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Polizeibeauftragter des Bundes Für eine bessere Polizei im Bund und in Bremen

Der neue Polizeibeauftragte des Bundes kommt aus Bayern. Beim Antrittsbesuch in Bremen findet er viele lobende Worte über den Nordwesten.
16.05.2024, 05:00 Uhr
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Für eine bessere Polizei im Bund und in Bremen
Von Joerg Helge Wagner

Ärger bei der Polizei, Ärger mit der Polizei! Dafür gibt es mittlerweile in fast allen Bundesländern Beauftragte, in Bremen ist es seit gut zwei Jahren die Juristin Sermin Riedel. Was aber, wenn es Konflikte bei der Bundespolizei und beim Bundeskriminalamt gibt? Oder Beschwerden über diese Behörden? Dafür gibt es seit Mitte März den Polizeibeauftragten des Bundes: Uli Grötsch heißt der Mann, Ex-Polizist, Ex-Bundestagsabgeordneter (SPD), 48 Jahre alt und ein waschechter Bayer aus Weiden in der Oberpfalz. Jetzt besuchte er Bremen und natürlich auch seine Kollegin Riedel.

Grötsch legt Wert darauf, dass er nicht einer der vielen Beauftragten der Bundesregierung ist, wie es sie für Antisemitismus, Antirassismus, Antidiskriminierung, Behinderte, Datenschutz, Ostdeutschland, Mittelstand, Tierschutz, Luft- und Raumfahrt etc. gibt. Der Polizeibeauftragte hingegen ist vom Bundestag gewählt, genau wie die Wehrbeauftragte oder die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur. Das verschaffe ihm ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, betont der frühere Grenzpolizist, der 21 Jahre an der deutsch-tschechischen Grenze Dienst tat. „Meine fünfjährige Amtszeit ist nicht an eine Legislaturperiode gekoppelt und mein Rückhalt auch nicht an eine Regierungskoalition.“

Sowohl Beamte als auch Bürgerinnen und Bürger können sich an Grötsch wenden. Innerhalb der Polizei sieht er ein ganzes Bündel möglicher Aufgaben: „Das reicht von strukturellen Fehlentwicklungen, etwa bei der Nachwuchsgewinnung, bis hin zum Extremistenfilter. Da geht es sowohl um Fälle von Rassismus als auch um Versuche Russlands, Einfluss auf unsere Sicherheitsbehörden zu nehmen.“ Und weil das in den Ländern ähnlich sei, stehe er in engem Austausch mit Riedel, aber auch den entsprechenden Beauftragten der Bundesregierung.

„Bei der Polizei kommen ziemlich alle mal in Situationen, wo es Sinn macht, sich an eine unabhängige Stelle außerhalb des Dienstweges zu halten“, weiß Grötsch aus Erfahrung. „Und auf Wunsch behandele ich das natürlich auch vertraulich.“ Der Bedarf ist offenbar da: 124 Eingaben hat es in den ersten sechs Wochen gegeben, davon vier aus Niedersachsen, aber bislang keine aus Bremen. „Das geht querbeet durch das ganze Leben“, sagt der Polizeibeauftragte und räumt ein, dass der überwiegende Teil nicht aus der Polizei, sondern aus der Bevölkerung kam. „Zum Teil ist das aber Ländersache, das reiche ich dann an die Kollegen weiter.“

Sermin Riedel kannte Grötsch bislang nur aus Videokonferenzen, aber schon da fiel ihm auf: „Sie hat eine sehr deutliche Wahrnehmung in ganz Deutschland.“ Auch für den prominentesten Bremer unter Deutschlands Polizisten, BKA-Chef Holger Münch, findet der neue Polizeibeauftragte so weit nur lobende Worte: „Das ist ein herausragender Akteur in den Sicherheitsbehörden.“

Bei der Bremer Landespolizei schaute Grötsch im Rahmen seines Antrittsbesuchs erst einmal nicht vorbei, vornehmlich kümmert er sich um die Dienststellen der Bundespolizei. Da geht es um Behördenmitarbeiter, die sich ungerecht behandelt oder diskriminiert fühlen. Oder um Einheiten, die ganz praktische Unterstützung brauchen: „In Bayreuth etwa klagt die Bundespolizei, dass ihre Feldküchen uralt seien.“ Keine Bagatelle findet Grötsch: „Im Ernstfall muss der Staat sich selbst versorgen können, da kann man nicht nach einem Caterer rufen.“ Also werde er die Angelegenheit dem Haushaltsausschuss des Bundestages vortragen.

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17 Mitarbeiter hat Grötsch künftig, darunter Juristen, Soziologen, Historiker, Psychologen. Für diese Ausstattung ist er auch „sehr dankbar“, denn „wir werden absehbar viel zu tun haben“. Man sei keine reine Beschwerdestelle, es gebe auch einen wissenschaftlichen Aspekt: Erkenntnisse sollen etwa in die künftige Polizeiausbildung einfließen. „Das ist mir ein großes Anliegen.“

Und wie von der Wehrbeauftragten wird es einmal jährlich – immer zum 30. Juni – einen Bericht an den Bundestag geben. Mit der erfahrenen Parteifreundin Eva Högl tauscht er sich regelmäßig aus: „Ich versuche, einiges von ihr zu übernehmen, etwa die Art und Weise der Besuche vor Ort.“ Hier im Nordwesten beeindruckt ihn vor allem das Demokratie-Paten-Projekt an der Akademie der Bereitschaftspolizei in Nienburg, das es seit 2019 gibt. „Das ist ein echter Leuchtturm“, schwärmt Grötsch, „um die Polizei aus sich selbst heraus zur politischen Weiterbildung zu ertüchtigen.“ Offenbar sind hier die Unterschiede zwischen den Ländern zuweilen groß. So hat neben dem Saarland ausgerechnet Bayern keinen Landesbeauftragten für seine Polizei. „Da verschließt man leider die Augen vor der Notwendigkeit“, findet der Bayer Götsch.

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