Kaum war die neue Toilettenanlage am Werdersee unweit des Deichschart-Kiosks in Huckelriede eröffnet, war sie auch schon beschmiert. Kein Einzelfall, noch stärker traf es zuletzt die Toiletten auf dem Waller sowie dem Osterholzer Friedhof – sie mussten nach massiven Zerstörungen teilweise über Wochen vollständig geschlossen werden. "In Walle hatten wir kurzzeitig überlegt, die Toiletten wegen ständig wiederholter Sachbeschädigung gar nicht mehr zu öffnen", sagt Kerstin Doty, Sprecherin des für die Friedhöfe zuständigen Umweltbetriebs. Die Toiletten sind zwar wieder repariert, inzwischen aber nur noch geöffnet, wenn auch der Friedhof offiziell zugänglich ist.
"Wir haben erhebliche Probleme mit dem Betrieb öffentlicher Toiletten wegen Vandalismus und Verunreinigung", fasste es jüngst Bettina Hohmann von der Bremer Stadtreinigung (DBS) im Sozialausschuss des Neustädter Beirats zusammen, als dort über den Ausbau-Stand der stillen Örtchen im Stadtteil beraten wurde. "Ein kleiner Prozentsatz der Nutzer geht so fürchterlich mit den Anlagen um, dass wir zum Teil schon einen Wachdienst davor stellen müssen, um sie betreiben zu können", sagte Hohmann. Das gilt etwa für den Toilettencontainer auf dem Hanseatenhof. Er wurde im vorigen Jahr eingerichtet, musste aber immer wieder wegen Vandalismus zeitweise geschlossen werden. Aufgestellt wurde er nur, um die Folgen des ersten wochenlangen Lockdowns abzufangen, der sich erheblich auf die Versorgung mit öffentlichen Toiletten ausgewirkt hat.
Denn seit 2006 setzt die Stadt Bremen weitgehend auf das System der "Netten Toilette". Dabei stellen Gastronomen oder der Einzelhandel ihre Kundentoiletten unentgeltlich zur Verfügung. Im Gegenzug erhalten sie je nach Ausstattung, Öffnungszeiten, Frequentierung und sonstigem öffentlichen Nutzen eine Aufwandsentschädigung zwischen 50 bis 150 Euro pro Monat, um zum Beispiel zusätzliche Reinigungen zu bezahlen. Rund 106.000 Euro pro Jahr gehen dafür jährlich an die aktuell 92 Betriebe, die ihre stillen Örtchen auch für Nicht-Kunden öffnen. So viel kostet jährlich laut Stadtreinigung allein der Toilettencontainer im Hanseatenhof. Die neue Toilettenanlage am Werdersee schlägt mit rund 45.000 Euro jährlichen Kosten zu Buche. Aus Sicht der Kommune rechnet sich die "Nette Toilette" daher, zumal Bremen nach und nach über 20 vorhandene öffentliche Toiletten geschlossen hat.
Keine netten Toiletten in Bremerhaven und Oldenburg
Das Konzept wurde ursprünglich im baden-württembergischen Aalen erfunden und dann bundesweit vermarktet. Es gibt einheitlich gestaltete Aufkleber für die teilnehmenden Betriebe sowie eine kostenlose App, die dem Nutzer den Weg zur nächsten "Netten Toilette" weist. Die Kommunen – in Bremen die Stadtreinigung – halten die entsprechenden Adressen aktuell. "Nette Toiletten" gibt es beispielsweise auch in Osterholz-Scharmbeck, Verden, Wilhelmshaven und Cloppenburg, nicht aber in Bremerhaven und Oldenburg.
Im Lockdown allerdings blieb der Einzelhandel lange geschlossen, die Gastronomie musste die Türen zum Teil noch länger zulassen. Damit brach das System der "Netten Toilette" zusammen. Und auch aktuell gibt es Einschränkungen, weil teilnehmende Gastronomen wegen der 2G-plus-Regel ihre Öffnungszeiten reduziert haben. Das gilt etwa für die "Netten Toiletten" im John Benton direkt am Markt oder unweit der Böttcherstraße auch für das Lokal Schüttinger. Unterschiedlich auch die Handhabung, ob man Passanten ohne Impfnachweis durch den Betrieb zur Toilette gehen lässt. Im Ratskeller wird das beispielsweise ermöglicht, "weil es keine Gäste sind, die sich hinsetzen", wie es auf Anfrage heißt. Ein Stückchen weiter in der Markthalle Acht wird der 2G-plus-Status dagegen sogar montags kontrolliert, wenn das gastronomische Angebot pausiert, die dortigen öffentlichen Toiletten aber gegen Gebühr zugänglich sind.
Die Stadtreinigung verweist auf zusätzliche aufgestellte Anlagen am Osterdeich sowie am Hauptbahnhof. Aktuell prüfe man trotz aller Vandalismus-Probleme weitere Standorte für Toilettencontainer, was sich aber schwierig gestalte. "Alle möchten mehr öffentliche Toiletten, aber die soll sich nicht vor dem eigenen Laden oder in Sichtweite der eigenen Wohnung befinden", sagt Torsten Kapp von der Stadtreinigung.
Das demonstriert auch die Brepark, die in einigen ihrer Parkhäuser rund um die Innenstadt gegen Gebühr Toiletten anbietet, aber tunlichst vermeiden will, dass diese als öffentliche Toiletten deklariert oder beworben werden. "Das sind ausschließlich Kundentoiletten", betont Geschäftsführerin Erika Becker. Dass dennoch auch Menschen diese stillen Örtchen nutzen, die in diesem Moment nicht dort geparkt haben, sei zwar nicht auszuschließen, aber solle auch nicht forciert werden. Entsprechend dezent sind die Toiletten dann auch ausgeschildert.