Für die Lloyd-Werft in Bremerhaven gibt es bislang keine neuen Aufträge und die Geschäftsführung spricht mit den Mitarbeitern offenbar nicht über die Situation. Das sagt der Geschäftsführer der IG Metall in Bremerhaven.
Die Lloyd-Werft hat die „Primula Seaways“ der DFDS-Fährreederei um dreißig Meter verlängert und gleich auch noch einen Bugschaden repariert. Doch die Ablieferung des Großauftrags ist für die mehr als 400 Beschäftigten der Bremerhavener Werft kein Grund zum Feiern. Alles wird von der Frage überschattet, wann wieder Arbeit kommt. Die IG Metall fordert die Gesellschafter der Genting Group jetzt auf, die Geschäftsführer auszuwechseln, sollte nach den angesetzten Buchprüfungen das Vertrauen gestört sein.
„Wir brauchen am Standort handlungsfähige Geschäftsführer, damit die über 400 Beschäftigungsverhältnisse weiter bestehen können. Kommen die Eigentümer der Werft nach den Buchprüfungen zu dem Schluss, dass das Vertrauen in die Geschäftsführung erschüttert ist, müssen sie sie auswechseln,“ sagt Karsten Behrenwald, Geschäftsführer der IG Metall in Bremerhaven und stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung.
Behrenwald spricht von dem Problem, dass Geschäftsführung und Gesellschafter der Lloyd-Werft weder mit dem Werftbetriebsrat noch mit der IG Metall über die Situation auf der Werft sprechen: „Dabei müssten wir dringend einmal eine Belegschaftsversammlung machen. Unsere Leute sind wirklich unruhig und sorgen sich um ihre Jobs.“
"Mit der LLoyd-Werft geht es weiter"
Joachim Hagemann ist als der von Genting eingesetzte Aufsichtsratschef der Lloyd erstaunt über diese Informationspolitik der Geschäftsführung auch gegenüber den Medien: „Solange der Vorstand dort im Amt ist, muss er für die Firma sprechen. Es gibt keine gegenteilige Aussage als die, dass es mit der Lloyd-Werft weitergeht.“ Offen spricht der Aufsichtsratsvorsitzende aber auch das Thema Kurzarbeit an: „Stellen Sie sich auf den Deich und halten Sie Ausschau nach Reparatur- und Umbauaufträgen. Die gibt es momentan nicht auf dem Markt – nicht für Blohm und Voss in Hamburg und auch nicht für die Lloyd-Werft.“
Hagemann ist auch Geschäftsführer ehemaliger Nordic-Werften an der Ostsee, die die Genting Group nach der Lloyd-Werft gekauft hat. Dort sollen nun die Riesenkreuzfahrtschiffe der Genting-Gruppe auf wesentlich moderneren Werften teilweise in überdachten Hallen gebaut werden. Für diese Schiffe waren eigentlich Mitte September 2015 im Bremer Rathaus feierlich die Verträge für Bremerhaven als Bauzentrale unterzeichnet worden.
Auch im Osten droht Kurzarbeit
Damals benannte Genting die ganze Werftgruppe noch nach der Lloyd-Werft. Doch auch im Osten droht nach all den Heilsversprechen von Konzernchef Tan Sri Lim Kok Thay erst einmal Kurzarbeit, wie Hagemann bestätigt: „Wir werden auch dort Kurzarbeit machen müssen. Die Konstruktion eines Kreuzfahrtschiffes dauert nun einmal zwei Jahre, genauso lange wie der Bau.“
Von einer Zerrüttung des Verhältnisses zwischen Genting und der Lloyd-Werft-Geschäftsführung will Joachim Hagemann nichts wissen. Dass die Buchprüfer die letzten Verlustgeschäfte der Werft – unter anderem die Stelzenverlängerung an einem Offshore-Errichterschiff – so genau unter die Lupe nehmen, ist aus Hagemanns Perspektive normales Geschäft: „Wir stehen in permanentem Austausch mit den Buchprüfern allein aus steuerlichen Gründen. Und wir müssen wissen, wo wir stehen. Solch eine Prüfung ist da ganz normal.“
"Genting sieht Perspektiven für die LLoyd-Werft"
Dazu sind inzwischen aus den vertraulichen Gesprächen der Genting-Führungsspitze im Bundeswirtschaftsministerium mit Staatssekretär Uwe Beckmeyer (SPD), Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) und Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) ganz andere Details nach außen gedrungen. Einige wenige Millionen Verlust machten Genting bei einem Auftrag vielleicht nicht wirklich viel aus, hieß es vonseiten der Asiaten mit Colin Au an der Spitze: Aber wenn die Projektsteuerung bei einem Milliardenauftrag dreißig Prozent Minus einfahre, dann wäre man auch bei Genting sehr besorgt.
Grundsätzlich hätten sich die Genting-Vertreter allerdings zu der wirtschaftlichen Verantwortung für die Zukunft der Lloyd-Werft auch in Berlin bekannt, meinte dazu Tim Cordßen, der Sprecher von Martin Günthner, dem Bremer Wirtschaftssenator und Bremerhavener SPD-Chef: „Genting sagte in dem Gespräch, dass sie weiterhin Entwicklungsperspektiven für die Lloyd-Werft sehen.“ Der Bremerhavener Bundestagsabgeordnete und Maritime Koordinator der Bundesregierung Uwe Beckmeyer (SPD) mahnt die Asiaten: „Auch an der Ostsee wird genau geguckt, wie sich Genting in Bremerhaven verhält. Man kann nicht eine Werft kaufen und sie gleich wieder fallen lassen.“
Es sei wichtig, im Einsatz für die Lloyd-Werft nicht nachzugeben und neue Perspektiven zu finden. Aber die Rede ist bei allen Akteuren beim Thema Perspektive nur noch von Reparatur, Umbau und Jachtbau, nicht mehr von Großschiffneubau, wie auch Aufsichtsratschef Hagemann bestätigt: „Und auch im Jachtbau ist es trotz der Erfahrungen der Werft in dem Segment nicht mehr so, dass man ruft: Wir würden gerne eine Jacht bauen, und dann stehen die Bewerber Schlange. Auch da dauert die Akquise mitunter Jahre in einem stark umkämpften Markt.“
Genting zieht Neubauaufträge zurück
Die Schiffskonstruktion ist noch so ein Thema, zu dem es in Bremerhaven zurzeit mehr Fragen als Antworten gibt. IG-Metall-Mann Karsten Behrenwald weiß von 70 Mann in der Konstruktion, deren Kopfzahl auch noch auf einhundert steigen soll. Im Bau der historischen Backsteinzentrale hat sich das Designzentrum der Werft eingerichtet. Allerdings ist Bremerhaven für die Genting-Aufträge gar nicht mehr Konstruktionszentrum, sondern finnische Büros mit mehr Erfahrung im Bau von Kreuzfahrtriesen.
Günthner-Sprecher Tim Cordßen weiß aber, dass weder die Finnen, noch die Deutschen allein über genug Konstrukteure verfügen, um die riesigen Genting-Flottenneubauprogramme für Star Cruises und Crystal Cruises umzusetzen: „Nach unseren Informationen ist das Designzentrum ausgelastet und wird es auch noch weiter sein.“ Die Konstruktion lebt vielleicht also auch langfristig von dem, was eventuell an Unteraufträgen von den Finnen weitergereicht wird.
Und schließlich ist da auch noch die marode Bananenpier im Kaiserhafen III, die plötzlich, nachdem Genting die Neubauaufträge zurückgezogen hatte, Bremen als Hafenbesitzer auf die Füße fällt. Von 36 Millionen Euro war die Rede für einen fast kompletten Neubau. Obendrauf wollte die Lloyd-Werft für mehr als drei Millionen Euro Kräne und eine moderne Schiffsausrüstung mit Werkstätten setzen.
Neue Kaje kommt
Doch die schriftliche Zusage für dieses Drei-Millionen-Investment kam auch auf Nachfrage nie im Wirtschaftsressort an. Der Rückzug der Asiaten erklärte, warum. Bremerhavens Oberbürgermeister wollte das öffentliche Geld sogar schon lieber für eine Ertüchtigung der Columbus-Kaje einsetzen.
Doch die neue Kaje kommt, auch wenn der Neubau nicht mehr mit dem Wachstum der Lloyd-Werft erklärt werden kann. Laut Tim Cordßen stehe der Ersatz für das Backsteingemäuer schon seit Prüfungen im Jahr 2014 auf der Liste der wichtigen Hafenprojekte: „Sollte die Kaje abgehen, haben wir Probleme mit der Nutzung des gesamten Kaiserhafens III. Gegenüber läuft der Auto- und Offshore-Umschlag der BLG.“ Und sollte die Lloyd-Werft doch noch die Kaje nutzen wollen, gehe das noch. So viel Flexibilität sei da.
"Genting hat sich mit vier Werften schlicht überkauft"
Fast am Ende der alten Kaje steht man dann vor dem Eingang des alten Betriebs von Rickmers Lloyd, dessen Schwimmdock seit 2013 zu „German Dry Docks“ der Petram-Gruppe gehört. Dieter Petram war auch Hauptgesellschafter der Lloyd-Werft, bevor er und die BLG von den Asiaten aus der Werft heraus gekauft wurde. Alte Feinde und alte Freunde streuen momentan gleichermaßen, dass der Unternehmer schon wieder in den Startlöchern stehen soll, Genting die Lloyd-Werft wieder abzunehmen.
Genting habe sich mit vier Werften schlicht überkauft, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Dieter Petram und auch die Geschäftsführung von German Dry Docks meldeten sich nicht auf die Anfragen des WESER-KURIER. Dieter Petram und die aktuelle Geschäftsführung der Lloyd-Werft kamen in der Vergangenheit aber letztlich immer ganz gut miteinander zurecht. Und Petrams German Dry Docks haben noch Arbeit.