Als „Katze, die sich in den Schwanz beißt“ hat Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) das Problem des Fachkräftemangels in der Pflege bezeichnet. Schlechte Arbeitsbedingungen führen dazu, dass Pflegekräfte zunehmend ihren Beruf aufgeben und Berufseinsteiger von Anfang an einen Bogen um Pflegeberufe machen. Fehlende Mitarbeiter verschärfen das Problem zusätzlich, eine dünne Personaldecke sorgt für Überlastung, für Überstunden und unzuverlässige Dienstpläne. In der Folge verlassen weitere Mitarbeiter das Berufsfeld. Eine Negativspirale.
Diesen Teufelskreis will ein neues Bremer Pilotprojekt durchbrechen. Am St. Joseph-Stift soll einmal beispielhaft durchexerziert werden, ob bessere Arbeitsbedingungen tatsächlich helfen, vakante Stellen zu besetzen. Dabei geht es nicht darum, eine „Insel der Glückseligen“ zu schaffen. Vielmehr soll die Praxis auf andere Kliniken übertragen werden. Zusätzliche reguläre Stellen sind mit dem Vorhaben erst einmal nicht verbunden. Angestoßen hat das Projekt die Arbeitnehmerkammer Bremen, finanziert wird es von der Politik.
Ohne Abstriche eine gute Sache. Dennoch ist es bezeichnend, dass ein solches praxisorientiertes Vorgehen in einer Klinik auf einer Station der Geburtshilfe stattfindet und nicht am Ende des Lebens in einem Pflegeheim. In den Krankenhäusern sind die Pflegekosten prinzipiell und vollständig durch die Krankenkassen finanziert. Sogar verbesserte Personalschlüssel sind auf den manchmal verschlungenen Pfaden der Gesundheitsbürokratie machbar, ohne dass die Zuzahlungen der Patienten ins Uferlose steigen. Am Geld werden bessere Arbeitsbedingungen im Krankenhaus jedenfalls nicht scheitern.
Das sieht in der Altenpflege ganz anders aus: Die Pflegekassen zahlen seit Jahren die gleichen Festbeträge für die Pflegeleistung. Bessere Arbeitsbedingungen mit mehr Personal und mehr Zeit für gute Pflege – und das ist durchaus der Mehrheitswille in der Politik – bedeuten höhere Kosten für die Betroffenen. Die ächzen aber jetzt schon unter Eigenanteilen jenseits jeder normalen Rente. Wer hier den Fachkräftemangel ernsthaft angehen will, kommt um Großreformen der Pflegeversicherung nicht herum.