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Reaktionen auf Ankündigung "Das Karstadt-Aus wäre wohl der Todesstoß für die Innenstadt"

Nachdem die Mitarbeiter über das Aus von Karstadt in Bremen informiert waren, blieben die Türen des Kaufhauses geschlossen. Die Kunden zeigten sich ebenso überrascht und schockiert wie die Angestellten.
13.03.2023, 21:02 Uhr
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Von Timo Thalmann

Die Rollläden an mehreren Eingängen sind heruntergelassen. Wo sie es nicht sind, informieren eilig angeklebte Schilder direkt neben dem Hinweis auf den verkaufsoffenen Sonntag am 2. April, dass Karstadt heute betriebsbedingt früher schließt. Trotzdem rütteln Kunden an den Türen und wundern sich. Geschlossen? An einem ganz normalen Montagnachmittag? Bisweilen bilden sich kleine Grüppchen und diskutieren angeregt, weil jemand Bescheid wusste und erzählen kann, dass Karstadt in Bremen seine Tore dauerhaft schließt.

Vielen, die das vor den geschlossenen Türen des Warenhauses gerade erstmals erfahren, fällt wortwörtlich die Kinnlade herunter. Sie staunen mit offenem Mund über die Nachricht. „Ich bin ehrlich geschockt“, sagt Ingrid Schuldt. Für die Bremerin aus dem Viertel ist Karstadt der erste Anlaufpunkt für ihren regelmäßigen Lebensmitteleinkauf. Praktisch sei das, nur ein paar ­Stationen mit der Straßenbahn, Haltestelle direkt vor der Kaufhaustür. „Wenn ich was brauche, fahr ich immer nach Karstadt“, erzählt sie im besten Bremisch. Sollte das Haus tatsächlich ganz zumachen, wäre das wohl der „Todesstoß“ für die Innenstadt.

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„Die Stadt stirbt dann aus“, kommentiert auch Manfred Decker. Der 83-jährige ist mit seiner Frau extra aus Delmenhorst gekommen. Bettwäsche und ein Kopfkissen wollten sie kaufen. Für so etwas ist der gebürtige Bremer selbstverständlich auch immer „nach Karstadt“ gefahren. Ihm schwant Übles. Was mit einer Kaufhaus-Immobilie und der Innenstadt passieren kann, wenn der Betrieb eingestellt ist, könne er in Delmenhorst jeden Tag direkt besichtigen. Karstadt wurde dort kurzzeitig zu Hertie und hat dann im Frühjahr 2009 ganz zugemacht. Seitdem dominiert die Kaufhaus-Ruine weite Teil der Innenstadt, die sich bislang jedem Wiederbelebungsversuch widersetzte. Das wolle er sich für Bremen lieber nicht ausmalen.

Damit trifft er eine allgemeine Stimmung. „Ein Erhalt dieses Karstadt-Standorts ist für die Attraktivität des Einzelhandelsangebots und als Anziehungspunkt für Kunden in der Bremer Innenstadt sehr wichtig“, heißt es in einer Reaktion der Handelskammer. „Warenhäuser sind immer ein großer Publikumsmagnet, insofern wäre eine Schließung von Karstadt ein Verlust“, meint auch Stefan Storch, Bremer Einzelhändler und Vizepräsident des Handelsverbands Nordwest.

So sieht es auch Ingeborg Heise, die an diesem Tag vor den verschlossenen Karstadt-Türen kehrtmachen muss. „Ich bin ein ausgesprochener Fan von Kaufhäusern“, meint die knapp 70-jährige. Da sei sie auch immer in der Diskussion mit ihrer Tochter, die gerne per Internet kaufe und sich dann beschwere, die Innenstadt würde veröden. Dass Kaufhäuser nicht mehr zeitgemäß sein sollen, werde regelrecht herbeigeredet, findet Ingeborg Heise. „Ich mag es, alles unter einem Dach zu finden“, sagt sie und schaut die denkmalgeschützte Karstadt-Fassade hinauf.

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Noch ein weiteres kleines Grüppchen steht vor dem Gebäude, diesmal aber an einer geöffneten Tür. Es ist der Personalausgang, kurz nach Ende der Betriebsversammlung, auf der die Mitarbeiter vom Ende der Bremer Filiale erfahren haben. Sie sind geschockt, auch überrascht, aber vor allem schweigsam. So richtig reden will hier niemand. „Fragen Sie die Betriebsratsvorsitzende“, heißt es einsilbig. „Ich bin seit 42 Jahren hier dabei. Das ist ein Stück zu Hause. Ich weiß auch nicht...“, eine Angestellte bricht den Satz ab. Sie hätten gern die Hoffnung, dass sich noch eine Lösung findet für den Konflikt zwischen Kurt Zech als Vermieter des Hauses und ihrem Arbeitgeber als Mieter. Aber sie trauen sich nicht so recht. „Das Aus klang heute schon ziemlich verbindlich“, sagt einer.

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