Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen in Bremer Pflegeheimen steigen weiter: Wie berichtet, sind im Schnitt aktuell im ersten Jahr in einem Bremer Pflegeheim Zuzahlungen von 3070 Euro fällig. Das sind 433 Euro mehr als noch im Juli 2023. Damit ist das Land Bremen nach Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Saarland das viertteuerste Bundesland in Sachen Pflege.
Wie kommen die hohen Zuzahlungen zustande?
Die Selbstbeteiligung enthält als größten Posten den sogenannten Einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE). Das ist die Zuzahlung für die reinen Pflegekosten. Die Höhe variiert von Pflegeheim zu Pflegeheim, ist aber innerhalb eines Hauses für alle Bewohner gleich, egal wie hoch der Pflegegrad und damit der Pflegebedarf ist – daher der Name. Die Pflegeversicherung war von Beginn an so konzipiert, dass sie immer nur einen Teil dieser Kosten übernimmt. Aktuell müssen Bremer für die stationäre Pflege deshalb im Schnitt einen EEE von 1476 Euro im Monat dazu bezahlen, 281 Euro mehr als vor einem Jahr. Darin enthalten sind auch Ausbildungskosten von 107 Euro, die Bewohner eines Heims ebenfalls zahlen müssen.
Als Ursache des Anstiegs gilt vor allem eine neue Personalbemessung, die die Heimbetreiber zu mehr Personal verpflichtet. Allerdings ist in den wenigsten Einrichtungen tatsächlich mehr Personal vorhanden als vor einem Jahr. Der Grund: Es war schon zuvor da, nur wurde es bislang aus anderen Töpfen bezahlt. Das betrifft die noch von Gesundheitsminister Jens Spahn eingeführten gut 20.000 zusätzlichen Helferstellen ab 2021. Sie wurden bislang über einen Vergütungszuschlag der Pflegekassen finanziert, der künftig entfällt, sodass nun die Zuzahlungen der Bewohner die Kosten auffangen müssen.
Welche weiteren Zuzahlungen sind zu leisten?
Das sind die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie die sogenannten Investitionskosten. Letztere entsprechen in etwa der Kaltmiete für die Unterkunft, die anderen Kosten für Dinge wie Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Gartenpflege, Hausmeisterdienste und alles weitere, was gemeinhin als Nebenkosten des Wohnens bezeichnet werden kann. Verpflegung ist genau das: die drei bis vier Mahlzeiten des Tages. Während die Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Bremen um 124 Euro auf 1028 Euro gestiegen, sind die Investitionskosten 28 Euro teurer geworden und betragen jetzt im Schnitt 566 Euro.
Welche Entlastungen für die Betroffenen könnte es geben?
Die meisten Sozialverbände bemängeln immer wieder, dass die Länder sich Stück für Stück aus der Finanzierung der Häuser zurückgezogen haben. Ursprünglich hatten die Länder bei der Einführung der Pflegeversicherung zugesagt, künftig die Investitionskosten zu übernehmen. Man ging davon aus, dass durch die Versicherung weniger Pflegebedürftige auf Sozialhilfe angewiesen sind. So sieht es auch jetzt noch Torsten Barenborg, Leiter der VDEK-Landesvertretung Bremen. „Es wird Zeit, dass Länder und Staat ihren Verpflichtungen bei den Investitions- und Ausbildungskosten gerecht werden, das würde die Bremer Pflegebedürftigen beispielsweise um fast 700 Euro monatlich entlasten.“ Auch die Bundesregierung hat mit Verweis auf das Sozialgesetzbuch wiederholt diese Aufgabe der Länder betont.
Wie bewertet der Bremer Senat diese Forderung?
In einer Antwort auf eine entsprechende Anfrage der CDU macht der Senat deutlich, dass er diese Verpflichtung nicht sieht. „Aus Sicht des Senats besteht kein aus dem Bundesrecht ableitbarer Anspruch von Pflegeeinrichtungen oder gar von Bewohnern gegenüber den Ländern auf eine investive Förderung“, heißt es darin. Außerdem würde eine entsprechende Förderung bei der vollstationären Pflege faktisch zur Übernahme von Wohnkosten führen, die bei ambulanter Versorgung nicht vorgesehen sei. Dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ würde folglich entgegengewirkt. Der Senat spricht sogar von einer „Sogwirkung in Richtung stationärer Versorgung“, die durch eine Förderung der Investitionskosten entstehe. Er verweist auch darauf, dass die immer höheren Zuzahlungen vor allem durch die steigenden Kosten bei den Pflegeleistungen entstehen. Daher seien Veränderungen bei der gesetzlichen Pflegeversicherung zu diskutieren, nicht die Investitionsförderung der Länder. Der Bremer Senat sieht darum die Bundesregierung am Zug, die Pflegeversicherung zu reformieren.
Was steht dazu im Koalitionsvertrag von SPD, Linken und Grünen?
Dort heißt es in einem gewissen Gegensatz zu diesen aktuellen Einlassungen des Senats, man wolle eine Entlastung der Pflegeheimbewohner bei den Investitionskosten in Angriff nehmen sowie die staatliche Kontrolle dieses Kostenanteils stärken.