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Cross Fit: Christian Hasemann testet Trendsportart aus den USA, die an Zirkel- und Militärtraining erinnert Muskelkater ersetzt inneren Schweinehund

Mit Gewichten, Sprüngen und Kommandotönen wird der innere Schweinehund zum Kuschen gebracht: Im Selbstversuch hat Christian Hasemann die in Deutschland noch neue Fitnesssportart "Cross Fit" getestet – und einen gewaltigen Muskelkater bekommen. Weitere Selbst
21.03.2013, 05:00 Uhr
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Von Christian Hasemann

Mit Gewichten, Sprüngen und Kommandotönen wird der innere Schweinehund zum Kuschen gebracht: Im Selbstversuch hat Christian Hasemann die in Deutschland noch neue Fitnesssportart "Cross Fit" getestet – und einen gewaltigen Muskelkater bekommen. Weitere Selbst

versuche zu neuen Trends sind in Planung.

Peterswerder. "Ich verspreche dir, du wirst auf allen Vieren nach Hause kriechen." Das sind ja schöne Aussichten, aber auf der anderen Seite kratzt so ein Spruch auch am sportlichen Ehrgeiz. Der das Versprechen gab, war Sascha Ernst. Er leitet im Carabao im Peterswerder das "Cross Fit"-Training und sollte mich in einem Selbstversuch eine Stunde durch das Programm jagen. Und das Jagen war wörtlich zu nehmen, aber dazu später mehr.

Cross Fit ist ein neuer Fitnesstrend aus den USA, der sich inzwischen auch in Deutschland verbreitet. Im Kern ist es eine Art aufpoliertes Zirkeltraining, aber ein Zirkeltraining, das mit einigen Besonderheiten aufwarten kann. Zunächst gibt es kein festes Trainingsprogramm, vielmehr ist es so, dass jeden Tag ein neues Tagesprogramm herausgegeben wird. Für Abwechslung ist also gesorgt. Sinn des Ganzen ist, den Körper immer neuen Reizen auszusetzen und so zu einer allumfassenden Fitness zu kommen.

Ein gewisses Rocky-Gefühl

Überhaupt mutet dem Sport ein gewisses Rocky-Gefühl an. Silvester Stallone in seiner besten Zeit. Kapuzenpullover und graue fadenscheinige Jogginghose sind durchaus eine adäquate Bekleidung. Zirkeltraining – in der Schule war ich darin ganz gut. So schlimm kann es also nicht werden. Dachte ich, obwohl mir klar war, dass ich ein kleineres, eher ein größeres, wie sich zeigen sollte, Stückchen von meiner Topfitness entfernt war.

In Fitnesscentern stehen allerlei Geräte herum, deren Anblick alleine Fitness verspricht. Inwieweit allerdings mehr das Ego als die Muskeln aufgeblasen werden, sei dahingestellt. Sascha Ernst jedenfalls sieht das Maschinen-Fitness-Programm kritisch. "Eine Perversion der Eitelkeit, bei der man sich unter Umständen viel kaputt machen kann." Was also ist Cross Fit? "Sicherlich kein Bauch-Beine-Po-Kursus, bei dem man für 30 Minuten ein bisschen für das Gewissen rumzappeln will", sagt Sascha Ernst, der das Ganze in Johannesburg, Südafrika, kennengelernt hat.

Ein Männersport? Mitnichten, denn auch Kira Bausch mischt beim Cross Fit mit und war sogar eine der ersten, die bei dem neuen Angebot mitgemacht hat. Die zierliche Frau aus dem Steintor ist seit Oktober dabei, hat Spaß daran – und macht "eigentlich jedes Training" mit. Aber: "Es ist schon hart, eine Art Militärtraining." Für Kira Bausch kein Problem. "Ich trainiere gerne mit Stärkeren", sagt sie", das pusht mich mehr und meistens halte ich sehr gut mit und werde noch zu einer Extrarunde verdonnert."

Beim Cross Fit trainieren die Sportlerinnen und Sportler mit dem eigenem Körpergewicht in komplexen Übungen, zum Beispiel bei Klimmzügen in allen Variationen, sie klettern Seile hinauf, trainieren aber auch mit Gewichten, wie Langhanteln und so genannten Kettlebells. Die sehen aus wie Kanonenkugeln, an denen ein Griff angebracht ist.

"Das Training fördert keine Dysbalancen im Körper, wie es bei einseitigem Training an Maschinen passieren kann", sagt Sascha Ernst, Profikämpfer in Mixed Martial Arts. Muskeln und Gelenke passten sich proportional der Belastung an.

Mein Trainingsprogramm – ein leichtes Einsteigerprogramm, wie Sascha Ernst mir sagte – kam fast ohne Gewichte aus. Box Jumps sollte die erste Übung sein. Das sah einfach aus: Vor einer Box stehen, rauf springen strecken, runter. Zehnmal wiederholen.

Wettkampfcharakter

Zehn Sprünge rauf und runter später atmete ich schon etwas tiefer, aber alles kein Problem. Danach 15-mal Kniebeugen mit Kurzhanteln, strecken und die Gewichte über den Kopf bringen. Uff, jetzt wurde es langsam anstrengend. Okay, 15-mal tief geatmet und gestreckt. In den Armen zog es ein wenig. Und dann 20 Kniebeugen, bei denen ich in der Hocke mit meinem Po bis hinunter zu meinen Hacken gehen und mich dann "explosionsartig" strecken sollte. Ganz so "explosionsartig" war es dann nicht, aber geschafft habe ich es. Ein wenig stolz war ich schon, als ich diese Runde so fast ohne Mühen hinter mich gebracht hatte.

Doch – oh weh – nun war natürlich nicht schon Schluss. Nein, 30 Minuten lang sollte ich diese Übungen so oft und so schnell wie möglich wiederholen. Das ist nämlich der gewollte Wettkampfcharakter, der jedem "Cross Fit"-Training innewohnt.

Na gut, dann eben auf die harte Tour. Rocky-Style. Die zweite Runde verlief für mich noch recht zügig. Ab der dritten Runde wurde aus dem "explosionsartigen" Strecken ein eher geriatrisches Hochmühen. Die Gewichte über den Kopf zu stemmen, erforderte ein knallrotes Gesicht, viel Gestöhne und Prusten und der vielleicht 40 Zentimeter hohe Kasten erwies sich schon bald als unüberwindbare Chinesische Mauer.

Mein männlicher Ehrgeiz wurde allerdings um so mehr angestachelt, als sich die geübte Kira anscheinend mühelos durch das Programm arbeitete, während ich schon am Hecheln und am Keuchen war.

Cross Fit wäre nicht Cross Fit, wenn die Trainierenden nicht zu Höchstleistungen angespornt würden. So auch von Sascha Ernst. Einige würden sagen, in militärischem Ton, andere sprächen vielleicht eher von enthusiastischen Aufforderungen: Er forderte uns auf, noch mehr zu machen, trieb uns durch die Übungen, aber immer drauf bedacht, dass wir sie technisch korrekt ausführen. Tatsächlich blieb ich dabei und biss die Zähne zusammen.

Wenn der Trainingseffekt proportional zu den Qualen ist, dann wäre es tatsächlich eine äußerst effektive Sportart. Aber wie heißt es so treffend: Am schönsten ist es, wenn der Schmerz nachlässt. Die richtigen Qualen kamen allerdings erst einen Tag später, als ich auf dem Weg in meine Wohnung versuchte, die Treppe hoch zu kommen. Da bewahrheiteten sich Sascha Ernsts Worte: Auf allen Vieren kroch ich die Treppe hoch. Der Muskelkater in den Beinen ließ nicht mehr zu.

Mehr über Cross Fit im Studio Carabao, Arberger Straße 1-3, unter Telefon 4688837 und auf www.carabao-bremen.de.

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