Organisierten Kriminalität aufzudecken, Drogenbosse oder Menschenhändler zu überführen und hinter Gitter zu bringen, ist eine Sache. Eine andere ist es, anschließend auch an die Beute der Täter heranzukommen, an Bargeld, Immobilien oder Luxusfahrzeuge. Hierfür braucht man Personal, wie es in Bremen unter anderem die Hochschule für Öffentliche Verwaltung (HfÖ) ausbildet. Die erhält nun einen zusätzlichen Schub: Die Europäische Union hat die Hochschule als Exzellenzzentrum für Kriminalitätsermittlungen und Strafrechtspflege ausgezeichnet. Schwerpunkte des Zentrums in Ausbildung und Forschung sind die Themen Geldwäsche und Finanzkriminalität.
Der Titel "Jean-Monnet-Exzellenzzentrum" steht für ein Programm, mit dem die EU Institutionen für bereits bestehende exzellente Forschung in bestimmten Bereichen auszeichnet. Primär geht es um einen Ehrentitel und nicht um Forschungsförderung im eigentlichen Sinne. 100.000 Euro werden aber trotzdem in den nächsten drei Jahren von Brüssel nach Bremen fließen.
100.000 Euro von der EU
Ermittlungen bei Geldwäsche, Vermögensabschöpfung oder auch Steuerbetrug sind stets auch eine Frage der Zuständigkeit. Die Innenbehörde, die Justiz oder doch das Finanzressort? Genau hier müsse die Arbeit ansetzen, sagt Arthur Hartmann, Leiter des Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung (IPoS) der Hochschule, wo das neue Zentrum organisatorisch angebunden ist. Es gelte, Grenzen zu überschreiten, auch auf institutioneller Ebene. "Kriminalität bedeutet eben nicht mehr nur Polizeiarbeit", bringt es Michael Asche auf den Punkt. Asche leitet den dualen Studiengang "Steuern und Recht" an der HfÖ. Die polizeiliche Ausbildung folge bestimmten Inhalten, "aber für die Bekämpfung von Finanzkriminalität brauchen wir neue Ansätze".
Wofür die HfÖ Bremen mit ihren drei Studiengängen für den Polizeivollzugsdienst, Risiko- und Sicherheitsmanagement sowie Steuern und Recht die Voraussetzungen bietet. Dass dies offenbar auch auf EU-Ebene so gesehen wird, freut Finanzsenator Björn Fecker (Grüne), an dessen Ressort die Hochschule noch angedockt ist. "Wir haben natürlich Interesse an hoher Kompetenz für diesen Bereich vor Ort", sagt er. Und knüpft daran die Hoffnung auf Wissenstransfer. Nicht nur für die Steuerberatungskanzleien, in denen die Absolventen des HfÖ-Studienganges Steuern und Recht in der Regel landen, sondern auch für Bremens Steuer- und Finanzämter, für die Polizei und die Generalstaatsanwaltschaft.
Schon bei den ersten Aktivitäten des Exzellenzzentrums werde ein Fokus auf Fortbildungsveranstaltungen liegen, sichert Hartmann diesen Wissenstransfer zu. In erster Linie für die Finanzbehörde und das Justizressort, eventuell aber auch für die Polizei und den Bereich Steuerberatung. Die Vernetzung mit anderen Behörden, weiteren relevanten Institutionen und Persönlichkeiten gehöre ohnehin zu den Grundanforderungen, die das Zentrum im Rahmen des vertraglich festgelegten Programms erfüllen muss. "Wir haben hier ein Hochleistungsinstitut, von dem alle profitieren. Das Zentrum soll einen hohen konkreten Nutzen für diese Stadt haben."
EU-Perspektive im Blick
Eine weitere Aufgabe für das Exzellenzzentrum lautet, in Forschung, Lehre und bei organisatorischen Maßnahmen stets die EU-Perspektive zu berücksichtigen. Auch dies ist allerdings kein Neuland für Hochschule und IPoS. Von der künftig noch engeren Anbindung an die Europäische Union über das Exzellenzzentrum verspricht sich Institutsleiter Hartmann indes noch andere Vorteile: "Es wird einfacher, weitere Mittel für Forschungsprojekte einzuwerben und mit EU-Institutionen wie Europol, Eurojust oder das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung zu kooperieren – zu denen haben wir jetzt einen privilegierten Zugang."