Drei Gesprächsrunden gab es seit Ende Januar, auf der letzten Etappe hat der Finanzgipfel von Senat und CDU-Opposition einige greifbare Ergebnisse geliefert. Am Dienstag verständigten sich beide Seiten im Kern darauf, den Bremer Anteil an der öffentlichen Förderung für die klimagerechte Modernisierung des Stahlwerks über neue Schulden zu finanzieren. In anderen Punkten gab es keine Einigung, etwa beim Umgang mit den enormen Defiziten von Bremer Straßenbahn AG und Klinikverbund Geno. Es wird also weiterhin Streit um die Finanzpolitik geben, wenn die Bürgerschaft in den nächsten Monaten den Haushalt für 2024 berät.
Weshalb fanden die Gespräche statt?
Dem Senat war vor allem daran gelegen, mehrere hundert Millionen Euro an Fördergeldern für die Stahlwerke und diverse Wasserstoffprojekte abzusichern. Klar war stets, dass der reguläre Bremer Haushalt solche Summen nicht hergibt. Eine wie auch immer geartete Kreditfinanzierung hätte aber wegen der Schuldenbremse in der Landesverfassung eine Klage der CDU gegen den kommenden Haushalt 2024 provozieren können. Diesem Risiko wollte sich der Senat nicht aussetzen – deshalb das Gesprächsangebot an die CDU, das die gesamte finanzpolitische Themenpalette umfasste. Die Christdemokraten sind in der Bürgerschaft die einzige Oppositionsfraktion, die aufgrund ihrer zahlenmäßigen Stärke vor dem Staatsgerichtshof gegen einen beschlossenen Haushalt klagen kann.
Wer hat teilgenommen?
Für den Senat waren Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) und Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) an den drei Gesprächsrunden beteiligt. Die CDU entsandte ihren Landesvorsitzenden Heiko Strohmann, Fraktionschef Frank Imhoff und den Haushaltsexperten Jens Eckhoff.
Was ist beschlossen worden?
Parallel zu den anstehenden Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft soll die Landesverfassung geändert werden. Dort wird ein kreditfinanziertes Sondervermögen „Klimaneutrale Transformation der Wirtschaft“ mit einem Volumen von 450 Millionen Euro verankert. Um nicht gleichzeitig gegen die Schuldenbremse in der Verfassung zu verstoßen, braucht es dazu jährliche Notlagenbeschlüsse der Bürgerschaft. Neben den Zuschüssen für die Umrüstung der Stahlwerke auf CO2-freie Produktion sollen aus dem Sondervermögen weitere klimarelevante Vorhaben finanziert werden – unter anderem der Aufbau einer Wasserstoff-Versorgungsstruktur.
Über die konkrete Verwendung der Mittel kann die CDU in der Bürgerschaft mitbestimmen, weil für entsprechende Beschlüsse eine Zweidrittelmehrheit im Parlament vereinbart wurde. Weiteres Zugeständnis des Senats: Der CDU-Vorschlag einer für Kleinanleger zugänglichen Klimaanleihe zur Finanzierung von Klimaschutzprojekten soll konstruktiv geprüft werden. Vereinbart wurde zudem, die Gewerbesteuer bis 2027 stabil zu halten und bis dahin mindestens 60 Hektar neuer Gewerbefläche zu entwickeln. Für den Bau von Schulen und Kitas soll es ein neues Finanzierungsinstrument neben dem regulären Haushalt geben: eine neu zu gründende Gesellschaft, die vom Haushaltsgesetzgeber mit Kapital ausgestattet wird.
Was blieb strittig?
Aus Sicht des Senats werden zusätzliche Kredite zur Deckung der Defizite von BSAG und Geno benötigt. Einer entsprechenden Notlagenerklärung in der Bürgerschaft will die CDU allerdings nicht zustimmen. Sie glaubt, dass diese Haushaltslöcher durch Einsparungen und Priorisierungen im Haushalt gestopft werden können. Sollte die rot-grün-rote Koalition in der Bürgerschaft dennoch Notlagenbeschlüsse fassen und so die Schuldenbremse in der Landesverfassung umgehen, könnte es deswegen nicht nur zu parlamentarischem Streit, sondern auch zu einer CDU-Klage vor dem Staatsgerichtshof kommen. Offen blieb zudem, wie der geplante Ausbildungscampus für Handwerksberufe in der Klimatechnik finanziert werden soll. 100 Millionen Euro sind hierfür veranschlagt. Im Sondervermögen war dieser Betrag nicht mehr unterzubringen
Was sagen die Akteure zum Ergebnis?
Der Bürgermeister zeigte sich bei einer Pressekonferenz im Anschluss an die letzte Gesprächsrunde „insgesamt froh über diese Einigung“. Es gebe nun „absolute Rechtssicherheit“, was die Bremer Zuschüsse zur Umrüstung des Arcelor-Stahlwerks angeht. Wie Bovenschulte sprach auch CDU-Fraktionschef Imhoff von „staatspolitischer Verantwortung“, der die Verhandlungspartner mit Blick auf die Zukunft der Stahlwerke gerecht geworden seien. Es sei ein parteiübergreifendes „Bekenntnis zum Industriestandort Bremen“ abgegeben worden.
Gibt es weitere Stimmen?
Die FDP, die während der Gespräche in den vergangenen Wochen außen vor war, geizte nicht mit Kritik, vor allem gegenüber den Christdemokraten. Diese hätten sich vom „rot-grün-roten Schuldenrausch“ anstecken lassen. Die CDU „verrät ihre Ideale und widerspricht den eigenen Aussagen der letzten Monate, als man dem Senat regelmäßig eine ,Verschuldungspolitik‘ vorwarf“, so FDP-Landeschef Thore Schäck. Die Handelskammer sieht die Ergebnisse des Finanzgipfels deutlich positiver. „Durch eine Kreditaufnahme im Rahmen eines klar definierten und zweckgebundenen Sondervermögens von maximal 450 Millionen Euro ist die zugesagte Investitionsförderung für das Land zu stemmen, ohne dass es zu einer Aufweichung der Schuldenbremse kommt“, ist man bei der Kammer überzeugt. Sie begrüßt auch die Stabilität bei der Gewerbesteuer.