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Lauterbachs Reformkonzept Bremer Kliniken vor tiefen Einschnitten

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant eine umfassende Reform des Kliniksektors. In Bremen würde ein Kahlschlag drohen. Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) will das nicht zulassen.
14.02.2023, 05:00 Uhr
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Bremer Kliniken vor tiefen Einschnitten
Von Jürgen Theiner

In der Bremer Krankenhauslandschaft bliebe kein Stein auf dem anderen, falls die Vorschläge einer von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission verwirklicht werden. Mehrere Kliniken würden komplett verschwinden, andere müssten ihr medizinisches Behandlungsspektrum deutlich eindampfen. Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) und örtliche Branchenvertreter gehen zwar nicht davon aus, dass die Überlegungen der Kommission eins zu eins umgesetzt werden. Doch eines ist klar: Die stationäre Gesundheitsversorgung steht – nicht nur in Bremen und Bremerhaven – vor dem größten Umbruch seit Jahrzehnten.

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Anfang Dezember hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ein Reformkonzept vorgestellt, das von der Expertenkommission erarbeitet worden war. Es sieht im Kern eine dreistufige Struktur für den Kliniksektor vor. Auf der untersten Stufe soll es kleinere Häuser geben, die eine internistische und chirurgische Grundversorgung bieten, auf der mittleren Ebene sogenannte Fachkrankenhäuser für den darüber hinausgehenden Bedarf. Die dritte Stufe bilden Maximalversorger wie etwa Uni-Kliniken. Gestaffelt von Grund- zu Maximalversorgern ist in dem Konzept von Häusern der Level I, II und III die Rede. Diesen Stufen sind sogenannte Leistungsgruppen zugeordnet. Sie entsprechen einzelnen medizinischen Fachbereichen. So soll sichergestellt werden, dass nur solche Kliniken bestimmte Behandlungen anbieten, die dafür auch ärztlich besonders qualifiziert und ausgestattet sind.

Die Bremer Krankenhausgesellschaft (HBKG) hat modellhaft nachvollzogen, was die Realisierung der Lauterbach-Pläne für den Zwei-Städte-Staat bedeuten würde. Einen Maximalversorger, wie ihn das Klinikum Bremen-Mitte (KBM) derzeit darstellt, gäbe es dann gar nicht mehr, denn ihm fehlt die Herzmedizin, die derzeit am Klinikum Links der Weser (LdW) angesiedelt ist. Das KBM wäre also nur noch ein Level-II-Haus und müsste deshalb zum Beispiel das Eltern-Kind-Zentrum mit seinen spezialisierten Fachbereichen wie Frühchen-Versorgung und Kinder-Krebsbehandlung sowie weitere wichtige Disziplinen abgeben. Alle anderen Bremer Kliniken würden sich auf Level I wiederfinden, also in der Grundversorgung. Auch sie müssten sich dann von einigen ihrer Angebote trennen. Das Diako in Gröpelingen etwa von Orthopädie und Urologie, das St.-Joseph-Stift in Schwachhausen von der Augenheilkunde und der Therapie von Krebserkrankungen. Als einziges Level-III-Haus – mithin Maximalversorger – verbliebe erstaunlicherweise das Bremerhavener Klinikum Reinkenheide.

Im Grunde aber wäre der Schnitt noch radikaler. Denn das Lauterbach-Konzept sieht zugleich vor, dass Krankenhäuser dann schließen sollen, wenn sie näher als 30 Fahrminuten an einem Klinikum der nächsthöheren Kategorie liegen. Im ländlichen Raum hätte das vermutlich keine größeren Folgen. Für die Stadt Bremen mit zehn Kliniken auf nur 326 Quadratkilometern hieße das aber, dass so gut wie alle Level-I-Krankenhäuser dichtmachen müssten. "Mehr als die Hälfte aller Kapazitäten in Bremen fiele weg", benennt HBKG-Chef Uwe Zimmer die möglichen Konsequenzen.

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Ein solches Szenario ist allerdings aus seiner Sicht und auch nach Einschätzung von Senatorin Bernhard realitätsfern. In den nun anstehenden Gesprächen zwischen Bund und Ländern müssten sinnvolle Kompromisse gefunden werden, bei denen die notwendigen Strukturveränderungen in der stationären Gesundheitsversorgung mit den örtlichen Erfordernissen austariert werden. Claudia Bernhard hat auch nicht vor, sich die bisher gesetzlich verankerte Planungshoheit der Länder für ihre Krankenhauslandschaft einfach aus der Hand nehmen zu lassen. "Wir müssen weiterhin entscheiden dürfen, welche Behandlungsleistungen benötigt werden und wo sie erbracht werden", steht für die Senatorin fest.

Die nächsten Monate werden spannend, denn Lauterbach macht Tempo. Er strebt einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der stationären Versorgung bis zur Jahresmitte an. Veränderungen werden also in jedem Fall kommen – welche genau, ist nun Verhandlungssache. Dass der Bundesgesundheitsminister es ernst meint mit dem Umbau der deutschen Krankenhauslandschaft, daran lässt er keinen Zweifel. In seinem Konzept ist nur für gut 500 von bisher knapp 1700 Kliniken ein Bestandsschutz vorgesehen.

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