Sich bei Polizei und Feuerwehr bekannt machen, Kontakte knüpfen, Netzwerke aufbauen und nicht zuletzt: das eigene Büro aufbauen... Doch, doch, sie habe gut zu tun gehabt in den vergangenen zwölf Monaten, sagt Sermin Riedel, Bremens erste Polizei- und Feuerwehrbeauftragte. Klingt nach dem klassischen Einstiegsjahr für jemandem, der ein völlig neues Amt antritt – "erst mal in Ruhe ankommen". Aber ganz so ist es dann doch nicht gewesen. Rund 80 konkrete Eingaben und Beschwerden fielen dann auch schon an, im ersten Jahr der Polizei- und Feuerwehrbeauftragten. Darunter auch Fälle, zu denen es inzwischen disziplinarrechtliche oder sogar strafrechtliche Ermittlungen gibt.
Am 1. März 2022 trat Riedel, Jahrgang 1981 und Juristin, ihre neue Stelle an. Für einen offiziellen Tätigkeitsbericht ist es noch zu früh. Den fordert die Bürgerschaft nur alle zwei Jahre von ihr, erstmals also 2024. Aber Zeit für eine kleine Zwischenbilanz ist allemal. Und die fällt durchweg positiv aus. Gut sei es ihr ergangen, beantwortet sie die entsprechende Frage. Zunächst sei es wichtig gewesen, sich in den beiden Organisationen bekannt zumachen, für die sie zuständig ist, Polizei und Feuerwehr. Auch und gerade, um deren Arbeitsalltag kennenzulernen.
Vorbehalte und Berührungsängste
Dass es innerhalb dieser Organisationen Vorbehalte und Berührungsängste ihr gegenüber gab und gibt, ist ihr bewusst. "Aber ich versuche präsent zu sein, ins Gespräch zu kommen und zu verdeutlichen, was mein Mehrwert für alle ist." Zur Aufgabenbeschreibung einer Polizei- und Feuerwehrbeauftragten gehöre eben nicht nur, Ansprechpartnerin für alle Bürger zu sein, die sich von Polizisten oder Rettungskräften falsch behandelt fühlen. Riedels Büro ist auch Anlaufstelle für behördeninterne Probleme. Bei ihrer Arbeit gehe es auch darum, die Arbeitsbedingungen innerhalb der Polizei und Feuerwehr zu verbessern, betont die Beauftragte. Probleme aufzeigen, sie sichtbar machen, Prozesse anschieben... "Wenn ich das im Gespräch erklärt habe, wurden die Vorbehalte relativ schnell beiseite geschoben und durch Neugier und Rückfragen ersetzt."
Das Gros der Fälle, die bisher auf dem Schreibtisch von Riedel und ihrer Kollegin landete, waren aber tatsächlich Hinweise und Beschwerden von Bürgern. Zwei Drittel kam aus der Bevölkerung, ein Drittel von Beschäftigten, schätzt Riedel, insgesamt mit deutlichem Übergewicht zu Vorgängen in Zusammenhang mit der Polizei. Meist ging es dabei um unmittelbare polizeiliche Maßnahmen, insbesondere auch erkennungsdienstliche. "Muss ich das erdulden?", sei eine häufig gestellte Frage. Oder auch: "Warum werde ich dazu nicht gehört?" Wenn die Polizei gerufen wird, gehe dies immer auch mit deren Deutungshoheit darüber einher, was passiert ist, erklärt Riedel. "Und nicht alle teilen dann die Schlussfolgerungen der Polizei." Wobei es oft auch nur um Kommunikation gehe. "Was ist angemessen, was situationsbedingt, was erwartet das Gegenüber?"
Manche Beschwerden fußten auf einer viel zu hohen Erwartungshaltung an die Polizei. Die soll dann nicht nur den unmittelbaren Konflikt lösen, sondern möglichst auch gleich die dahinter liegenden, weit tiefer gehenden Ursachen, berichtet Riedel. Oder es gehe im Zusammenhang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen um gefühlte Probleme, die real gar nicht existieren. "Das sind dann Fälle, in denen wir auch einfach nur vermitteln können."
Wenn etwas an sie herangetragen werde, bei dem schnell klar sei, dass es kein Fall für eine Polizeibeauftragte ist, sage sie das natürlich. Aber ernst genommen werde jeder, der sich mit einem Anliegen bei ihr melde, betont Riedel. "Wir gehen jeden Hinweis offen und neutral an." Dies gelte für Bürger ebenso wie für Beschäftigte von Polizei und Feuerwehr. Was im übrigen dazu führe, dass sie vor der Bewertung eines Falles meist eine Vielzahl von ausführlichen Gesprächen führe, um sich ein umfassendes Bild vom Sachverhalt zu machen.
Keine Sanktionsmöglichkeit
Sermin Riedel wurde für fünf Jahre in ihr Amt gewählt. Sie arbeitet unabhängig und weisungsfrei, ist organisatorisch aber bei der Bürgerschaft angesiedelt, als deren "Hilfsorgan" ihre Beschwerde- und Kontrollstelle offiziell gilt. Was ihre Arbeit ausdrücklich nicht beinhaltet, sind Sanktionsmöglichkeiten. "Wenn es Missverständnisse gibt oder Fehler passiert sind, mache ich diese Dinge für die Organisationen sichtbar, damit dort reagiert werden kann." Liegt etwas so Gravierendes vor, dass disziplinarische oder sogar strafrechtliche Ermittlungen notwendig sind, ist die Polizei- und Feuerwehrbeauftragte zunächst raus. Kommt aber wieder ins Spiel, wenn der Fall auf dieser Ebene abgeschlossen ist. "Wir schauen uns dann im Nachgang an, ob es Anhaltspunkte gibt, das etwas anders hätte laufen sollen. Können wir Schlüsse aus dem Fall ziehen, die im Sinne der Optimierung von Prozessen in den Organisationen genutzt werden können."