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Gastkommentar Bremer Rennbahn und Tempelhof in Berlin – die Debatten ähneln sich

Von einer großen Freifläche soll etwas für die Stadtentwicklung "abgeknapst" werden – das stößt auf Widerstand. Der Streit um die Bremer Rennbahn ähnelt einer Debatte aus Berlin, meint Klaus Schäfer.
03.09.2025, 22:36 Uhr
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Von Klaus Schäfer

Auf verblüffende Weise gleicht der Verlauf der Debatte um die ehemalige Galopprennbahn der zum ehemaligen Flugfeld Tempelhof in Berlin. Eine eindrucksvoll große Fläche, die aufgrund ihrer Nutzung als grüner Freiraum in Erscheinung trat, verliert die Funktion und wird zum Spielball der Interessen. Die kaum nachvollziehbare schiere Größe im Verhältnis zur Gesamtstadt wird von einer Seite zum Sakrileg erhoben, während die andere Seite geflissentlich betont, doch nur daran ‚knabbern‘ zu wollen. Unverstanden der Eindruck, dass hier für wenige Wohngebäude exklusive Lagen geschaffen und besetzt werden sollen. Damit liegt – so der Verdacht – eine fortschreitende sukzessive Besiedlung als stadtplanerischer Prozess nahe, der nun eingeleitet werden könnte. Der Anschein entsteht, die behördliche Verzagtheit verstärke den Widerstand.

Entscheidend ist wohl, und darin ist wieder eine Parallele zu Berlin erkennbar, dass die lange Phase nach der plebiszitären Ablehnung nicht zu einem glaubwürdigen gestalterischen Konzept geführt hat, das den Konflikt befriedet.

In einem Symposium und einem Studienprojekt der Hochschule Bremen, jeweils mit internationaler Beteiligung im Jahr 2016, haben wir zur Zukunft der Galopprennbahn für ein inklusives Modell von Stadtentwicklung geworben. Ein neuer Stadtteil – das hat manchen verschreckt – sollte vermitteln zwischen der freiraumorientierten Neuen Vahr, der Nachbarschaft aus Einfamilienhäusern und den Mercedes-Werken. Ein Stadtteil, eigenständig, sozial und funktional gemischt, zum Wohnen und Arbeiten, für Freizeit – mit einem großen Park – und urbanem Vergnügen auf Plätzen und Straßen im Shared-Space-Konzept.

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Das Symposium mit dem Titel „Aufbruch aus der Zwischenstadt“ beschäftigte sich mit Themen der ‚Ankunftsstadt‘. Stadtentwicklung kann Migration fördern, oder auch behindern. Der Kern liegt in der Fragestellung: Wie kommt Urbanität zustande? Und wie kann sie allen unabhängig von der Herkunft für ihr Leben nützlich sein? Ankommen und Bleiben als Erfolgsmodell erhält neben den vielen gesellschaftspolitischen Einflüssen in der Form städtischen Zusammenlebens seine Prägung. Am Thema Migration lässt sich, wie bei einem Seismografen, ablesen, was letztendlich die ganze Stadtgesellschaft im Zusammenleben bestimmt. Bremen hat hier eine proaktive Entwicklung ab dem Jahr 2015 aufgenommen, an der sich weiterarbeiten lässt: Siedeln als Sinnstiftung.

Zur Person

Klaus Schäfer
ist Professor an der Hochschule Bremen im Lehrgebiet Städtebau und Entwerfen. In seiner Forschung hat er sich auch mit der Zukunft des Rennbahngeländes befasst.
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