung als einzigartig in der Bundesrepublik.

Bereits etwa Anfang bis Mitte 2019 will er in den Neubau umziehen, derzeit laufen noch letzte Absprachen mit der Stadt, bevor der Kauf des Grundstücks abgeschlossen werden kann. Der Firmenchef ist aber heute schon überzeugt: „Wir führen dort zusammen, was es einzeln bereits gibt und erschaffen damit etwas sehr Ungewöhnliches, das auch die Versorgungslage für Menschen mit körperlichen Einschränkungen in Bremen verbessern wird.“

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