Die geplante Verlagerung des Herzzentrums vom Klinikum Links der Weser ans Klinikum Mitte stößt in der Ärzteschaft auf große Skepsis, zumindest wird vor einer raschen Festlegung gewarnt. Sowohl die betroffenen Chefärzte als auch die beiden auf dem LdW-Gelände ansässigen Fachpraxen für Herz- und Gefäßmedizin beziehungsweise Elektrophysiologie haben ihre Vorbehalte jetzt schriftlich formuliert. Sie warnen vor kostenträchtigen Fehlentscheidungen und sehen die Versorgung von Herzpatienten in Bremen und der Region gefährdet.
Was ist geplant?
Wie berichtet, strebt die Geschäftsleitung des städtischen Krankenhausverbundes Gesundheit Nord (Geno) grundlegende Strukturveränderungen an. Derzeit betreibt die Geno vier Standorte in Mitte, Ost, Nord und Links der Weser. Bereits Ende März hatte die Geno angekündigt, rund 500 der vorhandenen 2000 Betten abzubauen. Zum einen, weil mittel- und langfristig ein wachsender Anteil medizinischer Leistungen ambulant erbracht werden kann, aber auch um die knappen Personalressourcen besser einsetzen zu können. Das renommierte Herzzentrum würde in diesen Plänen ins Klinikum Mitte integriert. Der Rest-Standort LdW wäre dann allerdings kaum noch lebensfähig. Eine Vorentscheidung soll der Geno-Aufsichtsrat am 7. Juli treffen.
Was wollen die LdW-Ärzte?
Die Chefärzte Rainer Hambrecht (Kardiologie/Gefäßmedizin), Jens Garbade (Herzchirurgie) und Jonas Boelsen (Anästhesie) haben sich in einem Brief an Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) und Geno-Chefin Dorothea Dreizehnter gewandt. Sie stellen darin zunächst fest, dass von einem Rückgang der stationären Fälle in ihrem Bereich keine Rede sein könne. Im Gegenteil. Sowohl die Quantität als auch die Komplexität der Behandlungen habe in den vergangenen Jahren zugenommen. Deshalb brauche das Herzzentrum schon jetzt dringend eine "substanzielle bauliche Erweiterung", wie es in dem Schreiben heißt. Nicht umsonst habe die Geno erst im Frühjahr einen Bauantrag zur Erweiterung der LdW-Intensivstation eingereicht.
In den Plänen für einen Umzug nach Mitte finde sich das Herzzentrum "in seiner jetzigen Größe und Funktionalität nicht wieder", beklagen die Chefärzte. Die Architektenpläne liefen eher auf eine Verkleinerung hinaus. Da gefährde nicht nur die herzmedizinische Versorgung für Bremen und die Region. Es drohten auch "dramatische Erlösausfälle" für die Geno. Die Forderung lautet daher: Die Plausibilität der Umzugspläne muss unabhängig bewertet werden.
Was fordern die Fachpraxen?
Auf dem LdW-Gelände in Obervieland befinden sich neben dem Herzzentrum der Geno auch zwei Großpraxen für Herz- und Gefäßmedizin und Elektrophysiologie. Die niedergelassenen Mediziner arbeiten aufs Engste mit dem Krankenhaus zusammen und müssten einen Umzug des Herzzentrums wohl oder übel mitmachen. In einem Brief an Bovenschulte, Bernhard und Dreizehnter warnen die Geschäftsführer Christian Hegeler und Götz Buchwalsky vor der "Gefahr eines Schnellschusses, dessen Folgen später nur schwer zu korrigieren sein dürften". Es bedürfe dringend eines Gesamtkonzepts, das die Interessen aller Leistungserbringer am Herzzentrum berücksichtigt. Schon am 7. Juli einen Beschluss über das Wohl oder Wehe des Standortes Links der Weser herbeizuführen, sei "verfrüht".
Wie reagiert die Senatorin?
Claudia Bernhard hat sich in puncto Herzzentrum bisher nicht öffentlich positioniert. Sie wird dies vor dem 7. Juli wohl auch nicht mehr tun. Bekannt ist aber, dass die Senatorin umfassende Strukturveränderungen in der Bremer Kliniklandschaft für unvermeidlich hält, auch über die Geno hinaus. "Selbstverständlich müssen solche komplexen Prozesse gut begleitet und auf allen Ebenen durchdacht sein", sagte Bernhard am Montag dem WESER-KURIER. Konzentrationsprozesse seien allerdings "unumgänglich".
Was sagt die Opposition?
CDU-Fraktionschef Frank Imhoff kritisiert die Pläne für den Transfer des Herzzentrums. Es fehle eine Folgenabschätzung für die Gesundheitsversorgung. Die Bestandsbauten am LdW zu sanieren, sei wohl die bessere Lösung – medizinisch wie finanziell. Imhoff: "Deswegen verlangen wir im Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot auch im Namen des Personals und der Patienten ein Bekenntnis zum Erhalt des LdW mit seinem deutschlandweit anerkannten Herzzentrum." CDU-Gesundheitsexperte Rainer Bensch weist noch auf einen weiteren Punkt hin. Bei einer Schließung des LdW müssten auch die rund 20.000 Patienten, die jährlich die Notaufnahme des Obervielander Klinikums aufsuchen, anderweitig versorgt werden. Die Notaufnahme am Klinikum Mitte sei jedoch jetzt schon chronisch überlastet.