Welchen Preis hat der öffentliche Raum? Wie teuer sollte das Parken sein? Diese und weitere Aspekte waren Teil der lebhaften Diskussion beim WK-Talk zum aufgesetzten Parken am Dienstagabend im WK-Café Neo in der Langenstraße. Redakteur Marc Hagedorn sprach mit Hubertus Baumeister, einem Anwohner, der erfolgreich durch mehrere Instanzen gegen das aufgesetzte Parken in Bremen geklagt hatte, mit Tanja Dogan, Geschäftsfrau aus der Wachmannstraße, Gunnar Polzin, Abteilungsleiter im Verkehrsressort sowie Carsten-Wilm Müller, Verkehrsexperte an der Hochschule Bremen.
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Müller machte direkt zu Beginn deutlich, dass Bremen nicht allein sei mit dem Parkraumproblem. "Wir sind nicht Tokio, wo ich erst einen Stellplatz nachweisen muss, bevor ich ein Auto kaufen darf." Beim Thema Parken gehe es um Verantwortung: "Wer etwas hat, muss sich darum kümmern." Mit den Autos sei es wie mit Mülleimern, verglich er, "die stehen auch draußen".

Verkehrsexperte Carsten-Wilm Müller fordert, dass Autofahrer Verantwortung für ihre Fahrzeuge übernehmen.
Friseursalon-Betreiberin Tanja Dogan legte dar, dass das Parken in der Wachmannstraße in Schwachhausen schon heute schwierig sei und die Kunden schon jetzt teilweise mit Verspätung und gehetzt zum Termin erschienen. Sie befürchtet, dass ihre Mitarbeiter, die aus Bremen und dem Umland kommen, bei steigendem Parkdruck ihre Arbeitstelle künftig nicht mehr attraktiv genug finden könnten.

Unternehmerin Tanja Dogan befürchtet zunehmende Auswirkungen für ihr Geschäft.
Gunnar Polzin machte deutlich, dass seine Behörde rechtlich keine andere Wahl habe als gegen illegales Parken vorzugehen. Etwa 30 Prozent der Stellflächen könnten in Zukunft wegfallen, sagte Polzin. Wobei etliche der Plätze genau genommen keine legalen Parkplätze sind. Diesen Aspekt nutzte ein Anwohner aus dem Publikum, der sich darüber beschwerte, dass das illegale Parken behördlicherseits jahrzehntelang geduldet worden sei, nun aber beendet werde, ohne eine Lösung zu bieten. Polzin gab ihm in Bezug auf die Tolerierung recht, betonte aber mehrfach: "Wir wollen den maximalen Parkraum behalten." Das Vorgehen im Rahmen des Vier-Stufen-Plans geschehe in Abstimmung mit den Beiräten.

Gunnar Polzin, Abteilungsleiter Verkehr, möchte möglichst viele Parkplätze erhalten.
Hubertus Baumeister, von Beruf Jurist und einer von vier Klägern gegen das aufgesetzte Parken, legte dar, wie es vor Jahren zur Klage gekommen war: In der Elternzeit hatte Baumeister bemerkt, dass man in manchen Bereichen weder mit dem Kinderwagen noch mit einem Kinderfahrrad über den Bürgersteig fahren kann. Nachdem er beim Senator für Inneres mit dem Thema auf Granit biss, klagte er. Sieben Jahre, drei Instanzen dauerte es, ehe das Bundesverwaltungsgericht ihm und den Mitklägern recht gab.

Anwohner Hubertus Baumeister hatte gegen das aufgesetzte Parken geklagt.
Können Quartiersgaragen eine Lösung für Parkprobleme sein? Verkehrsexperte Müller machte deutlich, dass ein Platz zwischen 15.000 und 75.000 Euro koste. Laut Polzin koste das Anwohnerparken aktuell 75 Euro im Jahr, für den Platz in einer Quartiersgarage würden jedoch 75 Euro im Monat fällig. Bislang gebe es erst einen Pilotstandort am Südbad, sagte Polzin, weitere Standorte seien nicht in Sicht.
Mit den Supermarktbetreibern Rewe und Lidl sei man im Austausch über eine Parkplatznutzung, sagte Polzin. Doch Müller warnte vor zu hohen Erwartungen. Autos müssten auch an Samstagen abgestellt werden, eine Hochzeit bei Supermärkten. Müller sprach sich für eine stärkere Bepreisung der öffentlichen Flächen aus. Unter den etwa 50 Gästen der Veranstaltung waren auch Anwohner aus der Gabriel-Seidl-Straße und der Andreestraße, wo es bereits Maßnahmen gegen das aufgesetzte Parken gibt. "Die Stimmung ist extrem, so etwas habe ich noch nie erlebt", gab ein ehemaliger Bewohner der Andreestraße das Stimmungsbild in der Nachbarschaft wider.

Moderator Marc Hagedorn: ”Es ist ein dickes Brett, das zu bohren ist.”
"Es ist ein dickes Brett, das zu bohren ist", fasste Moderator Hagedorn nach der Podiumsdiskussion, in die am Ende auch das Publikum einbezogen wurde, die Situation zusammen, "für das wir viele Werkzeuge brauchen." Neben Vorschlägen wie Quartiersgaragen, einer Doppelnutzung von Supermarktparkplätzen oder auch der Bepreisung des Straßenraums stehe auch die Frage: Brauche ich das Auto überhaupt noch?
In Zukunft soll sich der Weser-Kurier-Talk alle vier bis sechs Wochen relevanten Bremer Themen widmen, die eine Bühne verdienen und über die es sich zu diskutieren lohnt.