Die frühere Staatsrätin und Bevollmächtigte Bremens in Berlin, Ulrike Hiller, soll bei der Bundestagswahl 2025 für die SPD das Direktmandat im Wahlkreis 54 (Bremen I) holen und damit der derzeitigen Abgeordneten Sarah Ryglewski folgen. Diesen Vorschlag, der informell auch mit wichtigen Akteuren in der Landespartei abgestimmt ist, macht der Ortsverein Altstadt.
In einem Brief an die Mitglieder, der dem WESER-KURIER vorliegt, lobt Ortsvereinsvorsitzender Jörn Hendrichs die Vorzüge der Kandidatin. "Ulrike kann auf eine lange politische Laufbahn zurückblicken: als Vorsitzende unseres Ortsvereins, im Beirat Mitte, in der Bremischen Bürgerschaft und als Bremer Staatsrätin in Berlin und Brüssel. Wir denken daher, dass sie die besten Voraussetzungen mitbringt, um in einem sicher nicht einfachen Wahlkampf und anschließend im Deutschen Bundestag die Fahne für die Menschen in unserer Stadt und die Bremer SPD hochzuhalten", schreibt Hendrichs.
Hiller war von 2012 bis 2019 Bremens "Botschafterin" in der Hauptstadt. Zurzeit ist sie als freiberufliche Mediatorin und Coach tätig, nebenbei auch als Repräsentantin des Deutschen Lotto- und Toto-Blocks in Berlin. Erst kürzlich trat Hiller als Buchautorin hervor. Vielen Bremern ist sie zudem als frühere Ehefrau von Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) ein Begriff.
"Nicht von der hintersten Bank aus"
Im Gespräch mit dem WESER-KURIER bestätigte die 59-Jährige ihre Bereitschaft, für die SPD im Wahlkreis Bremen I anzutreten. Er umfasst das Stadtgebiet ohne Bremen-Nord und große Teile des Bremer Westens. "Es gibt eine hohe Motivation auf meiner Seite", sagte Hiller. Nach ihrem Ausscheiden als Bremen-Bevollmächtigte beim Bund vor fünf Jahren sei sie häufig gefragt worden: Warum kommst du nicht zurück in die Politik? Inzwischen sei sie bereit dazu. "Ich habe mich immer für Selbstbestimmung und Emanzipation eingesetzt. In der CDU sehe ich aktuell unter Herrn Merz eher eine Rückbesinnung auf ein konservatives Gesellschaftsbild. Da möchte ich einen klaren Kontrapunkt setzen", beschreibt Hiller ihren Antrieb. Sollte die Partei sie aufstellen, würde sie ihre Kenntnisse des Berliner Politikbetriebs und ihre noch bestehenden Netzwerke zum Nutzen des Bundeslandes einsetzen, "und das durchaus nicht von der hintersten Bank aus".
Die neue SPD-Unterbezirksvorsitzende Bremen-Stadt, Gesa Wessolowski-Müller, sieht in der Hiller-Kandidatur "ein gutes Personalangebot", betont aber die Offenheit der Personalie. Noch bis zum 17. November seien Interessenbekundungen weiterer Bewerber möglich, bevor dann die Ortsvereine ihre Vertreter für die Wahlkreis-Delegiertenkonferenz bestimmen, die am 21. März kommenden Jahres stattfindet. Erst auf dieser Versammlung wird endgültig bestimmt, wer für die SPD unter anderem gegen den CDU-Konkurrenten Thomas Röwekamp antritt.
Dass sich die Sozialdemokraten für die Wahl 2025 überhaupt neu aufstellen müssen, liegt an dem Rückzug der gegenwärtigen Mandatsinhaberin Sarah Ryglewski. Die heute 41-Jährige war 2015 für Carsten Sieling in den Bundestag nachgerückt und im Berliner Politikbetrieb rasch aufgestiegen. 2019 wurde sie unter Olaf Scholz Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, 2021 folgte sie ihm als Staatsministerin für Bund-Länder-Beziehungen ins Kanzleramt. Über die Gründe für ihren Verzicht auf eine erneute Bewerbung, den sie Mitte Juli bekannt gab, wird in der Partei nach wie vor munter spekuliert. Die verbreitetste Deutung: Ryglewski habe nur geringe Chancen auf einen Verbleib im Kanzleramt gesehen, und auch ein erneuter Gewinn des Bundestagsmandats sei ihr nicht sicher genug erschienen. Die im Frühjahr beschlossene Wahlrechtsreform kann nämlich dazu führen, dass Wahlkreiskandidaten trotz Gewinn eines Direktmandats nicht ins Parlament einziehen. Gerade für den Wahlkreis Bremen I gilt das als ein mögliches Szenario – mit dem dann auch Ulrike Hiller klarkommen müsste.