Es geht um sechs Wohnblöcke der Vonovia am Niedersachsendamm in Huckelriede. Rund 1000 Menschen leben in den 248 Wohnungen. „Schätzungsweise 40 Prozent von ihnen erhalten Transferleistungen, rund 80 Prozent haben einen Migrationshintergrund“, beschreibt Wilfried Schartenberg von der Linkspartei die soziale Situation der Bewohner. Vier der Blöcke sind schon in den Jahren 1934 bis 1935 gebaut worden, zwei weitere von 1994 bis 1995. In diesen 84 Wohnungen endet jeweils an Silvester in diesem und im kommenden Jahr die Sozialbindung. Die Linkspartei im Neustädter Beirat macht sich jetzt für eine Verlängerung stark. „Wir müssen verhindern, dass das ohnehin knappe Angebot an Sozialwohnungen noch weiter verringert wird“, sagt Schartenberg.
Politisch beschränkt sich dieses Anliegen nicht auf Huckelriede. Landesweit enden in jedem Jahr für einige Hundert Wohnungen die zumeist für zwei bis drei Jahrzehnte vereinbarten Mietpreis- und Belegungsbindungen. In diesem Jahr betrifft das laut Bauressort voraussichtlich 690 Wohnungen, davon 630 in der Stadt Bremen. Im kommenden Jahr werden insgesamt 565 ihre Eigenschaft als Sozialwohnung verlieren. „Das sind Prognosen, da die Bindungsdauer einiger Objekte von der Tilgung der jeweiligen Förderdarlehen abhängig ist“, schränkt Rene Möller, Sprecher der Bausenatorin, die Verbindlichkeit dieser Zahlen ein.
Zahl der geförderten Wohnungen in Bremen seit 2006 halbiert
Klar ist aber, dass absehbare auslaufende Sozialbindungen dem erklärten Ziel des Senats entgegenstehen, die Zahl der Sozialwohnungen in Bremen zu erhöhen. Rund 8000 lautete die Wunschvorstellung der Regierungskoalition zum Jahresende, 6247 waren es zum Jahresende 2022, 6499 zur Jahresmitte 2023.
Die zurückliegenden Jahre haben zudem gezeigt, dass es selbst bei guter Konjunktur kaum funktioniert, gegen den Schwund anzubauen. Nur in drei Jahren seit 2006 gab es am Ende mehr Sozialwohnungen als im Vorjahr. In der Gesamtbilanz hat sich die Zahl seitdem von ursprünglich über 12.000 halbiert, obwohl beispielsweise über die Gewoba als größte städtische Wohnungsgesellschaft seit einigen Jahren wieder kräftig gegengesteuert wird.
Vonovia hat auch Bremer Bauprojekte auf Eis gelegt
Deren Bestand hat sich seit 2015 um 1302 erhöht, sodass bis Ende 2022 insgesamt 1935 öffentlich geförderte Wohnungen im Portfolio der Gewoba waren. Weitere über 500 befanden sich laut Jahresbericht noch im Bau und werden in den nächsten Monaten und Jahren fertig. Allein im ehemaligen Bundeswehrhochhaus in der Bahnhofsvorstadt sollen 112 öffentlich geförderte Ein- bis Zwei-Zimmerwohnungen entstehen. Rund 90 Prozent aller neuen geförderten Wohnungen entfielen damit 2022 auf die Gewoba. Eine ähnliche Dominanz war bereits in den Vorjahren auszumachen. Die ebenfalls städtische Brebau hat im gleichen Zeitraum keine neuen Sozialwohnungen fertiggestellt.
Bei einem Gesamtvolumen von knapp 43.000 Mietwohnungen ist das allerdings immer noch ein kleinerer Anteil, als beim bundesweit agierenden Wohnungsbaukonzern Vonovia. Von deren rund 11.000 Wohnungen in Bremen sind Stand heute 20 Prozent Sozialwohnungen. Zusammen verwalten Vonovia und Gewoba damit rund Zweidrittel der derzeit vorhandenen Bremer mit Sozialbindung. Anders als die Gewoba hat die Vonovia allerdings deutschlandweit Neubauvorhaben auf Eis gelegt, darunter auch Projekte in Bremen. Gleichzeitig werden dem Vernehmen nach rund 300 Sozialwohnungen der Vonovia in den kommenden drei Jahren aus der Bindung fallen, falls die Politik nicht gegensteuert, so wie es die Linken in der Neustadt fordern.
Tatsächlich bemüht sich das Bauressort seit 2020, auslaufende Verpflichtungen wieder zu verlängern. Bis 2022 standen dafür insgesamt 3,75 Millionen Euro zur Verfügung. Gemessen an den bisherigen Ergebnissen müssen die Verhandlungen indes ein mühsames Geschäft sein. In den Jahren 2020 und 2021 wurden zusammen 135 Miet- und Belegungsbindungen um 20 Jahre verlängert. Kostenpunkt: 1,62 Millionen Euro. Im vorigen Jahr gelang das mit Fördermitteln in Höhe von 200.000 Euro dann nur noch für zehn Wohnungen. „Der Abschluss eines weiteren Vertrages über 108 Einheiten, deren Sozialbindung für rund eine Millionen Euro Fördermittel noch mal um zehn Jahre verlängert werden sollen, steht aber kurz bevor“, ergänzt Möller. Und auch künftig sollen ihm zufolge Mittel für Verlängerungen fester Bestandteil der Bremer Wohnraumförderprogramme sein.
Im Fall Niedersachsendamm rennen die Neustädter Linken offenbar offene Türen ein. Das Bauressort und die Vonovia bestätigen Gespräche über eine Verlängerung und zeigen sich zuversichtlich, eine Lösung dafür zu finden.