Bei den stark steigenden privaten Zuzahlungen für die stationäre Pflege fällt der Blick immer häufiger auf die sogenannten Investitionskosten. Rund 40 Millionen zahlen die über 6000 Bremer Bewohner von Pflegeeinrichtungen dafür jedes Jahr. Im Bremer Durchschnitt sind das 566 Euro pro Monat. Finanziert werden damit die Kosten für Bau, Kauf oder Miete sowie Instandhaltung der Immobilien, in denen sich die Pflegeeinrichtungen befinden.
Doch kostet das tatsächlich so viel? Oder wird hier ungerechtfertigt abkassiert? „Nein, Pflegeheime kosten tatsächlich so viel“, sagt Stefan Elze, Verwaltungsdirektor der Bremer Heimstiftung. Über den Schreibtisch des Betriebswirtes geht das größte Stück des Bremer Einnahmekuchens: Rund sechs der 40 Millionen Euro kassiert allein die gemeinnützige Heimstiftung alljährlich von den rund 700 Bewohnern in ihren zwölf Pflegeheimen. Macht im Schnitt 713 Euro pro Monat, was deutlich über dem Bremer Schnitt liegt. Tatsächlich zählt die Heimstiftung hinsichtlich der privaten Zuzahlungen zu den eher teuren Anbietern in Bremen. Dabei ist das Stiftungsdorf Osterholz mit mehr als 3400 Euro bei Einzug noch der günstigste Standort.
Pro Bewohner sind 50 bis 55 Quadratmeter zu finanzieren
Elze rechtfertigt die Kosten unter anderem mit dem Qualitätsanspruch der Heimstiftung, der sich etwa im Umfang der Personalausstattung an den einzelnen Standorten ausdrücke. Bei den Investitionskosten verweist er auf eine Vielzahl von Einzelposten, die damit abgedeckt werden müssen. „Das beginnt bei der Ausstattung mit Möbeln und Pflegebetten, geht weiter über den Unterhalt sämtlicher Außenanlagen und reicht bis zu den Personalräumen und die Software für die Verwaltung der Einrichtung.“ Zudem sei der Erneuerungsbedarf in Pflegeheimen hoch. „Bei jedem Bewohnerwechsel müssen die Zimmer renoviert und gestrichen werden.“
Auch sämtliche Kosten für Bau und Unterhalt von Speisesälen, Küchen, Fahrstühle und Therapieräume müssen daraus bestritten werden. „Der einzelne Bewohner denkt nur an sein Zimmer mit 20 Quadratmetern, mit allen Gemeinschaftsanteilen fallen jedoch 50 bis 55 Quadratmeter je Bewohner an.“ Das relativiere den Preis je Quadratmeter. „Die Heimstiftung hat im vorigen Jahr inklusive aller Bereiche im Service-Wohnen tatsächlich insgesamt über sieben Millionen Euro nur in den Unterhalt seiner Immobilien investieren müssen“, rechnet Elze vor.
Bauunternehmer Specht rechnet 183.000 Investment je Heimplatz
Auch der Bauunternehmer und private Pflegeheimbetreiber Rolf Specht hält den Anteil der Investitionskosten bei den privaten Zuzahlungen für sachgerecht. Er rechtfertigt die Summen auf andere Weise und macht folgende Kalkulation auf: „Bei 52 Quadratmeter je Pflegeheimplatz mit allen Gemeinschaftsflächen und günstigen 2700 Euro Baukosten je Quadratmeter kommt man bereits auf 140.400 Investition je Pflegeplatz.“ Die Grundstückskosten und Ausstattung könne man mit weiteren 30.000 Euro kalkulieren. Zuzüglich einer Marge von 7,5 Prozent für den Bauunternehmer koste jeder Pflegeplatz damit rund 183.000 Euro. „Mit fünf Prozent Zinsen finanziert über 30 Jahre entspricht das sogar 980 Euro Investitionskosten pro Monat.“
Allerdings sieht auch Specht das Problem, dass Zuzahlungen in Größenordnungen von 2500 bis 4000 Euro unterm Strich immer weniger Menschen privat aufbringen können. Dementsprechend steigt momentan der Anteil derjenigen, die Hilfen zur Pflege beantragen müssen. „Ich finde das für die Betroffenen nach einem häufig jahrzehntelangen Arbeitsleben ganz schön bitter“, kommentiert der Unternehmer. Aus seiner Sicht lässt sich an den Kosten zwar wenig ändern, wohl aber an dem Umstand, dass allein die Bewohner der Pflegeheime sie bezahlen sollen. „Bei den Krankenhäusern sieht sich der Staat ja auch in der Pflicht, die Infrastruktur zu finanzieren“, meint er. Ähnliches sollte für die Pflegeheime gelten. Ausgehend von seinen Zahlen bedeutet dies bei rund 800.000 Pflegeplätzen bundesweit jährlich rund neun zusätzliche Milliarden Euro für die Pflege. „Dass mehr Geld ins System muss, steht für mich außer Frage.“
Höhere Umlage in der Pflegeversicherung denkbar
Soll dieses Geld nicht aus Steuermitteln stammen, könnte man die Investitionskosten auch in die Pflegeversicherung aufnehmen. Bei rund 35 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten wären das rund 260 Euro zusätzlicher Beitrag im Jahr oder – ausgehend vom aktuellen Durchschnittsgehalt – ein etwa 0,5 Prozentpunkte höherer Beitrag. Vonseiten der Bremer Heimstiftung gibt es zu solchen Überlegungen keinen Kommentar. Der größte gemeinnützige Anbieter in Bremen hält sich bei sozialpolitischen Diskussionen grundsätzlich bedeckt. „Es ist Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, wer die Pflege wie finanziert“, sagt Elze. Aktuell sind das weitgehend allein die Betroffenen.