Es war heiß in der Bürgerschaft, so wie überall in der Stadt während der zu Ende gehenden Woche. Die erhöhte Betriebstemperatur im Plenarsaal ließ sich auch an der Garderobe der meisten Abgeordneten ablesen – die meisten männlichen Volksvertreter hatten Sakko und Krawatte abgelegt. So weit, so akzeptabel für Parlamentspräsident Christian Weber (SPD), für den sich die Würde des Hohen Hauses auch durch angemessene Kleidung manifestiert.
Einige optische Ausreißer haben Weber nun allerdings bewogen, das Erscheinungsbild der Abgeordneten in der nächsten Sitzung des Bürgerschaftsvorstandes zur Sprache zu bringen. So erschien etwa Linken-Politiker Peter Erlanson in kurzer Hose und Flip-Flops, gerade so, als käme er zum Jahreskongress der Campingplatzpächter.
Wargalla twittert Foto von nackten Füßen
Kai Wargalla (Grüne) betrat den Plenarsaal barfuß. Für die Nachwelt hat die Abgeordnete der Stadtbürgerschaft diesen Verstoß gegen die Etikette im Kurznachrichtendienst Twitter dokumentiert. "Ich kann berichten, dass der Teppich dort außerordentlich barfußfreundlich ist. #flausch #bbhue", teilte die frühere Landesvorsitzende der Grünen ihren Followern mit. Die Bürgerschaftsverwaltung twitterte spitz zurück: "Planen Sie heute noch vergleichbare Tests mit Ihrem Sessel? Bei Unsicherheiten konsultieren Sie die Hausordnung." Kai Wargalla empfand das offenbar als Aufforderung. Sie machte es sich mit ihren Füßen auf dem Abgeordnetenstuhl bequem und vermeldete, wieder via Twitter: "Sessel geht so ... Abzüge gibt's für den eher rauen Bezug. Hausord-was?!"
Wer Christian Weber ein wenig kennt, der weiß, dass ihm diese Art Persönlichkeitsentfaltung ein Graus ist. "So geht das nicht", sagt der Bürgerschaftspräsident. Diverse Abgeordnete anderer Parteien seien auf ihn zugekommen, um ihr Missfallen über den Kleidungsstil – und das Fehlen ganzer Kleidungsbestandteile – einzelner Parlamentskollegen zum Ausdruck zu bringen. Er will sich nun von den Fraktionsspitzen ein Mandat dafür erbitten, eine Kleiderordnung für die Bürgerschaft zu entwerfen.
Der Bundestag und einzelne Länderparlamente kennen ein solches Reglement bereits. In der Hausordnung der Bürgerschaft heißt es derzeit nur allgemein: "Die Würde des Hauses ist zu achten." Dieser Paragraf richtet sich eigentlich an die Besucher des Hohen Hauses, nicht an die Abgeordneten. Bei ihnen geht man davon aus, dass es eines solchen Appells nicht bedarf. Kai Wargalla ist sich jedenfalls keines Fehlverhaltens bewusst. Für sie steht fest: "Die Würde des Parlaments kommt nicht durch das Schuhwerk der Abgeordneten zum Ausdruck."