Drei lange Jahre hat es gedauert. Aber seit diesem Sommer steht er nun endlich, der Treff an der Ecke Debstedter Straße/Stapelfeldtstraße - Streetworker Jonas Pot d'Or fühlt sich angekommen, nachdem ähnliche Projekte in der Vergangenheit scheiterten.
Streetworker Jonas Pot d’Or ist hoch zufrieden, wie er kürzlich dem Fachausschuss „Inneres, Soziales, Gesundheit und Senioren“ des Gröpelinger Beirats schilderte: „Es kommt regelmäßig eine Gruppe von etwa 15 Leuten, und insgesamt nutzen den Unterstand bisher 30 bis 40 Leute. Das ist schon eine gute Quote, und ich hoffe, dass es in der nächsten Saison noch mehr wird.“
Auch wenn der neue Treffpunkt gleich neben Friedhof, Straßenbahndepot und Hafenrandstraße schon allein wegen des Verkehrslärms ringsum auf den ersten Blick alles andere als einladend oder gar gemütlich wirkt – insbesondere eines ist perfekt: Es gibt keine Anwohner und auch sonst niemanden, der sich von denen gestört fühlen könnte, die sich hier nun täglich treffen. Langzeitarbeitslose, Alkoholkranke und Einsame verbringen hier gemeinsam die Stunden, bis es mittags Zeit ist, wieder nach Hause zu gehen.
Bevor es den neuen Unterstand gab, waren manche von ihnen regelmäßig beim Rewe-Supermarkt, am Straßenbahndepot oder auch im Grünzug anzutreffen. „Wo sollen wir denn hin? Wir sind nun einmal alkoholkrank. Es macht uns auch keinen Spaß, an der Bushaltestelle zu sitzen, wo dich die Leute anstarren“, erzählen die Menschen, die nun mit dem drei mal sechs Meter großen hölzernen Unterstand endlich einen Ort haben, an dem sie – und auch ihre Hunde – einfach so sein können.
"Gut für Gröpelingen"
„So wenig wir den Leuten Perspektiven geben können – das hier ist etwas“, sagt denn auch der Streetworker: „Es ist ein sozialer Ort, wo dich jemand mit deinem Namen anspricht. Und wo dir überhaupt jemand antwortet, wenn du etwas sagst. Es ist mir eine Freude, dass es den Platz jetzt gibt. Für Gröpelingen ist das gut. Wie viel Rückhalt gibt es hier denn sonst?“
Das Projekt, das unter anderem vom Gröpelinger Beirat und der evangelischen Kirche mit unterstützt wurde, zeige seinen Leuten, dass sie nicht allen egal seien, so Pot d’Or: „Hier haben sie ihre Ruhe, fühlen sich willkommen und pflegen den Treff auch wie ihren Platz.“ Mehrmals pro Woche werde zum Beispiel gemeinsam der Müll aufgesammelt und zur Entsorgung Nord (ENO) gebracht. Bald soll es hoffentlich auch einen Mülleimer geben – derzeit behilft sich der Streetworker noch mit aufhängten Plastiktüten.
Mit der Zeit wird das Ganze weiter wachsen, ist Pot d’Or überzeugt. So will er unter anderem mit Pflanzen das Areal schöner gestalten, eine Sitzgelegenheit im Freien schaffen und auch eine Regenrinne muss noch gebaut werden. Da es im Unterstand an kälteren Tagen ganz schön zugig ist, wünschen sich die Besucher des Szenetreffs außerdem auch eine Verkleidung mit Plastikplane. Um all das finanzieren zu können, ist Pot d’Or praktisch ständig auf der Suche nach Sponsoren. Gerade hat er aus dem Globalmittel-Topf vom Gröpelinger Beirat 500 Euro bekommen, über die der Streetworker sich sehr freut: „Das sind fünf Monate Dixi-Klo!“
Denn es ist zwar für eine Toilette am Unterstand gesorgt, die etwas abseits aufgestellt und so gesichert wurde, dass sie garantiert nicht umgeworfen werden kann. Für die Leerung des gemieteten mobilen WCs fallen aber auch jeden Monat Kosten an. „Das wird ein Dauerproblem bleiben – aber das ist wichtig“, sagt Pot d’Or, der hofft, die Toilette langfristig über einen Sponsor absichern zu können.
Endlich angekommen
Im Jahr 1999 hatte er schon einmal einen Unterstand in Gröpelingen eingerichtet, an der Philippuskirche im Grünzug West. Doch der Treffpunkt und die Nachbarschaft – das vertrug sich auf Dauer nicht, sodass der Bau nach massiven Protesten der Anwohner schon kurz nach seiner Errichtung wieder abgerissen wurde. Ihm selbst erleichtere der neue Unterstand an der Stapelfeldtstraße nun auch seine tägliche Arbeit, sagt Jonas Pot d’Or, der regelmäßig mit seinem Beratungsbus vom „Café Papagei“ in der Bahnhofsvorstadt nach Gröpelingen kommt: „Ich fühle mich hier jetzt richtig zu Hause. Sonst musste ich meine Leute ja immer erst umständlich suchen.“
Überhaupt seien die letzten zwei Jahre für ihn eine gute Zeit gewesen, sagt der Streetworker. Denn im August 2015 war seine Stelle endlich entfristet worden – nach 18 Jahren, in denen die Innere Mission jedes Jahr einen neuen Antrag für einen städtischen Zuschuss stellen musste. Im Oktober 2014 hatte Bertold Reetz, Bereichsleiter der Wohnungslosenhilfe, deutlich gemacht, dass die Innere Mission den Treff an der Stapelfeldtstraße ausschließlich in Verbindung mit Pot d’Ors Streetworker-Stelle für realisierbar halte