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Drei Testlokale eröffnet Bremen lernt das Wählen neu

Bremen. Seit Freitag sind drei Test-Wahllokale geöffnet, in denen alle Fragen rund um das Wahlverfahren beantwortet werden, das in Bremen erstmals angewendet wird. Mancher verlässt die Übungs-Wahlkabine mit einem Aha-Erlebnis.
05.02.2011, 05:00 Uhr
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Von Bernd Schneider

Bremen. Seit Freitag sind drei Test-Wahllokale geöffnet, in denen alle Fragen rund um das Wahlverfahren beantwortet werden, das in Bremen erstmals angewendet wird. Mancher verlässt die Übungs-Wahlkabine mit einem Aha-Erlebnis.

"Es ist die Bedienungsanleitung für die Wahl, die man hier bekommt", sagt Jens Klaß im Test-Wahllokal in der Stadtbibliothek. "Das ist nicht so schwierig für einen, der bis fünf zählen kann." Und: "Wenn man seinen Kopf nicht wegschmeißt, müsste man das eigentlich hinbekommen."

Ein dicker Packen von Stimmzetteln liegt hier aus, Format: DIN A4; quer über der ersten Seite prangt das Wort: "Muster". Derzeit sind es nur die fiktiven Parteien A, B, C, D und E, die zur Wahl stehen - ebenso fiktiv wie die Kandidaten: Dr. Augustin Seitz-Lustig, Veterinär aus Walle, oder Albert Braun, Tontechniker, Schwachhausen.

"Eine vollständige Liste mit den wirklichen Kandidaten existiert noch nicht", erklärt Hans-Günther Heuss im Test-Wahllokal des Wahlamtes, das im ehemaligen Postamt 5 am Hauptbahnhof untergebracht ist. "Die wird erst im April abgeschlossen." Bis dahin seien noch Änderungen möglich.

Dann aber, so ist auch im Lokal in der Stadtbibliothek zu erfahren, werden die Hefte allen Bremern ins Haus geschickt - zur Vorbereitung, aber immer noch als Muster. Die eigentlichen Wahlhefte gibt es erst am 22. Mai an der Wahlkabine. "Ach, das wusste ich ja gar nicht", sagt Werner Meyerdierks: "Wenn ich mir das vorher zu Hause in Ruhe angucken kann, dann komm ich auch damit zurecht. Das finde ich gut."

Eine Wahl, fünf Stimmen - das neue Wahlrecht, durchgesetzt per Volksentscheid, wirkt auf den ersten Blick komplizierter als es auf den zweiten ist. Die entscheidende Erklärung steht in einem Informationsheft, das in den Schnupperwahllokalen ausliegt: "Sie können Ihre fünf Stimmen auf mehrere Parteien und/oder Personen verteilen. Dabei ist es egal, auf welcher Liste (Partei oder Wählervereinigung; Anm. der Red.) die Personen kandidieren. Jede Kombination ist zulässig."

Fünf Stimmen, fünf Kreuze - ganz einfach, findet auch Wolfram Lohße, der in der Stadtbücherei über die Wahl informiert. "Aber wenn Sie ein Kreuz mehr machen, ist Ihre Stimme komplett ungültig." Es wird also nicht etwa das letzte Kreuz gestrichen. "Ach so" - diese Worte fallen an dieser Stelle öfter mal.

Zwölf Seiten hat das Demonstrations-Wahlheft derzeit, am Ende werden wohl noch ein paar hinzukommen. Seiten voll mit Namen, Berufsbezeichnungen, Geburtsjahren. Trotzdem ist das wahlentscheidende Papier nicht unübersichtlich geworden, die Verfälschung des Wählerwillens durch die Gestaltung eigentlich ausgeschlossen. Das meint nicht irgendwer, sondern der Designer Eckard Christiani, Geschäftsführer Creation bei der Bremer Werbeagentur "moskito". Für uns hat er das Muster kritisch unter die Lupe genommen: "Das Ding ist gestalterisch nicht gerade ein Leckerbissen", urteilt er. Aber es erfülle seine Funktion. "Die Schriftgröße ist okay, die Type ist sachlich und gut lesbar."

Was die Sache etwas unübersichtlich macht: "Die Kandidaten sind nicht nach dem Alphabet sortiert, sondern nach ihrem Listenplatz." Für die Orientierung bei der Wahl sei das nicht so schön, aber das Problem sei grafisch nicht zu lösen, "das ist ja das Anliegen der Parteien". Porträtfotos, so Christiani, könnten es aber dem Wähler erleichtern, bestimmte Kandidaten herauszupicken, wenn sie ihre Stimmen nicht einfach auf Listen verteilen wollen.

Im Postamt 5 herrscht derweil gespannte Stille. In einer riesigen Industrie-Etage sind inzwischen Arbeitsplätze für rund 500 Wahlhelfer eingerichtet worden. In einem mehrtägigen Zähl-Marathon wollen sie hier bis zu zwei Millionen Kreuze auszählen - jedenfalls wenn alle 400000 Wahlberechtigten in der Stadt Bremen von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Vor vier Jahren waren es allerdings nur knapp 60 Prozent - macht 1,2 Millionen Kreuze. Und: Spätestens der Rechner merkt, wenn jemand sechs statt fünf Kreuze gemacht hat.

Derzeit ist die Wahlleitung um Maren Zilm damit beschäftigt, aus einer Kartei mit 4400 früheren Wahlhelfern rund 1700 herauszufischen: Wahlhelfer für den Wahltag an der Urne, für die Briefwahlen, für den mobilen Einsatz in Heimen, für den Transport an den zentralen Auszählort im Postamt 5 oder für den Wahlvorstand beim Auszählen. Das ist Stress pur. "Arbeitstag von zwölf Stunden sind normal", sagt Maren Zilm. "Es können aber auch mehr sein."

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