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Aktionsprogramm Das sagen Geschäftsleute zur Martinistraße

Das Aktionsprogramm auf der Martinistraße in der Bremer Innenstadt sorgt für Konflikte. Geschäftsinhaber bewerten die aktuelle Situation unterschiedlich. Der eigentliche Verkehrsversuch startet am 11. August.
06.08.2021, 18:00 Uhr
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Das sagen Geschäftsleute zur Martinistraße
Von Hannah Krug

Die einen freuen sich über den neuen Erlebnisraum Martinistraße und nutzen etwa die aufgestellten Sitzmöglichkeiten, um dort ihr Mittagessen zu verzehren. Bei manchen Geschäftsleuten führt das Aktionsprogramm Innenstadt zu Frust und Ärger, weil Kunden, die ansonsten mit dem Auto in die Innenstadt kämen, ausblieben. Seit gut zwei Wochen kann zum Beispiel das Parkhaus Pressehaus an der Langenstraße nicht mehr von der Brill-Kreuzung aus angefahren werden.

Frank Blumenstein, Geschäftsführer von Magic-Print, ist wütend. Ganz klar sei für ihn, dass mit der Sperrung Kundschaft ausbleibe. "Wir merken das auch daran, dass wir weniger Postkarten verkaufen", sagt Blumenstein, der das Textildruckgeschäft an der Kahlenstraße seit fast 30 Jahren leitet. "Erst war es Corona. Durch Lockdown und andere Einschränkungen hatten wir Umsatzeinbußen von 80 Prozent. Und jetzt auch noch die Martinistraße." Vor allem Tagestouristen, die einen wichtigen Teil seiner Kundschaft ausmachten, würden durch das Aktionsprogramm und die Sperrung abgeschreckt – auch, weil die Informationen zur Verkehrsverführung schlecht seien, sagt der Geschäftsführer. "Niemand weiß, dass die Sperrung erst ab der Pieperstraße gilt. Wenn Auswärtige nur wissen, dass die Martinistraße gesperrt ist, kommen sie nicht mehr. Weil sie annehmen, dass sie nicht ins Parkhaus kommen."

Jens Tittmann, Sprecher von Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne), widerspricht den Vorwürfen. "Touristen, die sich Bremen anschauen wollen und mit dem Auto kommen, können alle innerstädtischen Parkhäuser erreichen. Wenn ein Navi genutzt wird, bekommen sie die gesperrte Straße und entsprechende Umleitungen angezeigt." Tittmann verweist darauf, dass die Daten zur Sperrung seit Wochen bei der Verkehrsmanagementzentrale (VMZ) hinterlegt seien. Alle großen Navigationshersteller seien daran angebunden und berücksichtigten dies in den Routenberechnungen. Der Behördensprecher betont, dass es sich zunächst um ein Aktionsprogramm handele, um die Innenstadt zu beleben – bevor dann der eigentliche Verkehrsversuch starte.

Das Kaufhaus Made in Bremen mit Sitz in der Stadtwaage profitiert von dem neuen Erlebnisraum, wie Geschäftsführerin Julia Schulze-Windhoff sagt. "Wir haben Kundinnen und Kunden hinzugewonnen, die sich zum Beispiel die Surfwelle in der Martinistraße angeschaut haben und auf dem Rückweg bei uns im Laden vorbeigekommen sind." Dass Besucherinnen und Besucher, die mit dem Auto kämen, keinen Zugang mehr zur Innenstadt hätten, sei ihr nicht aufgefallen. Auch bei der Anlieferung gebe es keine Probleme, neuerdings würden Waren per Lastenrad geliefert.

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Nicht weit von Magic-Print und Made in Bremen befindet sich an der Ecke Martinistraße/Langenstraße das Café Woyton. Auch dort gibt es keinen Grund zur Klage: "Obwohl wir direkt vor Ort sind, kann ich keine negative Veränderung bei der Kundschaft feststellen", berichtet Mitarbeiterin Susanne Keller. "Im Gegenteil, mittags kommen wir kaum hinterher. Es ist gerade sehr viel los."

Inwieweit die Kundschaft in den umliegenden Restaurants und Geschäften weniger oder mehr geworden ist, lässt sich laut Behördensprecher Tittmann aktuell nicht mit Zahlen dokumentieren. Die Diskussion über das Aktionsprogramm sei zunächst vor allem von der subjektiven Wahrnehmung der einzelnen Gruppen geprägt. Und diese unterscheide sich naturgemäß. Darüber hinaus gehe es auch um die immer wiederkehrenden Systemfragen. Etwa: Wer nutzt wie die Stadt? Wie wird sie angefahren, mit Fahrrad, Auto, Bus oder Bahn?

Magic-Print-Geschäftsführer Blumenstein hat eine klare Meinung: "Das ist eine immense Geldverschwendung. Das Geld hätte man besser in die Obernstraße investieren sollen, um sie attraktiver zu machen." Die Innenstadt funktioniere für ihn nicht ohne Autofahrer. Auch Schulze- Windhoff von Made in Bremen glaubt nicht an die attraktive Kraft der Martinistraße. "Warum sollte man sich dort hinsetzen und auf Hochhäuser schauen? Das Geld kann man stattdessen besser in die Aufwertung der Schlachte oder der Obernstraße investieren", sagt sie. Grundsätzlich sei sie aber für weniger Autos in der Innenstadt und vor allem breitere Fahrradwege, damit es zum Beispiel auch ausreichend Platz für Lastenräder gebe.

Zur Sache

Verkehrsversuch beginnt ab 11. August

Am kommenden Mittwoch soll der eigentliche Verkehrsversuch mit einem Zweirichtungsverkehr beginnen. Die Martinistraße hat dann nicht mehr vier, sondern nur noch zwei Spuren. Eine erste Bilanz zum Aktionsprogramm in der Martinistraße will das Verkehrsressort Anfang der Woche ziehen. Interessierte könnten sich auf der Internetseite www.erlebnisraum-martinistrasse.de über das Kulturprogramm auf der Martinistraße informieren.

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