Teile der Nordmole in Bremerhaven sind in der Nacht zu Donnerstag abgesackt. Seitdem ist die Geeste-Einfahrt für den Fähr- und Schiffsverkehr gesperrt. Und nicht nur das: Der Leuchtturm, der auf der Spitze der Nordmole steht, droht umzustürzen. Das Seezeichen wurde 1914 in Betrieb genommen und steht seit 2001 unter Denkmalschutz. Es ist ein Wahrzeichen, das Bremerhaven so verlieren würde.
Entsprechend entsetzt reagiert die Politik in Bremerhaven auf das Absacken der Nordmole. "Wenn man zynisch sein wollte, könnte man sagen, das war ein Desaster mit Ansage", sagt Bremerhavens Bürgermeister Melf Grantz (SPD). So galt die Mole schon lang als baufällig. 2018 wurden Planungsmittel für die Sanierung des Bauwerks vom Senat bewilligt. Ein Ersatzbau wurde für 2025 angestrebt, der Moleturm sollte versetzt werden. Das scheint nun nicht mehr möglich.
Bereits 2012 wurde die Notwendigkeit der Sanierung durch den Senat in einer Vorlage für den Häfenausschuss der Bremischen Bürgerschaft erklärt. Dass seitdem zehn Jahre vergangen sind, ist für Grantz nicht nachzuvollziehen. "Ich habe seit Jahren die Verantwortlichen im Senat und bei Bremenports dringlich auf die Notwendigkeit der Sanierung der Nordmole hingewiesen, aber leider ist nichts Sichtbares passiert. Was nun geschehen ist, schadet der Stadt Bremerhaven."
In Bremerhaven hat die Nordmole eine besondere Bedeutung als Seezeichen. Sie ist Bestandteil der historischen Ufereinfassung der Einfahrt zur Dockschleuse in den Alten Hafen. "Darüber hinaus hatten viele
Bremerhavener Bürgerinnen und Bürger eine regelrechte emotionale Beziehung zur Nordmole, die von vielen Menschen genutzt wurde, um sich dort ein wenig Seewind um die Nase wehen zu lassen", sagt der Oberbürgermeister. "Dass dieses Bauwerk nun zusammenbricht, tut richtig weh."
Auch die Grünen in Bremerhaven zeigen sich entsetzt. "Nachdem die Südkaje wegen Kollision gesperrt ist und die Liebesinsel und die Kaje an der Weserfähre unterspült sind, trägt nun auch die eingesackte Nordmole zur weiteren Verunsicherung und Destabilisierung des Schiffsverkehrs bei", sagte Christian Neuhäuser, Sprecher des Kreisvorstandes.
Nach der "Seute Deern" zweiter herber Schlag
"Nach dem Verlust der "Seute Deern" ist dies nun schon der zweite herbe Schlag für Bremerhavens Wahrzeichen", erklärte Claudius Kaminiarz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen. Das historische Segelschiff sank 2019 im Alten Hafen. Den angestrebten Nachbau eines Frachtseglers aus Stahl lehnt der Bundesrechnungshof ab. Ob das Absacken der Nordmole durch eine schnellere Sanierung hätte verhindert werden können, müsse laut Kaminiarz nun geprüft werden.
Auch die FDP-Fraktion in Bremen hat auf das Absacken der Nordmole reagiert. "Die Einfahrt zum Fischereihafen und der Geeste mit dem Fähranleger hätte besser gesichert werden müssen", erklärte Hauke Hilz. Das Absacken der Mole sei "sehenden Auges" in Kauf genommen worden. Es sei nicht hinnehmbar, dass so der gesamte Fischereihafen nicht zugänglich ist. "Nach dem Einbruch der Drehbrücke hat der Senat das zweite Mal marode Hafeninfrastruktur nicht so abgesichert, dass die Funktionsfähigkeit der Häfen vollumfänglich gewährleistet bleibt."
Die Nordmole befindet sich im Eigentum des Landes Bremen und liegt im Zuständigkeitsbereich des Sondervermögens Fischereihafen. Der Turm selbst ist ein aktives Leuchtfeuer und steht derzeit im Eigentum des Bundes, vertreten über dessen Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung.