Seit sieben Jahren ist er das Gesicht des deutschen Protestantismus: Heinrich Bedford-Strohm, Bischof der bayerischen Landeskirche. 2014 wurde er als Nachfolger von Nikolaus Schneider zum Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland gewählt, 2015 für sechs Jahre im Amt bestätigt. Und Bedford-Strohm hat für den deutschen Protestantismus durchaus einiges erreicht: Erinnert sei nur an das Reformationsjubiläum 2017. Es blieb zwar in der öffentlichen Wirkung hinter seinen Möglichkeiten zurück – doch dass das Jubiläum in einem ökumenisch freundlichen Klima gefeiert werden konnte, lag auch an Bedford-Strohm. Auch das Schiff, das die EKD zusammen mit anderen Organisationen zur Rettung von Flüchtlingen ins Mittelmeer entsandte, wird wohl auf ewige Zeiten mit dem Namen des Münchner Landesbischofs verbunden sein.
Nun geht die Amtszeit von Bedford-Strohm zu Ende. Am Sonntag beginnt in Bremen die nächste Tagung der EKD-Synode. Am Dienstag wird ein neuer Rat der EKD gewählt, am Mittwoch ein neuer Ratsvorsitzender. Wobei in diesem Jahr viel dafür spricht, dass am Ende der Bremer Synode eine Bischöfin an der Spitze der EKD stehen wird. Denn auf der Liste für die Ratswahl stehen die für Hamburg und Lübeck zuständige Sprengelbischöfin der Nordkirche, Kirsten Fehrs, und die westfälische Präses Annette Kurschus.
Letztere gilt als gute Seelsorgerin und brillante Predigerin. Vor Kurzem gewann die 58-Jährige etwa den bundesweiten ökumenischen Predigtpreis – und das sogar in der Kategorie „Lebenswerk“. Ihre öffentliche Wirkung als bisherige stellvertretende Vorsitzende des Rates der EKD blieb jedoch begrenzt: Der Gottesdienst für die Opfer des Germanwings-Absturzes vor einigen Jahren war ihr mit Abstand wichtigster öffentlicher Auftritt. In der Pandemie hingegen blieb die westfälische als jene Kirche in Erinnerung, die freiwillig über mehrere Monate auf das Feiern von Gottesdiensten verzichtete, was Kurschus nicht zuletzt im Rat der EKD massive Kritik einbrachte.
Anders die aus Wesselburen in Dithmarschen stammende Hamburger Bischöfin Fehrs. Sie steht für eine Kirche, die sich in der Hansestadt um die Lampedusa-Flüchtlinge kümmerte. Und sie steht für eine Kirche, die den Dialog mit der Stadtgesellschaft sucht und sich ihrer öffentlichen Wirkung sehr bewusst ist. Dass bei ihrem 60. Geburtstag kürzlich sowohl der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher als auch die Präsidentin der Bürgerschaft, Carola Veit, Grußworte hielten, würde in anderen Bundesländern so nicht passieren. Das zeigt, wo die Theologin in der Hansestadt ihren Platz gefunden hat. Doch Fehrs stand über Jahre auch für eine der schwersten Aufgaben, die es in der EKD gab: Als Beauftragte für die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs war sie dafür verantwortlich, wie sich die deutschen Protestanten mit dem dunkelsten Thema ihrer Geschichte auseinandersetzten.
Über die Ergebnisse dieser Arbeit gibt es, vorsichtig formuliert, geteilte Meinungen – was der Hamburgerin auf der Synode Probleme bereiten könnte. Denn in der Öffentlichkeit wird Fehrs vorwiegend mit dem Missbrauchsthema assoziiert, obwohl die Verantwortung dafür schon lange Zeit beim Braunschweiger Bischof Christoph Meyns liegt. Deswegen wird es bei der Wahlsynode in Bremen auch sehr darauf ankommen, wie vor Ort mit dem Thema Missbrauch umgegangen wird. Geplant ist ein Bericht des Vorsitzenden des Beauftragtenrats, außerdem sollen Mitglieder des ausgesetzten Betroffenenrates der EKD zu Wort kommen. Geben sie Fehrs die Schuld an der derzeit in vielen Problemen steckenden Missbrauchsaufarbeitung der Protestanten, könnte das für die Bischöfin heikel werden.
Doch wenn zwei sich streiten, könnte sich am Ende auch ein lachender Dritter freuen, etwa der Berliner Bischof Christian Stäblein. Schließlich ist für eine Wahl in den Rat und für die Wahl zum Ratsvorsitzenden eine Zwei-Drittel-Mehrheit von Synode und Kirchenkonferenz erforderlich. Was in den vergangenen Jahren dazu führte, dass bis zu 13 Wahlgänge benötigt wurden.