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Studie der Arbeitnehmerkammer Bremer Mieten steigen schneller als die Einkommen

Bremens Mieten gelten für eine Großstadt als bezahlbar, dennoch fließt in drei von zehn Haushalten mehr als ein Drittel des Einkommens ins Wohnen. Ärmere Mieter müssen sogar über die Hälfte dafür verwenden.
06.09.2025, 05:00 Uhr
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Bremer Mieten steigen schneller als die Einkommen
Von Timo Thalmann

Der Bremer Wohnungsmarkt gilt im Vergleich zu anderen Großstädten als noch bezahlbar. Die durchschnittliche Angebotsmiete für Neuvermietungen lag 2024 laut der jüngsten Miet- und Eigentümerbefragung der Arbeitnehmerkammer bei 10,59 Euro, das ist nur wenig höher als der 2023 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung ermittelte Bundesdurchschnitt von 10,30 Euro. In den 14 größten deutschen Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern kosteten inserierte Wohnungen demnach im Schnitt 13,43 Euro pro Quadratmeter.

Dennoch weist Bremen nach dem Befund der Arbeitnehmerkammer mit rund 30 Prozent einen sehr hohen Anteil von Haushalten auf, die gemessen an ihrem Einkommen zu hohe Wohnkosten schultern müssen. Das heißt nach der Vorgabe der Europäischen Union: Die Kaltmieten übersteigen 30 Prozent, die Warmmieten 40 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens. Als Ursache gilt der Umstand, dass sich Mieten und Einkommen weitgehend entkoppelt haben, wie es Dominik Santner, Referent für Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik der Arbeitnehmerkammer und Verfasser der Studie zu den Wohnkosten, beschreibt. „Die Angebotsmieten in Bremen sind in den zurückliegenden zehn Jahren um rund 40 Prozent gestiegen, doppelt so stark wie die Einkommen.“

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Vor allem Menschen mit ohnehin wenig Geld trifft das. Santner hat für seine Studie die rund 1800 befragten Bremer Haushalte in fünf Einkommensgruppen unterteilt. Es zeigt sich, dass Haushalte aus dem ärmsten Fünftel im Schnitt über 50 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen aufwenden müssen. Innerhalb dieser Gruppe macht es für die Belastung durch Wohnkosten auch kaum einen Unterschied, ob das Haushaltseinkommen ausschließlich aus einem niedrigen Arbeitseinkommen stammt, zusätzlich Wohngeld bezogen wird oder ob im Rahmen des Bürgergelds die sogenannten „Kosten der Unterkunft“ übernommen werden. „Haushalte, die Sozialleistungen erhalten, werden dadurch höchstens auf ein Belastungsniveau gehoben, das anderen Haushalten mit geringem Einkommen entspricht“, sagt Santner.

Dementsprechend sind Bremens teurere Stadtteile wenig von diesem Phänomen betroffen, weil hier zumeist Menschen leben, die vergleichsweise gut verdienen. Anders sieht es in weniger wohlhabenden Stadtteilen aus: In Burglesum, Huchting und Gröpelingen zahlt mindestens die Hälfte der Haushalte zu viel Geld fürs Wohnen, in Woltmershausen sind es sogar 58 Prozent. Hier sowie in Walle sind die Angebotsmieten inzwischen höher als in Schwachhausen oder Horn-Lehe. „Das dürfte die Folge der jeweils zugehörigen Neubaugebiete Überseestadt und Tabakquartier sein“, meint Santner.

Allerdings gebe es auch einige Stadtteile mit einem eher geringen Einkommensniveau, wo die allgemeine Belastung weniger hoch ist als erwartet, etwa in Blumenthal und Vegesack. „Hier sind die Mieten offenbar niedrig genug, um die Belastung für viele Haushalte im Rahmen zu halten.“

Der Blick in das niedersächsische Umland zeigt, dass es sich auch dort nicht mehr wesentlich günstiger wohnen lässt. In Berne und Lemwerder sind die Preise bei Neuvermietungen inzwischen sogar höher als auf der gegenüberliegenden bremischen Weserseite und unterscheiden sich kaum noch vom Bremer Durchschnitt. Bei der vorangegangenen Miet- und Eigentümerbefragung der Arbeitnehmerkammer 2018 wurden hier noch eher günstige mittlere Mieten von sechs Euro (Lemwerder) und 5,42 Euro (Berne) beobachtet, die damals noch deutlich unter dem Durchschnittswert der gesamten Stadt Bremen (8,40 Euro) lagen.

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Als Gruppe sind von zu hohen Wohnkosten laut Santner vor allem Alleinstehende betroffen. Bei Singlehaushalten über 64 Jahre und Alleinerziehenden trifft dies in der Stadt Bremen sogar auf mehr als 50 Prozent der Haushalte zu. „Auch fast jeder zweite junge Singlehaushalt, in dem vor allem Studierende, Auszubildende und Berufsanfänger unter 30 Jahren wohnen, ist sehr häufig stark belastet.“

Santner hält mehr geförderten Wohnungsbau für unverzichtbar, um die größten Härten für den ärmsten Teil der Bevölkerung abzufedern. Auch den Erhalt der derzeit noch vorhandenen Sozialwohnungen zählt er dazu. Mit Blick auf künftige Fachkräfte hält er den Bau von Azubi-Wohnheimen und die Idee eines „Azubiwerks“ für sinnvoll. Zugleich müsste auch das Bauen selbst günstiger werden. „Wir brauchen weniger Bauvorschriften und einfachere, flexiblere und digitalisierte Planungsprozesse, damit Wohnungen schneller und günstiger gebaut werden können.“ Das nütze kommunalen und privaten Bauherren gleichermaßen.

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