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Bundestagsbewerber gesucht Ryglewskis Rückzug setzt das SPD-Kandidatenkarussell in Gang

Der angekündigte Rückzug ihrer Bundestagsabgeordneten Sarah Ryglewski hat die Bremer SPD kalt erwischt. Das Kandidatenkarussell wird in den nächsten Monaten Fahrt aufnehmen.
16.07.2024, 19:59 Uhr
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Ryglewskis Rückzug setzt das SPD-Kandidatenkarussell in Gang
Von Jürgen Theiner

Wer soll für die Sozialdemokraten nach dem angekündigten Rückzug der Abgeordneten Sarah Ryglewski den Wahlkreis Bremen I verteidigen? Diese Frage wird die Partei in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen. Wie berichtet, hatte Ryglewski, die auch Staatsministerin im Bundeskanzleramt ist, in der vergangenen Woche ihren Verzicht auf eine erneute Kandidatur bei der Bundestagswahl 2025 erklärt.

Die Nachricht traf die Landespartei völlig unvorbereitet. Selbst Spitzenfunktionäre erfuhren von Ryglewskis Entscheidung erst kurz bevor die 41-Jährige ihre Entscheidung in einer Mail an die Mitglieder öffentlich machte. Es schien ja auch keinen Anlass zu geben, an einer erneuten Bewerbung Ryglewskis zu zweifeln. Schließlich hatte sie sich seit ihrem Einzug in den Bundestag vor neun Jahren relativ schnell im Berliner Politikbetrieb etabliert. An der Seite des damaligen Finanzministers Olaf Scholz stieg sie 2019 zur Parlamentarischen Staatssekretärin auf und folgte ihm nach seiner Wahl zum Regierungschef ins Bundeskanzleramt, wo sie aktuell für die Bund-Länder-Beziehungen zuständig ist. Sarah Ryglewski, so glaubten viele, hatte in der Hauptstadt ihren politischen Heimathafen gefunden.

Eingetrübte Aussichten

Wer nach Gründen für die überraschende Wendung sucht, ist auf Mutmaßungen angewiesen. Einige Bremer Parteistrategen verweisen auf die eingetrübten Aussichten für Ryglewskis weitere politische Karriere. Dass die SPD 2025 das Kanzleramt behaupten kann, gilt als unwahrscheinlich. Ryglewskis Schreibtisch dort ist dann wohl futsch. Und auch das Bundestagsmandat im Wahlkreis Bremen I (Stadtgebiet ohne den Norden und Westen) ist aus zwei Gründen nicht mehr sicher. Zwar lag Ryglewski als Direktkandidatin bei der Wahl 2021 jeweils noch rund neun Prozentpunkte vor ihren Mitbewerbern Thomas Röwekamp (CDU) und Kirsten Kappert-Gonther (Grüne). Doch das muss nicht so bleiben. Wichtiger noch erscheint eine Neuerung im Wahlrecht. Die vom Bundestag beschlossene Reform, die 2025 zum Tragen kommen soll, könnte gerade im kleinsten Bundesland den Sozialdemokraten schaden. Bei einem SPD-Vorsprung in beiden Bremer Wahlkreisen würde möglicherweise nur einer der Wahlkreissieger tatsächlich ins Parlament einziehen. Nach Lage der Dinge wäre das eher Uwe Schmidt aus Bremerhaven, der erneut kandidieren wird.

Beide Faktoren zusammen mögen Ryglewski bewogen haben, die Weichen frühzeitig neu zu stellen. Motto: Lieber jetzt aus einer starken Stellung heraus eine neue berufliche Perspektive suchen, als in einem Jahr als gescheiterte Bundestagskandidatin.

Lage anders als 2009 und 2015

Wie auch immer – die SPD braucht nun Ersatz. Allerdings drängt sich keine Personalie für die Nachfolge auf. Das war bei zurückliegenden Staffelübergaben anders. Als der langjährige Abgeordnete Volker Kröning im Vorfeld der Bundestagswahl 2009 seinen Verzicht ankündigte, erklärte der damalige Bürgerschaftsfraktionschef Carsten Sieling sein Interesse. Ambitionen anderer Akteure hatten sich damit erledigt. 2015 wechselte Sieling mitten in der Legislaturperiode aus Berlin zurück nach Bremen und wurde hier Bürgermeister. Sarah Ryglewski rückte automatisch für ihn in den Bundestag nach.

Es dürfte nun wohl einige Wochen dauern, bis erste Interessenten aus der Deckung kommen und ihre Bereitschaft zu einer Kandidatur erklären. Namen kursieren in der Partei noch nicht – sieht man einmal von Annika Barlach ab, die als Referentin in der Bremer Landesvertretung in Brüssel arbeitet. Im Frühjahr bewarb sie sich auf einem undankbaren Listenplatz für das Europaparlament und hinterließ dabei einen engagierten Eindruck. Vom WESER-KURIER angesprochen, zeigte sie sich nicht abgeneigt und bezeichnete eine Bundestagskandidatur als "interessante Aufgabe", über die sie sich allerdings "noch keine abschließenden Gedanken gemacht" habe.

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Der Bürgerschaftsabgeordnete Arno Gottschalk hat sich schon einmal um die Kandidatur im Wahlkreis Bremen I beworben. 2017 unterlag er parteiintern relativ knapp gegen Sarah Ryglewski, die damals als amtierende Abgeordnete mit einem Vorteil ins Rennen ging. Gottschalk war immer schon mit Ehrgeiz ausgestattet. Könnte er sich mit inzwischen 68 Lenzen einen neuen, letzten Anlauf vorstellen? "Ich komme ja allmählich in das Alter, in dem man sich in den USA um die Präsidentschaft bewirbt", scherzt der Haushaltspolitiker. Dass sein inhaltliches Profil zu einer Bewerbung passen würde, daraus macht er kein Hehl. "Ich hätte in meinem Alter auch genügend Bein- und Beißfreiheit", sagt der Routinier. Ernsthaft befasse er sich mit einer Bewerbung jedoch gegenwärtig "eher nicht".

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