Was springt für Bremen dabei heraus, wenn die Pläne für milliardenschwere Sondervermögen auf Bundesebene Wirklichkeit werden? Diese Diskussion hat am Mittwoch sofort Fahrt aufgenommen, nachdem sich Union und SPD in Berlin darauf verständigt hatten, in den kommenden Jahren die Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur massiv zu steigern – auf Pump. Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und Finanzsenator Björn Fecker (Grüne) begrüßen die Berliner Ankündigungen im Grundsatz. Die Bremer CDU will mit beiden ins Geschäft kommen. Sie ist bereit, an einer Änderung der Landesverfassung mitzuwirken, stellt dafür aber Bedingungen.
Was ist Diskussionstand in Berlin?
Wie berichtet, wollen CDU/CSU und SPD eine im Grundsatz nach oben offene Kreditfinanzierung für den Wehretat ermöglichen und außerdem ein auf zehn Jahre angelegtes Sondervermögen zur Erneuerung der öffentlichen Infrastruktur bereitstellen. Sein Volumen: rund 500 Milliarden Euro. Auf die Länder sollen davon rund 100 Milliarden entfallen. Nach dem üblichen Verteilungsschlüssel ergäbe das für Bremen einen Betrag von rund einer Milliarde Euro, über zehn Jahre also jeweils 100 Millionen Euro.
Außerdem soll den Bundesländern die Möglichkeit eröffnet werden, ihre jeweiligen Schuldenbremsen in den Landesverfassungen zu lockern und sich insgesamt mit jährlich bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verschulden. Für den Bund galt das bisher schon. Nach Berechnungen der Bremer CDU würde dies für das kleinste Bundesland einen zusätzlichen Spielraum von etwa 137 Millionen Euro eröffnen. In der Finanzbehörde geht man von 126 Millionen Euro aus.
Wie reagiert der Senat?
Insgesamt hätte das kleinste Bundesland also jedes Jahr etwa 230 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Zur Einordnung: der aktuelle Landeshaushalt hat ein Volumen von 5,9 Milliarden Euro, der städtische Etat umfasst rund vier Milliarden Euro. Bürgermeister Bovenschulte sagte, die Berliner Vereinbarungen verschafften Bremen Spielräume für Investitionen in die "soziale, verkehrliche und wirtschaftliche Infrastruktur, und das ist genau das Richtige in der gegenwärtigen historischen Situation". Er sehe allerdings noch eine Reihe offener Detailfragen, ergänzte der Rathauschef.
Man müsse jetzt zunächst sicherstellen, dass das Geld auch wirklich kommt, statt es gedanklich bereits auszugeben. Zurückhaltung empfahl auch Finanzsenator Fecker. Das geplante Infrastruktur-Sondervermögen werde Bremen zwar dabei helfen, den Sanierungsstau abzubauen. "Das entbindet uns aber angesichts der vielen anderen Herausforderungen – etwa bei den hohen Sozialausgaben – nicht von strenger Haushaltsdisziplin", mahnte Fecker. Er forderte zudem einen höheren Länderanteil am 500-Milliarden-Paket.
Wie könnte das Geld eingesetzt werden?
Zumindest beim Geld aus dem Infrastrukturpaket des Bundes geht es ganz klar um Investitionen, nicht um Personal- oder konsumtive Ausgaben. Bremen hat jede Menge Bedarf. Bei der Instandsetzung und Erneuerung der maroden Weserbrücken etwa, bei den Neubauten auf dem Gelände des Klinikums Mitte, bei Schulen und Kitas, bei der BSAG, im Hochschulbereich oder beim geplanten Energy-Port in Bremerhaven, mit dem Bremen am Boom der erneuerbaren Energien teilhaben will.
Was will die Bremer CDU?
Sie möchte bei der Verteilung der Mittel auf jeden Fall ein Wort mitreden, denn ihre Zustimmung in der Bürgerschaft wäre gefragt, wenn für die Lockerung der Schuldenbremse die Landesverfassung geändert werden muss. "Wir bieten dem Senat einen Investitionskonsens an", sagte CDU-Landesvorsitzender Heiko Strohmann. Für die Christdemokraten ist klar: Das frische Geld darf nur für Investitionen, nicht für Personal- und konsumtive Ausgaben verwendet werden.
Bei der Verwendung des zusätzlichen Verschuldungsspielraums für das Land verlangt die CDU sogar konkret ein Mitbestimmungsrecht – andernfalls keine Zustimmung zur Verfassungsänderung. "Wir stellen dem Senat also keinen Blankoscheck aus", unterstrich der Bundestagsabgeordnete Thomas Röwekamp. Ihm schwebt vor, die bis zu 137 Millionen Euro aus dem neuen Verschuldungsspielraum des Bundeslandes vorrangig für den flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen auszugeben. Was die Verwendung der Milliarde aus Berlin angeht, appellierte Röwekamp an den Senat, mögliche Infrastrukturprojekte schnell umsetzungsreif zu planen, damit die Mittel rasch abgerufen werden können, sobald sie bereitstehen.
Gibt es weitere Reaktionen?
Für die Linken in der Bürgerschaft ist es "überfällig", dass sich nach dem Bund künftig auch die Länder mit bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verschulden dürfen, sagte die Fraktionsvorsitzende Sofia Leonidakis. Zugleich warnte sie davor, dass durch mögliche Steuersenkungen auf Bundesebene Mindereinnahmen für die Länderhaushalte entstehen könnten. "Dann wäre nichts gewonnen", so Leonidakis.
Die FDP hält die geplante massive Kreditaufnahme dagegen für ein "fatales Signal", sagte ihr Fraktionschef in der Bürgerschaft, Thore Schäck. Seine Befürchtung: "Die neuen Schulden werden nicht nur die junge Generation langfristig belasten, sondern drohen auch, ineffizient zu verpuffen."