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Konzert in Bremen Böhse Onkelz überschreiten längst keine Grenzen mehr

Wer es mit der Kunstfreiheit ernst meint, darf erst dort Grenzen ziehen, wo es strafrechtlich ernst wird – bei den Böhsen Onkelz ist das längst nicht mehr der Fall, meint Joerg Helge Wagner.
12.08.2024, 05:00 Uhr
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Böhse Onkelz überschreiten längst keine Grenzen mehr
Von Joerg Helge Wagner

Schön, dass beim Einlass zu Rockkonzerten bislang nur in die Taschen geschaut wird und noch nicht in die Köpfe. Schön, dass bloß die Tickets und nicht auch die politischen Haltungen kontrolliert werden. Selbstverständlich scheint dies jedoch nicht mehr zu sein. Über die Jahre hat sich im linken Milieu eine Tendenz entwickelt, Publikum unter Generalverdacht zu stellen, wenn es Künstlern huldigt, die man selbst ablehnt.

Dabei geht es heute nicht mehr um Arno Breker, Leni Riefenstahl oder Richard Wagner, sondern um Bands wie Rammstein, Frei.Wild oder Böhse Onkelz. Allesamt Kassenmagneten, deren Tourneen ruckzuck ausverkauft sind. Aber konnte man Volkes Vorlieben je trauen? Zur Not muss wenigstens das Etikett „umstritten“ draufgepappt werden – damit kann man schließlich alles und jeden madigmachen.

Der Auftritt des Frankfurter Quartetts Böhse Onkelz am kommenden Sonnabend trieb die Bremer SPD schon vor einem halben Jahr um: Droht ein Rock-Reichsparteitag auf der Bürgerweide? Kann man da gar nichts gegen machen? Zweimal ganz klar: Nein! Ja, die Onkelz haben mal rechtsradikalen Skinhead-Mist gegrölt, ihr erstes Album wurde verboten. Das ist 40 Jahre her – selbst Totschlag verjährt nach der Hälfte dieser Zeit. Und die Band hat seit 30 Jahren unzählige Male ihre Abkehr von den früheren Verfehlungen beteuert, auch tätige Reue gezeigt mit Spenden an Opfer rechter Gewalt.

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Eines haben sie allerdings nicht getan: jene moralinschwangere „Wir sind immer auf der richtigen Seite“-Attitüde übernommen, wie sie mittlerweile von Konstantin Wecker über die Ex-Punks Tote Hosen bis Revolverheld gepflegt wird. Sie haben keine „Plakate gegen rechts“ gemalt und auch keine Regenbogenfahnen auf ihren Konzerten gehisst. Sie haben einfach weiter lauten, dreckigen Rock mit eher schlichten Texten gespielt – muss einem nicht gefallen, aber man muss ja nicht hingehen. Man muss auch die Leute nicht mögen, denen das gefällt – die aber haben jedes Recht dazu.

Es liegt in der Natur von Grundrechten, dass sie auch bedenkliche Äußerungen, Geschmackloses und andere Zumutungen unterhalb strafrechtlicher Normen schützen. Deshalb darf man hier Soldaten Mörder nennen, Flaggen verbrennen oder Jesus wie Mohammed karikieren. So sollte es bleiben.

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