Vor einigen Tagen konnte man in der Gabriel-Seidl-Straße im vorderen Schwachhausen noch überall parken. In den vergangenen Tagen wurden Parkverbotsschilder und Fahrradbügel aufgestellt. Betroffen von neuen Parkverboten sind auch die Stadtteile Mitte, Östliche Vorstadt, Findorff, Walle und Neustadt. Die Maßnahmen sind weitere Schritte eines Vier-Stufen-Plans, mit dem das Mobilitätsressort zunächst Rettungswege sicherstellen, langfristig aber auch den Parkraum neu ordnen will. Umgesetzt wird der Plan vom Amt für Straßen und Verkehr (ASV).
Auf welchem Stand ist Bremen beim Thema Rettungssicherheit?
"Die Umsetzung der Stufe 1 ist in den Stadtteilen Mitte und Östliche Vorstadt sowie Findorff bereits abgeschlossen", sagt Yannoh Mügge, Sprecher des Mobilitätsressorts. In Walle, der Neustadt und Schwachhausen sollen die Maßnahmen nach Angaben des beauftragten ASV Ende dieser Woche abgeschlossen sein.
Wurden die Anwohner im Vorfeld informiert?
Laut ASV wurden Anfang Juni alle betroffenen Anwohner mit einem Schreiben im Briefkasten vorab informiert. Allerdings habe die Baufirma vereinzelt mit der Umsetzung der Baumaßnahmen begonnen, bevor die Postwurfsendung überall verteilt war, sagt Andrea Voth, Referentin für Kommunikation beim ASV. "Die Maßnahme zur Erhöhung der Rettungssicherheit ist in Ordnung, aber sie wurde nicht gut kommuniziert", meint Ralph Saxe, Anwohner, Sprecher für Verkehr der Bremer Bürgerschaftsfraktion der Grünen und Mitglied der Standortgemeinschaft "Die Wachmannstraße". Das ASV weist darauf hin, dass solche Wurfsendungen gelegentlich auch übersehen oder als Werbung eingeschätzt würden.

In der Gabriel-Seidl-Straße wurden in den Einmündungsbereichen zur Wachmann- und Georg-Gröning-Straße Fahrradbügel montiert, die Freiflächen für die Feuerwehr schaffen sollen.
Wie sieht der weitere Zeitplan aus?
In Stufe 2 werden die Parkregeln zugunsten der Rettungssicherheit in den anderen Stadtteilen verschärft. Stufe 3 und 4 widmen sich dem Thema Barrierefreiheit. "Die Arbeiten an Stufe 2 laufen bereits – allerdings überwiegend im Hintergrund und noch ohne eine festgelegte Reihenfolge für die konkrete Umsetzung", teilt Mügge mit. Gemeinsam mit dem Innenressort prüfe das Verkehrsressort derzeit eine Vielzahl von nachgemeldeten Straßen. Diese Meldungen stammten vom Innenressort, der Feuerwehr, Bürgern sowie den Ortsämtern. Danach werde ein Plan erstellt, der Reihenfolge und zeitlichen Ablauf der Maßnahmen festlege. Ursprünglich sollte Stufe 1 bis Mitte des Jahres, Stufe 2 bis Ende 2025 abgeschlossen sein. Parallel dazu werde Stufe 3 vorbereitet und geplant.
Werden die Anwohner an den Entscheidungen beteiligt?
Das sei in Stufe 1 und 2 nicht vorgesehen, sagt Yannoh Mügge, "weil Rettungssicherheit nicht verhandelbar ist". Ab Stufe 3 plane das Bauressort Veranstaltungen zur Information der Bürger. "Darüber hinaus gibt es ab August ein Informationsangebot, das die Themen umfassend bündeln wird. Beiräte wurden und werden selbstverständlich auch mit einbezogen", sagt Mügge. Letzteres steht zumindest in der Neustadt noch aus.

Als in der Dietrich-Schäfer-Straße noch Autos parkten, nutzte die Müllabfuhr zum Durchfahren oft ein kleines Stück der mittigen Grünfläche.
Wo wehren sich die Anwohner gegen die Parkregeln?
Am aktivsten ist der Protest derzeit in Schwachhausen. Ein Beispiel: Seit Pfingsten gilt im Wendehammer der dortigen Dietrich-Schäfer-Straße ein absolutes Halteverbot, sagt Anwohner Benjamin Brügelmann. Die Straße im Gete-Viertel besteht aus einer Wendeschleife. Es sei nicht aufgesetzt geparkt worden. "Rettungssicherheit ist sehr wichtig, jedoch bietet unsere Straße mit der innen liegenden Grünfläche in Notfällen viel mehr Raum und Fläche als andere, nur einseitig befahrbare Wohnstraßen", so Brügelmann. In einem offenen Brief an die Baubehörde, das ASV, das Ordnungsamt und die Feuerwehr bittet die Anwohnergemeinschaft um einen Ortstermin. Brügelmann hat einen Alternativvorschlag: Ein Abschnitt der Kirchbachstraße, von der die Dietrich-Schäfer-Straße abgeht, sei zum Parken geeignet, da dort ohnehin Tempo 30 vorgeschrieben sei.
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Brügelmann zufolge unterstützen auch seine Nachbarn eine anonyme Petition an die Bremische Bürgerschaft des "Bündnis Schwachhausen", die knapp 250-mal unterzeichnet wurde. Zuvor hatte das Bündnis mit einer Petition auf change.org fast 1000 Unterstützer gefunden. Die Petitionsgeber finden viele der Maßnahmen unverhältnismäßig und appellieren an die Behörden, ihren Ermessensspielraum zu nutzen. Sie fordern unter anderem die "Entwicklung eines stadtweiten Umsetzungskonzepts unter aktiver Beteiligung von Beiräten, Verkehrsverbänden und Bürgerinitiativen".
Wie berichtet, hatte auch die Initiative "Sichere Andreestraße" in Findorff frühzeitig die Öffentlichkeit gesucht. Sprecherin Valérie Strauß zufolge bleiben nach den neuen Parkregeln für 26 Autos der Anwohner noch 15 Parkplätze. Anfang Juni hat die Initiative einen Brief an Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD) geschickt. Darin verweist sie ebenfalls auf den Ermessensspielraum und die "Gesamtwürdigung der jeweiligen Umstände", wie es im Bundesratsbeschluss zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts heißt.
Wie bewerten die Befürworter die Lage?
Nach einer Anwohnerklage steht die Stadt unter dem Druck, den Parkraum neu zu ordnen. Vor gut einem Jahr hatten fünf Anwohner aus dem Viertel, der Neustadt und Findorff mit ihrer Klage gegen unrechtmäßiges Gehwegparken vor dem Bundesverwaltungsgericht recht bekommen. Darunter Wolfgang Köhler-Naumann vom Forum Verkehrswende Neustadt. Schon 2021 habe Bremen einen Vier-Punkte-Plan erstellt, der nie umgesetzt worden sei. Der heutige Vier-Stufen-Plan sei nah dran an diesem Konzept, auch wenn die Rettungssicherheit und nicht das Gehwegparken im Fokus stehe. "Ich werte es trotzdem als kleines positives Zeichen", sagt Köhler-Naumann. Er habe Verständnis für Anwohner, die ihre Autos als Berufspendler brauchen, kritisiert aber: "Viele Leute verteidigen die Nutzung ihres Autos mit Klauen und Zähnen." Köhler-Naumann zufolge müsste die Politik entschlossener handeln, klar sagen, was sie vorhat und Zeitpläne verbindlich einhalten. Auch der Verein "Die Wachmannstraße" befürwortet die Behördenpläne zur Neuordnung des Parkens.