Bremens Verkehrssenatorin Özlem Ünsal (SPD) will den "Mobilitätsfrieden" herstellen. Wesentlich für das Gelingen ist die Frage, wie ihre Behörde und das ebenfalls beteiligte Innenressort zukünftig mit dem aufgesetzten Parken umgehen werden. Wie berichtet, hat Ünsals Ressort als Reaktion auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVG) einen Vier-Stufen-Plan erarbeitet. Nachdem das Konzept bereits in den vergangenen Tagen für zahlreiche Reaktionen gesorgt hatte, hat sich am Donnerstag die Verkehrsdeputation mit dem Thema beschäftigt. Dabei kam es, nach der BVG-Verhandlung in Leipzig, auch zu einem erneuten Aufeinandertreffen der Kläger und Beklagten.
Wolfgang Köhler-Naumann, einer der Bremer und Bremerinnen, die sich gegen das aufgesetzte Parken in ihren Wohnstraßen durch mehrere Instanzen hinweg rechtlich zur Wehr gesetzt hatten, wurde Rederecht eingeräumt. Er nutzte die Zeit, um mit Ünsals Vorgehen abzurechnen. "Hören Sie auf, mich mitzunehmen", sagt er an Ünsal gerichtet. Die Verkehrssenatorin hatte zuvor immer wieder betont, alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigen zu wollen und für einen Dialog geworben. Das Konzept sei weniger konkret als der bereits 2022 vorgestellte Vier-Punkte-Plan und keine Weiterentwicklung, so Köhler-Naumann. Er vermisst klare Zeitziele – diese fehlen, abgesehen von der Umsetzung der Rettungssicherheit im ersten Schritt, tatsächlich.
Ralph Saxe (Grüne) und Michael Jonitz (CDU) brachten in ungewohnter Einigkeit ebenfalls Kritik an – beispielsweise argumentierten sie, dass die Herstellung der Rettungssicherheit und auch der Barrierefreiheit auf den Gehwegen eine Mindestvoraussetzung sei, die in Bremen bislang offenbar nicht umgesetzt worden sei. Der Senat habe sich bisher eben nicht an geltendes Recht gehalten, sagte Jonitz. Saxe haderte mit dem Begriff "Mobilitätsfrieden", der kaum herzustellen sei. Er sprach Ünsal jedoch auch sein Vertrauen aus und zeigte sich überzeugt, dass die Senatorin wirklich Veränderungen anstrebe, nachdem jahrelang kaum etwas passiert sei.
Konkretere Zeitpläne, die sich nicht nur Saxe und Jonitz wünschten, hatten weder Ünsal noch ihr Abteilungsleiter für Verkehr, Gunnar Polzin, im Gepäck. Polzin betonte, dass es bei einem solchen Projekt kaum möglich sei, alles in klare Zeitpläne zu verpacken – zu komplex sei die Herausforderung, zu viel könne sich ändern. Aufgesetzt geparkt werde, wenn auch in manchen mehr als in anderen, in allen Bremer Stadtteilen. Polzin machte auch deutlich, dass die Behörde nach "Betroffenheit vor Ort" gegen das Gehwegparken vorgehen werde. Damit reagierte er auf Nachfragen zum Umgang mit den Klägern, die vor Gericht einen Neubescheid ihrer Anliegen – also das Vorgehen gegen aufgesetztes Parken – erstritten hatten.
Diskutiert wurde erneut über die Frage, wo betroffene Anwohner zukünftig parken sollen, wenn die Behörde gegen das aufgesetzte Parken vorgeht. "Es ist ein Problem, mit Beschränkungen anzufangen, ohne dass die Alternativen da sind", sagte Fynn Voigt (FDP). Jonitz und Ulf Nummensen (BD) äußerten sich ähnlich. In dem Konzept werden zwar zum Beispiel Quartiersgaragen und das Parken auf Supermarktplätzen genannt, die Pläne dafür sind bislang aber nach Ansicht der Opposition zu wenig konkret. Auch die Frage der Finanzierung ist nicht geklärt. Die zu erwartenden Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung würden wahrscheinlich nicht ausreichen, sagte Saxe.
Dass der ruhende Verkehr zukünftig auch über eine neue Parkraumbewirtschaftung, also kostenpflichtiges Parken, und Bewohnerparkzonen gesteuert werden soll, hob Polzin hervor. Auch werde man darauf achten, "negative Verdrängungseffekte" zu vermeiden. Sprich: Die Behörde will verhindern, dass Verkehrsteilnehmer auf andere Straßen ausweichen, in denen noch nicht gegen das aufgesetzte Parken vorgegangen wird.
Ünsal sprach sich am Schluss der Debatte erneut für ein gemeinsames Vorgehen aus. Nur so sei es möglich, den öffentlichen Straßenraum so zu gestalten, dass er den hohen Anforderungen der heutigen Zeit gerecht werde. Sie kündigte ein transparentes Vorgehen an. Geplant ist ihr zufolge zum Beispiel eine Webseite mit allen wichtigen Informationen, wie sie die Behörde bereits für die Sanierung der Weserbrücken eingerichtet hat.