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Medikamentenversorgung Aderlass bei Apotheken - in Bremen besonders stark

Die Zahl der Apotheken sinkt bundesweit - in Bremen besonders stark. Das verraten neueste Zahlen. Wie erklärt die Bremer Apothekerkammer diesen Trend?
31.01.2023, 05:00 Uhr
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Aderlass bei Apotheken - in Bremen besonders stark
Von Jürgen Hinrichs

Die Zahl der Apotheken in Bremen hat im vergangenen Jahr einen neuen Tiefststand erreicht. Das geht aus einer Abfrage des Fachportals "Apotheke Adhoc" bei den Apothekerkammern hervor. Mit Stand zum 31. Dezember gab es im Land Bremen demnach noch 135 Betriebe, fünf weniger als im Jahr davor. Gezählt wurde außerdem eine Neueröffnung – diese Apotheke hat den Angaben zufolge aber gleich wieder dichtgemacht.

„Wir werden immer kleiner“, kommentiert Isabel Justus den Trend. Justus ist seit 2005 Geschäftsführerin der Bremer Apothekerkammer. Als sie ihr Amt antrat, waren es 175 Betriebe, damals hatte der Rückgang allerdings schon begonnen. 1990 lag die Zahl der Apotheken bei 194, wie eine Kammer-Statistik verrät.

Bremen ist in dieser Entwicklung kein Einzelfall. "Mit einem Rückgang um fast 400 Betriebsstätten wurde im vergangenen Jahr ein Negativrekord erreicht", fasst "Apotheke Adhoc" das Gesamtergebnis zusammen. Die höchste Zahl von Schließungen sei bis dahin im Jahr 2019 erreicht worden, damals waren es 348. "Spitzenreiter bezogen auf die Anzahl der Apotheken ist in 2022 Bremen mit einem Rückgang von 3,6 Prozent", heißt es in der Analyse. Allerdings habe es dort aufgrund der geringen Gesamtzahl auch schon in den vergangenen Jahren starke Schwankungen gegeben.

Um 3,2 Prozent sank der Bestand im Saarland, um 2,8 Prozent in Niedersachsen und Bayern. In diesen beiden großen Kammerbezirken habe das Minus früher stets deutlich unter zwei Prozent betragen. Die Abwärtsspirale dreht sich also schneller. In Bayern waren es zum Jahresende 84 Apotheken weniger, in Niedersachsen glatte 50.

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Bei der Frage nach den Gründen für den Exodus spricht die Bremer Kammerchefin von einem "komplexen Geschehen". An Nachwuchs in der Pharmazie fehle es eigentlich nicht, "die jungen Leute sind aber nicht mehr unbedingt bereit, mit der Übernahme einer Apotheke viel Verantwortung zu übernehmen", erklärt Justus. Sie scheuten die Selbstständigkeit, auch deshalb, weil sie mit einem hohen Aufwand verbunden sei: lange Öffnungszeiten und Arbeit auch an den Sonnabenden. Hinzu kämen die bürokratischen Pflichten. "Viele Absolventen gehen deshalb lieber in die pharmazeutische Industrie, wo der Verdienst sehr attraktiv ist, oder nehmen eine Anstellung in Krankenhaus-Apotheken."  

Auch seien die Rahmenbedingungen für den Apothekenbetrieb nicht eben besser geworden, sagt die Geschäftsführerin. Die großen Packungen von rezeptfreien Medikamenten würden mittlerweile fast ausschließlich im Online-Handel gekauft. Das sei aber noch nicht das primäre Problem. "Ab dem 1. Februar  gilt der höhere Apothekenabschlag, das ist das Geld, das die Krankenkassen von den Apotheken auf verschreibungspflichtige Arzneimittel als Rabatt erhalten." Der Betrag steige von 1,77 Euro auf zwei Euro, entsprechend weniger würden die Apotheker mit jedem einzelnen Medikament verdienen. "Die Vereinbarung gilt für zwei Jahre und wird vor Ablauf neu verhandelt", so Justus. Den Apothekenabschlag gibt es seit 2005. Vor acht Jahren wurde er auf 1,77 Euro festgesetzt. Für andere Medikamente als Fertigarzneimittel beträgt der Rabatt fünf Prozent des Abgabepreises.

Befürchtungen, dass Bremen über kurz oder lang Probleme bei der Versorgung mit Medikamenten bekommt, hat Justus noch keine: "Im Tagesbetrieb gibt es weiterhin genügend Angebote." Auswirkungen habe der Apothekenschwund allenfalls auf die Notdienste in der Nacht oder am Sonntag: "Waren es früher vier bis fünf Betriebe, die eingeteilt werden konnten, sind es heute im Bremer Stadtgebiet drei bis vier."

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