Auch einen Monat nach dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini ist im Iran kein Ende der Proteste in Sicht, und das Regime reagiert weiter mit brutaler Härte. Deshalb hat Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) für das Land Bremen am Donnerstag einen Abschiebestopp für iranische Staatsbürger verfügt. Per Erlass dürfen für drei Monate nur noch Straftäter und sogenannte Gefährder ausgewiesen werden. Bereits am Mittwoch hatte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (ebenfalls SPD) in der Bürgerschaft erklärt, sich auf Bundesebene für einen Abschiebestopp einzusetzen. "Und wir werden auch faktisch jetzt keine Menschen in den Iran abschieben", fügte Bovenschulte hinzu.
Auch ohne den Erlass von Senator Mäurer haben Abschiebungen von iranischen Staatsbürgern Polizei und Behörden in Bremen zuletzt kaum beschäftigt. "Seit rund zwei Jahren wurde niemand aus Bremen in den Iran abgeschoben", stellt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts, auf Nachfrage klar. Der Iran lehne von der Bundespolizei begleitete Abschiebungen grundsätzlich ab. "Einzig unbegleitete Rückführungen wären auf den Flugrouten möglich", erklärt die Sprecherin.
Laut Gerdts-Schiffler haben zuletzt schon allein die Umstände im Iran zu einem faktischen Abschiebestopp geführt. Vor einer möglichen Abschiebung sei nämlich grundsätzlich zu prüfen, ob Hindernisse vorliegen. Ein Regime, dass mit scharfer Munition auf Protestierende schießen lässt, ist ein solches Abschiebehindernis.
Der Flüchtlingsrat Bremen verwies allerdings darauf, dass direkte Abschiebungen in den Iran nicht das einzige Problem sind. Für iranische Staatsbürger werde das Leben in einem sicheren Umfeld auch durch das sogenannte Dublin-Verfahren bedroht. "Dabei bringt das Bremer Migrationsamt Menschen gewaltsam in andere europäische Staaten – auch in solche, die regelmäßig Abschiebungen in den Iran durchführen", kritisiert der Flüchtlingsrat.
Gibt es also Iraner, die Behörden über diesen Umweg aus Bremen in ihr Heimatland ausgewiesen haben? Gerdts-Schiffler verweist auf die Zuständigkeit des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF): "Die Dublin-Überstellungen werden vom BAMF angeordnet. Den Ausländerbehörden obliegt lediglich die Durchführung der Maßnahme." Das Migrationsamt in Bremen habe keinen eigenen Beurteilungsspielraum. Die Frage, wie viele Iraner das Migrationsamt im Auftrag des BAMF in andere EU-Staaten ausgewiesen hat, beantwortet das Innenressort nicht.
Nazanin Ghafouri, Sprecherin des Flüchtlingsrats, sieht Bremen trotzdem in der Verantwortung: „Vermeintliche Unzuständigkeit darf keine Rechtfertigung sein, wenn Abschiebungen letztlich zu Verhaftung, Folter, Vergewaltigung und Tod führen können." Konsequenterweise müssten Iraner eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, um vor Abschiebungen geschützt zu werden.
Nach Angaben des Bremer Rats für Integration (BRI) leben in Bremen derzeit 2460 Menschen mit einer iranischen Herkunftsgeschichte. Der BRI bezieht sich dabei auf Zahlen des Ausländerzentralregisters. Das Register erfasse allerdings nur Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Deshalb sei von einer weitaus höheren Zahl an Bremern auszugehen, die eine iranische Einwanderungsgeschichte haben. „Ich begrüße, dass das Land Bremen die Abschiebung für iranische Bürger ausgesetzt hat. Der Bund muss dieser politischen Linie nun folgen”, sagte Naciye Celebi-Bektas, Vorsitzende des BRI.